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ASIEN/869: Die USA reden einen Atomkrieg mit Nordkorea herbei (SB)


Die USA reden einen Atomkrieg mit Nordkorea herbei

Pjöngjang läßt sich von Washingtons Imperialisten nicht einschüchtern


In den USA sind die Militaristen derzeit dabei, einen Atomkrieg mit Nordkorea zu provozieren. Die Konfrontation zwischen der kommunistischen Volksrepublik und der kapitalistischen Supermacht hat sich am 8. August gefährlich zugespitzt. Auslöser waren erstens ein Artikel in der Washington Post, in dem es hieß, das Atomprogramm Pjöngjangs sei viel weiter vorangeschritten als bislang angenommen, und zweitens eine furchteinflößende Stellungnahme des US-Präsidenten. Donald Trump kündigte den Nordkoreanern für den Fall, daß sie mit "den Drohungen gegen die USA" nicht aufhörten, folgendes an: "Sie werden mit Feuer, Wut und Macht beantwortet werden, wie es die Welt noch nicht erlebt hat."

Trump traf diese Aussage, als er seine Sommerferien im eigenem Golfhotel in Bedminster, New Jersey, unterbrach, um die Medien mit Inhalt zu füttern. Doch das war keine Formulierung, die ihm vor den Kameras spontan einfiel, sondern eine gezielt gewählte Anlehnung an die Worte, mit denen Präsident Harry Truman am Abend des 6. August 1945 amerikanischer Zeit in einer Radioansprache die US-Bevölkerung über den einige Stunden zuvor erfolgten ersten Abwurf einer Atombombe auf die japanische Stadt Hiroshima informierte. Truman, der nach dem Tod seines Vorgängers Franklin Roosevelt im April 1945 Staatsoberhaupt geworden war und somit kurzfristig von der Existenz des streng geheimen Manhattan Project erfahren hatte, sprach damals im Rundfunk von einem "Regen der Vernichtung aus der Luft, wie ihn die Welt noch nicht erlebt hat".

Bis heute beharren die USA offiziell darauf, daß die nukleare Auslöschung Hiroshimas sowie Nagasakis drei Tage darauf erforderlich gewesen sei, um Japan zur Kapitulation im Zweiten Weltkrieg zu zwingen. Zahlreiche Historiker bestreiten dies. Sie weisen auf die Friedenssignale Tokios sowie die Aussagen ranghöchster US-Militärs wie General Dwight D. Eisenhower, General Douglas MacArthur und Admiral William Leahy hin, die in der damals für Japan aussichtslosen Situation das Überschreiten der Schwelle zur Nutzung von Kernwaffen für militärisch nicht erforderlich hielten und sich deshalb im Vorfeld dagegen aussprachen. In jenem Sommer setzten sich in Washington jedoch am Ende diejenigen durch, die den Test einer Uran- und einer Plutoniumbombe unter Kriegsbedingungen unbedingt durchführen wollten, um die Sowjetunion einzuschüchtern und die gigantischen Kosten des Manhattan Project rechtfertigen zu können.

Vor dem Hintergrund der jüngsten nordkoreanischen Raketentests am 4. und 28. Juli reden die Kriegsfalken in der Trump-Regierung und die Waffenlobbyisten im Kongreß einen Handlungszwang herbei, der keine Möglichkeit außer der militärischen offenläßt. Mit dem Argument, Nordkorea verfüge inzwischen über Interkontinentalraketen - eine Einschätzung, die nicht alle Wissenschaftler teilen - haben in den vergangenen Tagen sowohl der republikanische Senator Lindsey Graham als auch Verteidigungsminister James Mattis, der während seiner Zeit als General bei der US-Marineinfanterie den Spitznamen "Mad Dog" erworben hat, mit der völligen Ausradierung Nordkoreas gedroht. Selbst nachdem am 5. August der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig neue Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea verhängt hatte, trat am darauffolgenden Tag Trumps Nationaler Sicherheitsberater, General a. D. Herbert McMaster, im amerikanischen Fernsehen auf und stellte einen präemptiven Militärschlag der USA gegen Nordkorea in Aussicht.

Der alarmierende Bericht der Washington Post zwei Tage später dürfte von der Trump-Administration gezielt lanciert worden sein. Der Artikel enthielt Angaben aus einer Analyse der Defense Intelligence Agency (DIA), also des hauseigenen Geheimdiensts des Pentagons, vom Juni samt besorgter Begleitkommentare seitens mehrerer nicht namentlich genannter Regierungsvertreter. Demnach seien die Verantwortlichen (sic) in Washington zu der Überzeugung gelangt, daß Pjöngjang gerade dabei sei, endlich den schwierigen Bau von Interkontinentalraketen wie auch die hochkomplizierte Miniaturisierung von Atomsprengköpfen zu meistern. Da Trump und seine Generäle in den letzten Monaten wiederholt erklärt haben, sie würden niemals zulassen, daß Nordkorea in die Lage gelänge, das amerikanische Festland mit Atomwaffen zu bedrohen, müßte Washington nun handeln.

Nordkorea hat seinerseits mit einem detaillierten Plan, in den kommenden Tagen vier Raketen vom Typ Hwasong-12 über Japan hinweg in den westlichen Pazifik zu feuern, wo sie zwischen 30 und 40 Kilometer von der Insel Guam entfernt, einem US-Überseeterritorium, in dem rund 7000 amerikanische Soldaten stationiert sind, einschlagen sollen, auf die drastische Kriegsrhetorik Trumps reagiert. Die USA fassen diesen Ansatz noch vor seiner Ausführung bereits als völlig inakzeptable Provokation auf.

Die Hauptverantwortung für die brisante Lage tragen eindeutig die USA. Sie hätten längst auf die wiederholte Forderung Nordkoreas nach einer formellen Beilegung des seit 1953 im Waffenstillstand befindlichen Koreakriegs eingehen und einen Friedensvertrag schließen können. Wegen seines unablässigen Strebens nach einem Regimewechsel in Pjöngjang hat Washington die jahrelangen Bemühungen Chinas, Rußlands und Südkoreas um eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel wiederholt torpediert und die Nordkoreaner praktisch zum Rücktritt aus dem Atomwaffensperrvertrag unter Verweis auf das Recht auf Selbstverteidigung gezwungen. Bis heute haben die Amerikaner kein Interesse an einer Lösung der Koreakrise gezeigt, die nicht zu ihren Bedingungen erfolgt. Und da diese von den Nordkoreanern als erniedrigend und deshalb nicht hinnehmbar empfunden werden, steuert Ostasien auf ein fürchterliches Gemetzel zu.

10. August 2017


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