Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → REDAKTION


ASIEN/896: Südchinesisches Meer - Flottenkriegsspiele ... (SB)


Südchinesisches Meer - Flottenkriegsspiele ...


Seit am 2. Mai der amerikanische Fernsehsender NBC unter Verweis auf eigene Quellen im US-Sicherheitsapparat gemeldet hat, daß die chinesischen Streitkräfte auf drei der nahe Vietnam liegenden Spratly-Inseln - Fiery Cross Reef, Subi Reef und Mischief Reef - Boden-Luft- sowie Anti-Schiffs-Raketen stationiert haben, steigen die Spannungen zwischen Washington und Peking dramatisch an. Gegen die "Militarisierung" des Südchinesischen Meeres hat die Regierung Donald Trumps formell protestiert. Die Volksrepublik hat Installierung und Inbetriebnahme der Raketenbatterien bestätigt und sie als reine Defensivmaßnahme deklariert. Wer keine "invasiven Maßnahmen" beabsichtige, brauche sich keine Sorgen zu machen, hieß es aus dem chinesischen Außenministerium.

In den vergangenen Wochen haben beide Seiten nicht mit dem Säbelrasseln gespart. Am 11. Mai umrundeten strategische Bomber der chinesischen Luftwaffe Taiwan, das für Peking gemäß der Ein-China-Politik eine abtrünnige Provinz ist. Am 18. Mai meldete das chinesische Militär, mehrere Bomber, darunter die mit Atomwaffen zu bestückende H-6K, seien erfolgreich auf Woody Island gelandet, und veröffentlichte entsprechende Fotos. Woody Island gehört der Paracel-Inselgruppe an, auf die sowohl China als auch die Philippinen Besitzansprüche erheben. 2016 hat ein internationales Gericht in Den Haag Manilas Ansprüche anerkannt und Chinas "Neun-Strich-Linie" im Südchinesischen Meer für überzogen erklärt. Sehr zur Verärgerung der USA haben sich die Philippinen dennoch für eine friedliche Zusammenarbeit mit der Volksrepublik, ihrem wichtigsten Handelspartner, in den Bereichen Fischerei und der Gewinnung fossiler Energien entschieden. Im Südchinesischen Meer werden größere Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Am 23. Mai hat das US-Verteidigungsministerium die chinesische Marine von der Teilnahme an dem alle zwei Jahre stattfindenden multinationalen Großmanöver Rim of the Pacific (RimPac) ausgeladen. Als Grund nannte Pentagonsprecher Christopher Logan die Installierung modernster Raketen und Mittel der elektronischen Kriegsführung auf den drei genannten Spratly-Inseln sowie die Inbetriebnahme der Start- und Landebahn auf Woody Island. Am Tag zuvor hatte Präsident Trump den chinesischen Amtskollegen Xi Jinping für die martialischen Drohungen verantwortlich gemacht, mit denen Nordkorea auf höchst provokante Äußerungen von US-Vizepräsident Mike Pence und dem Nationalen Sicherheitsberater John Bolton über den von ihnen erwünschten Ausgang der Atomverhandlungen mit Pjöngjang - Stichwort "Libyen-Option" - reagiert hatte. Die neue harte Haltung Kim Jong-uns sei eine direkte Konsequenz dessen zweiten Besuchs bei Xi in der nordchinesischen Stadt Dalian, so Trump vor der Presse.

Auf den von Pentagonsprecher Logan gegenüber dem Nachrichtensender CNN erhobenen Vorwurf, Chinas "Militarisierung" seiner Riffe im Südchinesischen Meer "destabilisiere" die Region, folgte eine heftige Erwiderung aus dem Außenministerium in Peking. "Die Inseln im Südchinesischen Meer sind Staatsgebiet Chinas. Die dortigen militärischen Aktivitäten stellen reguläre Ausbildungsmaßnahmen dar und andere Parteien sollen sie nicht überinterpretieren. Was die von den USA erwähnte Militarisierung betrifft, machen wir etwas völlig anders als die USA. Sie entsenden ihre Militärflugzeuge und Kriegsschiffe über Tausende von Meilen in diese Region, während wir für andere Länder keine Bedrohung darstellen", so Außenamtssprecher Lu Kang.

Unterstützung für die chinesische Position äußerte Brian Cloughley in einem am 25. Mai bei Counterpunch veröffentlichten Artikel. Der US-Militärexperte machte darauf aufmerksam, daß amerikanische Flugzeugtypen B-1, B-2, B-2 Spirit und B-52, die alle Kernwaffen transportieren können, seit 2004 von Guam aus in Dauerrotation das Südchinesischen Meer überfliegen. Mit dieser "dauerhaften Bomberpräsenz" will das Pentagon der Volksrepublik seine "Global Strike Capability" vor Augen führen. Dazu Cloughley: "Was würde Washington sagen, wollte China vor der Westküste der USA eine 'Continuous Bomber Presence' aufrechterhalten oder Rußland eine 'Continuous Bomber Presence' in der Karibik?"

Auf dem diesjährigen Shangri-La-Dialog in Singapur, dem asiatischen Pendant zur Münchner Sicherheitskonferenz, hat US-Verteidigungsminister General a. D. James Mattis mit deutlichen Worten an die Adresse Pekings nicht gespart. Der Irak- und Afghanistankriegsveteran warf am 25. Mai Peking "Einschüchterung und Nötigung" vor und kündigte ein energisches Auftreten der USA und ihrer Verbündeten zur Durchsetzung der sogenannten "Navigationsfreiheit" im Südchinesischen Meer an. Einen ersten Vorgeschmack auf die kommende Konfrontation hatte bereits am 20. Mai die Fahrt zweier US-Kriegsschiffe durch die Zwölf-Meilen-Zone um die vier Paracel-Inseln Tree, Lincoln, Triton und Woody geliefert. Am 23. Mai hat das Pentagon das Pazifik-Kommando offiziell in Indo-Pazifik-Kommando umbenannt. Die Umbenennung gilt als wichtiges Signal an Neu-Delhi und Symbol der Einbindung Indiens in die große Vierer-Allianz mit den USA, Japan und Australien gegen China, die sogenannte Quad. Während die chinesische Regierung die Äußerungen von Mattis als "unverantwortlich" verurteilte, rief die staatseigene Zeitung Global Times dazu auf, die Volksarmee müsse sich energisch darauf vorbereiten, auf "extreme Maßnahmen" der USA und ihrer Verbündeten im Südchinesischen Meer die entsprechende Antwort geben zu können.

5. Juni 2018


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang