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NAHOST/1167: Die USA gehen zu Al Kaida in Syrien auf Distanz (SB)


USA gehen zu Al Kaida in Syrien auf Distanz

Die CIA kennt angeblich nicht die Identität ihrer Handlanger in Syrien



Seit immer offensichtlicher wird, daß die Hauptlast des Versuchs, die Baath-Regierung in Syrien um Präsident Bashar Al Assad zu stürzen, von sunnitisch-salafistischen Extremisten getragen wird, die vor Massakern unter der Zivilbevölkerung und der grausamen Hinrichtung von Kriegsgefangenen nicht zurückschrecken, gehen die USA auf Distanz zu den syrischen "Rebellen" - zumindest nach außen hin. Am 24. Juli meldete die Washington Post - Überschrift: "In Syria conflict, U.S. struggles to fill intelligence gaps" - wie üblich in solchen Fällen unter Verweis auf "nicht namentlich genannte" Vertreter amerikanischer wie ausländischer Geheimdienste, wegen "fortlaufender Wissenslücken" wisse man bei der CIA nicht, wen man da alles im Kampf gegen Damaskus' Truppen unterstütze. Besonders plausibel klingt das nicht, sondern eher wie eine genau kalkulierte Schutzbehauptung, mit der sich Washington aus seiner Verantwortung für das sich ständig verschlimmernde Blutbad in Syrien stehlen will.

Bereits im Dezember wurde berichtet, daß Hunderte Mitglieder der al-kaida-nahen islamischen Kampfgruppe Libyens unter Aufsicht der NATO in die Türkei gereist und von dort über die Grenze nach Syrien eingesickert seien, um dort für Destabilisierung zu sorgen. Seitdem berichten Journalisten in Syrien von der Anwesenheit zahlreicher Mudschaheddin aus dem Irak, Jordanien, Tunesien und Saudi-Arabien in den Reihen der einheimischen Aufständischen. In einem Artikel, der am 25. Juli bei der New York Times unter der Überschrift "Al Qaeda Taking Deadly New Role in Syria Conflict" erschienen ist, wurden die am syrischen Bürgerkrieg beteiligten salafistischen Gruppen Al-Nusra-Front für die Menschen der Levante, die Abdullah-Azzam-Brigade - Abdullah Azzam war bekanntlich während des Krieges der afghanischen Mudschaheddin gegen die Sowjetarmee der Mentor Osama Bin Ladens - und die Al-Baraa-ibn-Malik-Märtyrtum-Brigade namentlich genannt. In dem Artikel wird der 56jährige, irakische Al-Kaida-Kämpfer namens Abu Thuha mit den Worten zitiert:

Wir haben Erfahrung aus dem Kampf gegen die Amerikaner und werden jetzt noch mehr Erfahrungen im Dienste der syrischen Revolution machen. Unsere große Hoffnung ist es, einen syrisch-irakischen Staat für alle Muslime zu machen, um dann einen Krieg gegen den Iran und Israel auszurufen und Palästina zu befreien.

An jener Formulierung ist leicht zu erkennen, daß Abu Thuha und die Seinigen zu "allen Muslimen" nicht die Schiiten zählen. Aus ihrer Sicht zählen vermutlich auch alle Sunniten, die einen säkularen Lebensstil praktizieren, ähnlich den Alewiten, Christen und Drusen Syriens, zu den "Kaffirs" (Ungläubigen). Im Falle eines Sturzes des Assad-"Regimes" ist zu befürchten, daß es zu massenhafter Tötung unter den Minderheiten im mehrheitlich von Sunniten bewohnten Syrien kommen wird. Es ist dieser drohende Völkermord, zu dem die USA jetzt propagandistisch wie vorsorglich auf Distanz gehen.

Bereits am 21. Juni hatte die New York Times von der Anwesenheit einer CIA-Einheit an der türkischen Grenze zu Syrien berichtet, von wo aus die US-Auslandsgeheimdienstler angeblich "überprüfen" wollten, wer unter den aufständischen Gruppierungen schwere Waffen und Munition aus Saudi-Arabien und Katar bekommt oder nicht. Die jüngsten Meldungen der Washington Post und der New York Times lassen die Vermutung zu, daß diese Überprüfung nur mangelhaft - wenn überhaupt - erfolgt. Schließlich berichtete die New York Times am 20. Juli, im Bezug auf den Syrien-Konflikt hätte die Obama-Regierung offiziell ihre "Bemühungen um eine diplomatische Lösung aufgegeben" und wäre dabei "die Hilfe für die Rebellen zu erhöhen", um den anvisierten "Regimewechsel" in Damaskus auf alle Fälle zu realisieren.

Am 25. Juli berichtete im Londoner Independent der Reporter Kim Sengupta aus der umkämpften syrischen Stadt Aleppo, die Rebellen würden künftig verstärkt "improvisierte Sprengfallen" - im Englischen "improvised explosiv device (IED) genannt - gegen die staatlichen Streitkräfte einsetzen, um sie in die Knie zu zwingen. Als ein Hersteller solcher mit Düngemittel als Sprengstoff gebauter Minen wurde der Student Emed Ali Akhdar genannt. Gegenüber Sengupta kündigte der 22jährige Assad-Gegner für den Kampf um Aleppo ein "großes Feuerwerk" an und behauptete, er hätte bei Youtube gelernt, wie man IEDs nach Art der Taliban zusammenbaut. Auch hier handelt es vermutlich um ein rhetorisches Ablenkungsmanöver. Demgegenüber stehen die brisanten Angaben, welche am 22. Juli die britische Zeitung Sunday Express machte. Dort hieß es schwarz auf weiß:

Eine Quelle bei der britischen Armee enthüllte gestern Nacht, daß im Irak ehemalige SAS-Soldaten syrische Rebellen in Militärtaktiken, im Umgang mit Waffen und Kommunikationssystemen ausbilden. Mehr als 300 von ihnen sind bereits durch einen Stützpunkt kurz hinter der irakischen Grenze durchgeschleust worden. Währenddessen findet ein Lehrgang für Befehlshaber in Saudi-Arabien statt. Gruppen von jeweils 50 Rebellen werden von zwei privaten Sicherheitsunternehmen ausgebildet, die ehemalige Angehörige der Spezialstreitkräfte beschäftigen. "Unsere Rolle besteht ausschließlich in der Ausbildung, in der Vermittlung von Taktiken, Techniken und Vorgehensweisen", erklärte ein Ex-Mitglied des SAS.

Und von alledem soll die CIA, die Führungsinstanz unter den westlichen Auslandsgeheimdiensten, nichts wissen?

26. Juli 2012