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NAHOST/1366: US-Luftwaffe soll Syriens Rebellen unterstützen (SB)


US-Luftwaffe soll Syriens Rebellen unterstützen

Washington nähert sich der Intervention in den syrischen Bürgerkrieg


Fast vier Jahre nach Beginn des Bürgerkrieges in Syrien hält sich Präsident Baschar Al Assad weiterhin an der Macht. Zwar liegen weite Teile Ostsyriens - sowie übrigens des Westens und Nordwestens des Iraks - unter der Kontrolle der sunnitisch-salafistischen "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS), doch mit Hilfe von Freiwilligen der libanesischen Hisb Allah und Militärberatern aus dem Iran sind die syrischen Streitkräfte im Nordwesten bei Aleppo und der Grenze zur Türkei sowie im Südwesten nahe den Golanhöhen und der Grenze zu Jordanien auf dem Vormarsch und setzen der "gemäßigten" Freien Syrischen Armee (FSA) und der Al-Kaida-nahen Al-Nusra-Front schwer zu. Eine Verwirklichung der kurz nach Beginn der Syrien-Krise von der damaligen US-Außenministerin und heutigen Präsidentin in spe Hillary Clinton aufgestellten Forderung "Assad muß weg" erscheint unwahrscheinlicher denn je.

Angesichts dieser Lage will die Regierung von US-Präsident Barack Obama zu einem neuen Trick greifen. Wie das Wall Street Journal am 17. Februar unter Berufung auf Quellen im Pentagon berichtete, sollen syrische Rebellen demnächst in die Lage versetzt werden, auf die von ihnen ausgesuchten Ziele Angriffe der US-Luftwaffe anzufordern. Die Idee ist Teil eines Plans, "gemäßigte" Rebellen aus Syrien in der Türkei bzw. Jordanien auszubilden, auszurüsten und zurück in den Kampf gegen den IS zu schicken. Nach Angaben von Pentagonsprecher Konteradmiral John Kirby haben die USA und die Türkei im Verlauf eines Ausleseverfahrens bereits 1200 Personen ausgesucht, die sich von der Gesinnung und Fähigkeit her für das Ausbildungsprogramm eignen. Das US-Verteidigungsministerium hofft, bis Ende 2015 etwa 3.000 Kämpfer trainiert zu haben und danach jährlich 5.000 auf den Kriegseinsatz in Syrien vorbereiten zu können. Hierzu hieß es im besagten WSJ-Artikel:

Die ersten Ausbildungseinheiten werden zwischen sechs und acht Wochen dauern. Schwerpunkt der Ausbildung soll sein, den aufständischen Kräften beizubringen, wie sie ein Territorium sichern und sich den Kämpfern des Islamischen Staates widersetzen - und nicht wie sie es mit der syrischen Armee aufnehmen - können.

Danach werden die USA erwägen, das, was sie "die neue syrische Kraft" nennen, auf das Schlachtfeld in Syrien einzuführen, sagten Regierungsvertreter.

Ein Team aus vier bis sechs Rebellen wird jeweils einen Pickup vom Typ Toyota Hilux, der mit einem Maschinengewehr, Kommunikationsausrüstung und GPS-Gerät ausgestattet ist, ausgehändigt bekommen, damit sie Luftangriffe anfordern können. Die Kämpfer sollen zudem Mörser erhalten, aber die Regierung hat nicht entschieden, den Teams noch schlagkräftigere Anti-Panzer-Waffen zur Verfügung zu stellen.

In Afghanistan, Pakistan und im Jemen hat sich die Zusammenarbeit mit einheimischen Kräften, die Ziele für CIA-Drohnenangriffe auskundschaften und die entsprechenden Daten an amerikanische Verbindungstellen weitergeben, als höchst problematisch erwiesen. Nicht selten haben die Kundschafter Bomben- und Raketenangriffe auf Personen veranlaßt, die keine "Terroristen" à la Taliban oder Al Kaida, sondern lediglich Rivalen in irgendwelchen Lokalstreitereien waren. Man kann davon ausgehen, daß diejenigen Rebellen in Syrien, die demnächst Unterstützung der US-Luftwaffe anfordern, sich bei der Wahl der Ziele nicht auf IS-Stellungen, -Fahrzeuge et cetera beschränken werden. Als mögliche Angriffsziele kämen dann nicht nur aufständische Konkurrenz, sondern auch die syrischen Streitkräfte in Betracht. Über ein solches Szenario macht man sich im Pentagon bereits Gedanken, so jedenfalls das Wall Street Journal. In dessen Artikel zu diesem Thema heißt es weiter:

US-Regierungsvertreter können nicht sagen, ob amerikanische Kampfjets Luftunterstützung werden leisten können, sollten die gemäßigten Kräfte, die man ausbildet, nicht in Kämpfe mit dem Islamischen Staat, sondern mit Kräften, die dem syrischen Präsidenten treu sind, verwickelt werden. Weil sich die USA nicht im Krieg mit Syrien befinden, ringen US-Militäranwälte mit der Frage, ob amerikanische Kampfjets rechtlich autorisiert wären, die Streitkräfte von Herrn Assad anzugreifen, um von den USA ausgebildete Einheiten zu unterstützen.

So, wie die ganze Initiative konzipiert ist, legt die Obama-Regierung es geradezu darauf an, daß die US-Luftwaffe, die ohnehin den Rebellen in Syrien unter die Arme greifen soll, über kurz oder lang an die Streitkräfte Assads und ihre Verbündeten gerät. Die Aufständischen in Syrien haben in den vergangenen Jahren immer wieder militärische Hilfe von der israelischen Luftwaffe erhalten. Letztere hat wiederholt zum Teil massive Angriffe auf Stellungen der syrischen Armee nahe den Golanhöhen, bei Damaskus sowie nahe der Mittelmeerhafenstadt Latakia geflogen. Jedesmal hat Tel Aviv die Schutzbehauptung verwendet, man habe Aktivitäten des Irans oder der Hisb Allah, die Israel galten - etwa Raketenlieferungen -, unterbinden wollen. Auf ähnlich vorgeschobene Argumente - angebliche Greueltaten der syrischen Armee, das böse Treiben des IS und/oder der Hisb Allah, die bekanntlich ganz oben auf der Liste der internationalen "Terrororganisationen" steht - kann man sich schon jetzt gefaßt machen.

18. Februar 2015


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