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AFRIKA/2191: Unwetter - es trifft die Armen ... (SB)



Mosambik wurde von einem schweren Wirbelsturm heimgesucht, der möglicherweise mehr als 1000 Tote gefordert hat. Luftaufnahmen der Großstadt Beira zeigen, daß Wellblechhütten und andere Behausungen der ärmeren Bevölkerung komplett zerlegt wurden, wohingegen die festen Steinbauten der Wohlhabenderen stehengeblieben sind. Hierin zeigt sich der soziale Widerspruch sowohl zwischen den Ländern des Globalen Nordens und des Südens wie auch innerhalb der afrikanischen Gesellschaften: Wer über die entsprechenden Mittel verfügt, ist von Naturkatastrophen weniger betroffen. Das gilt auch für die bevorstehende Zeit der globalen Erwärmung.

Vergangene Woche hat der Wirbelsturm Idai die südostafrikanischen Länder Malawi, Mosambik und Simbabwe getroffen und dort schwere Verwüstungen angerichtet. In allen drei Staaten zusammen sind offiziell mehrere hundert Menschen gestorben, Tausende bis Zehntausende Häuser wurden überschwemmt. Die mosambikanische Hafenstadt Beira, die mehr als eine halbe Million Einwohner hat, wurde nach Einschätzung der Hilfsorganisationen Rotes Kreuz zu 90 Prozent zerstört. Mosambiks Präsident Filipe Nyusi berichtete im staatlichen Radiosender Radio Moçambique, daß mehr als 1000 Menschen gestorben sein könnten. Unzählige Leichen, die im Wasser treiben, müssen noch geborgen werden. Indes kann die Zahl der Todesopfer nur grob geschätzt werden.

Der internationale Flughafen von Beira war zeitweilig gesperrt, der Strom in der ganzen Stadt ausgefallen, die Straßenverbindungen sind unterbrochen. In den Straßen und Häusern steht das Wasser. Die Öffnung des Chicamba-Staudamms hat die Überschwemmungen noch verstärkt. Manche Gebiete waren auch Tage nach dem Sturm nicht erreichbar. Im Osten des Nachbarlandes Simbabwe waren binnen 24 Stunden 600 Millimeter Niederschlag gefallen. Das ist die Menge, die normalerweise in drei Monaten zusammenkommt. Dieses Wasser hat sich in Richtung Mosambik auf den Weg gemacht. Der mosambikanische Wetterdienst hat schwere Regenfälle noch bis mindestens Donnerstag angekündigt, welche die Hochwasserlage verschlimmern. Die Bevölkerung wird dringend aufgerufen, nach Möglichkeit höher gelegene Gebiete aufzusuchen.

Welche Opferzahlen in Mosambik am Ende einer Bilanz auch immer stehen werden, am Beispiel des Hurrikans Idai zeigt sich etwas Grundlegendes: Alle werden getroffen, aber die Folgen der Naturkatastrophe sind nicht für alle gleich. Das fängt schon mit der Geographie an. Von vornherein siedeln ärmere Menschen in gefährdeteren Regionen, beispielsweise in den potentiellen Überschwemmungsgebieten des Flusses Pungwe, der in Beira ins Meer fließt, nahe der sturmflutgefährdeten Küste oder auch weiter im Landesinnern an steileren Hanglagen, wo bei anhaltenden Regenfällen mit Schlammlawinen zu rechnen ist.

Darüber hinaus verfügen die ärmeren Menschen nicht nur über die gefährdeteren Behausungen, sondern sie haben auch nicht die gleichen Möglichkeiten, sich vor den Fluten in Sicherheit zu bringen - im Unterschied zu den Reichen, die sich beispielsweise ein Flugticket leisten und Beira rechtzeitig verlassen konnten. Die meisten Blechhütten, die der Sturm getroffen hat, wurden flachgelegt, oder haben ihre Dächer verloren, so daß diese nicht einmal Sicherheit vor den steigenden Fluten boten.

Mosambik ist ein sehr rohstoffreiches Land. Erdöl, Erdgas, Kohle Schwermineralsande, Gold, Kupfer, Bauxit und Edelsteine, um nur einige zu nennen, werden in teilweise großflächig angelegten Minen abgebaut. Das Land verzeichnet seit Jahren ein Wirtschaftswachstum von über drei Prozent, doch mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist arm geblieben - ein typisches Kennzeichen des Extraktivismus. Das Wachstum kommt nur aufgrund weniger Megaprojekte zustande, die kaum mit der lokalen Wirtschaft verzahnt sind. Mosambiks Einnahmen aus dem Rohstoffexport fließen in die Taschen sowohl der ausländischen Unternehmen als auch des nationalen Establishments, das oftmals als Sachwalter transnationaler Konzerne und Seilschaften die Ausbeutung von Land und Leuten vorantreibt.

Idai war der schwerste Wirbelsturm seit zehn Jahren im südöstlichen Afrika. Die globale Erwärmung wird den Ozeanen verstärkt Wärmeenergie zuführen, was nach Ansicht der Wissenschaft noch kräftigere Hurrikane auslösen wird. Im Indischen Ozean entstehen regelmäßig Wirbelstürme, die auf den afrikanischen Kontinent treffen. Die damit verbundenen Gefahren könnten sehr viel besser bewältigt werden, wenn Mosambik keinen Entwicklungspfad beschritte, wie er zwar von den globalen Finanzinstitutionen gerne gesehen und gefördert wird, aber der die Kluft zwischen Arm und Reich weiter befestigt, anstatt sie aufzuheben. Gegen Wirbelstürme kann man nichts machen, wohl aber sehr viel mehr gegen ihre potentiell zerstörerischen Folgen.

19. März 2019


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