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AFRIKA/2002: Nnimmo Bassey - Alter und neuer Vorsitzender von Friends of the Earth International (SB)


Unermüdlicher Einsatz gegen Umweltverseuchung durch die
Erdölindustrie


Der Nigerianer Nnimmo Bassey wird auch die nächsten beiden Jahre die Umweltorganisation Friends of the Earth International (FoEI) leiten. Das wurde in Penang, Malaysia, auf der alle zwei Jahre stattfindenden Generalversammlung der in 77 Ländern aktiven Organisation, beschlossen. In Deutschland wird Friends of the Earth vom BUND vertreten.

Nachdem Bassey im vergangenen Monat mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet wurde, der auch Alternativer Nobelpreis genannt wird, kam seine Wiederwahl für weitere zwei Jahre nicht überraschend. Aber vermutlich hätte es dieser Auszeichnung nicht bedurft, zeichnet sich der 52jährige doch seit vielen Jahren durch sein weit über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Engagement aus. 1993 hatte er die Umweltorganisation Environmental Rights Action (ERA) mitgegründet sowie den nigerianischen Ableger von FoEI ins Leben gerufen, also ausgerechnet in einer Zeit, da das Land von einer Militärdiktatur beherrscht wurde. Da waren solche Dinge sehr gefährlich - wie sehr, zeigte sich zwei Jahre darauf, als die Abacha-Regierung den Menschenrechtler und Rechtsanwalt Ken Saro-Wiwa sowie eine Reihe seiner Mitstreiter vom Volk der Ogoni henkte. Offensichtlich hatte der zweifellos große Einfluß der Erdölgesellschaft Shell auf Nigerias Regierung die Hinrichtungen nicht verhindert.

Ein halbes Jahrhundert Erdölförderung haben das Nigerdelta in eine über weite Strecken lebensfeindliche Kloake verwandelt. Nach Angaben der nigerianischen Regierung kam es allein zwischen 2006 und 2010 zu mehr als 3200 (!) Leckagen mit kleineren und größeren Ölaustritten. Darüber, was davon auf das Konto von "bunkering" geht, also dem illegalen Abzapfen von Erdöl oder Sabotage, herrscht zwischen Konzernen und Regierung auf der einen Seite und den örtlichen Kommunen auf der anderen keine Einigkeit. Shell behauptet, daß 98 Prozent der Ölaustritte durch illegale Aktivitäten zustandegekommen sind.

Wenn man allerdings bedenkt, daß die große Mehrheit der Bewohner des Nigerdeltas bitterarm ist und mancherorts dicke Pipelines gleich bündelweise ein Dorf zerschneiden, also überaus präsent sind und den Reichtum anderer vor Augen führen, sollte es nicht verwundern, daß es zu Öldiebstählen kommt. Die wirklich großen Fische ziehen jedoch andere an Land. Womöglich bis in die Regierung hinein wird Erdöl verschoben; es sind schon komplette Tanker verschwunden.

Gegen die Leckagen aus der Erdölförderung vorzugehen, ist nicht die einzige Aufgabe der Umweltschützer. Auch das Abfackeln des bei der Förderung austretenden Erdgases sorgt seit Jahrzehnten für eine stark belastete Luft, einen rußigen Regen sowie Trinkwasser, Feldfrüchte und Fische, die nach Erdöl schmecken. Die gesundheitsschädlichen Folgen der Dauerumweltverschmutzung und Armut lassen sich an vielen Zahlen ablesen, von denen hier nur eine genannt werden soll: Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt im Nigerdelta bei 41 Jahren, während sie nigeriaweit 48 Jahre beträgt.

Auch gegen Armut, Hunger, die Vernachlässigung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und gegen die Grüne Gentechnik gehen Nnimmo Bassey und seine Mitstreiter vor. Als er im Jahr 2008 zum FoEI-Vorsitzenden gewählt wurde, war er der erste Vertreter Afrikas an der Spitze der Organisation seit ihrer Gründung vor rund 40 Jahren.

28. Oktober 2010