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AFRIKA/1941: Dürre und Überschwemmungen in Mosambik (SB)


Mißernte in Teilen Mosambiks

Drohender Nahrungsmangel für Hunderttausende Einwohner


Wenn die Vorhersage eines großen Teils der Klimawissenschaftler zutrifft, dann wird im Laufe der nächsten Jahrzehnte die Intensität von Wirbelstürmen zunehmen, da sich die Meere erwärmen. Auch rechnen Forscher damit, daß küstennahe Regionen aufgrund des steigendes Meeresspiegels überflutet werden, daß es häufiger zu Extremwettereignisse kommt, daß sich Dürren dauerhaft festsetzen und vermehrt Überschwemmungen auftreten. Generell dürften auf einem sich erwärmenden Planeten die Erosionskräfte zunehmen. Da die Menschen immer häufiger auch in Regionen siedeln, die zuvor gemieden wurden, beispielsweise in Hanglagen, ist damit zu rechnen, daß auch die Zahl der Betroffenen katastrophaler natürlicher Ereignisse zunimmt.

Ob die gegenwärtige Not in Mosambik bereits Ausdruck eines langfristigen Trends der Klimaveränderung ist, wird erst in einigen Jahren in der Rückschau zu beurteilen sein. Ungeachtet dessen ist festzustellen, daß das Land häufig von Naturkatastrophen heimgesucht wird. In diesem Jahr sind die Flüsse in nördlichen und zentralen Landesteilen über die Ufer getreten und haben Hunderttausende Einwohner zur Flucht getrieben. Gleichzeitig herrscht in anderen Regionen Süd- und Zentralmosambiks Dürre.

"Wir haben jetzt ein riesiges Problem", zitiert IRIN [1] die nationale Leiterin des Welternährungsprogramms (WFP), Lola Castro. Ihre Organisation könne nur noch bis Ende April rund 175.000 Einwohner versorgen, aber 465.000 Einwohner seien inzwischen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Etwa 100.000 Einwohner wurden sogar doppelt getroffen. Zunächst wurden sie von der Dürre vertrieben, dann von den Überschwemmungen.

Nach Angaben des mosambikanischen Landwirtschaftsministeriums vom Februar gingen 605.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche in Zentral- und Südmosambik durch die Dürre verloren. Das schlug sich verheerend auf die Nahrungsproduktion nieder, immerhin macht dies 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in diesen Landesteilen aus. Dreizehn Prozent der Mais- und elf Prozent der gesamte Getreideernte des südafrikanischen Landes gingen verloren.

Die Menschen waren gezwungen, die Dürregebiete zu verlassen und haben sich naheliegenderweise in den niedriger gelegenen Gebieten entlang der Flüsse Sambesi, Busi, Pungoe, Licungo und Save niedergelassen. Doch Anfang März wurden viele Gebiete überschwemmt, so daß die Menschen erneut flüchten mußten. Laut Castro haben sie ihr Saatgut zweimal hintereinander verloren. Die Bevölkerung leide unter den veränderten Wetterverhältnissen, erklärte sie. Die Gemeinden berichteten, daß die Niederschläge in den letzten zehn Jahren nicht mehr die gleichen seien wie früher. In einigen Gebieten herrsche das dritte Jahr hintereinander Dürre.

Viele Mosambikaner verfügen weder über Ersparnisse noch über andere Einkommensmöglichkeiten, um Zeiten der Dürre oder Überschwemmung durchzustehen. Sie benötigen jede Ernte unmittelbar, um zu überleben. Wenn diese zunichte gemacht wird, sind sie auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, und wenn diese weder von der Regierung noch von Hilfsorganisationen geleistet wird, sehen sie sich gezwungen, ihre einzige Habe zu verkaufen. So wechseln landwirtschaftliche Geräte, Vieh und auch Bewirtschaftungsfläche den Besitzer. Dadurch treten strukturelle Verschiebungen ein, sind es in der Regel doch Kleinbauern, die eine Mißernte nicht kompensieren können, während beispielsweise der Plantagenbesitzer schon eher von einer Bank finanziell gestützt wird. Außerdem sehen sich die Bauern genötigt, ihre Kinder aus der Schule zu nehmen, damit sie in der Landwirtschaft mithelfen und dazu beitragen, das Überleben der Familie zu sichern - ein Mikrobeispiel dafür, wie haltlos die im Westen latent vorhandene oder offen ausgesprochene Vorstellung ist, die Menschen in Afrika täten nicht genug, um sich aus ihrer häufig existenzbedrohenden Lage zu befreien.

Die von Dürre oder Überschwemmungen betroffene Bevölkerung hofft nun, nachdem die Haupternte verloren ging, daß sie in der zweiten Pflanzsaison im Mai mehr Glück hat. Das WFP hat um Spenden gebeten, die dazu verwendet werden sollen, Getreide aus dem Norden des Landes, wo es in diesem Jahr eine gute Ernte gab, zu erwerben. Die Nahrung soll dann in "Food-for-work"-Projekten verteilt werden. Das heißt, die Empfänger sollen als Gegenleistung Arbeiten zur Verbesserung ihrer Umgebung verrichten und die landwirtschaftliche Infrastruktur verbessern. Das kann beispielsweise der Bau von Abwasserkanälen oder Bewässerungsgräben, Straßenarbeiten oder Brückenbau sein.

Japans Regierung hat vergangene Woche Hilfe im Wert von zehn Millionen US-Dollar zugesagt, was einer Menge von rund 600 Tonnen Reis entspricht. [2] Langfristig arbeiten das WFP und die FAO gemeinsam mit der mosambikanischen Regierung daran, die Landwirtschaft der dürregefährdeten Regionen dahingehend zu verändern, daß mehr und mehr trockenresistente Pflanzen wie zum Beispiel Hirse und Kassawa angebaut werden. Außerdem hat die Regierung nach UN-Angaben aus der Vergangenheit gelernt und sich in diesem Jahr sehr viel besser auf die Überschwemmungskatastrophen vorbereitet. [3] Dennoch mußte die Regierung um Spenden für rund 100.000 Einwohner bitten, die auf Nahrungshilfe angewiesen sind.

Schon heute ist Mosambik das am schwersten von Naturkatastrophen heimgesuchte Land des Kontinents. In den letzten 30 Jahren kam es zu 35 Überschwemmungskatastrophen, von denen 16 Millionen Einwohner betroffen waren. Im Zuge klimatischer Veränderungen dürfte sich die Gefahr von Überschwemmungen und Wirbelstürmen erhöhen. Da bereits heute die Hilfsorganisationen mangels Spenden in der Regel nur einen Teil der in Not geratenen Menschen helfen können, wäre zu erwarten, daß die Spendenbereitschaft der sogenannten Geberländer nachläßt, falls diese selbst ebenfalls unter Naturkatastrophen zu leiden haben. Dieser Trend hat schon eingesetzt. Vor einigen Jahren begann USAID, die offizielle Entwicklungshilfeorganisation der US-Regierung, eine länderweise Überprüfung seiner Hilfe mit dem Zweck, sie zu verringern und sich noch mehr auf die wohlfeilen "nützlichen" Staaten zu konzentrieren. Und die deutsche Entwicklungshilfe erlebt unter ihrem Minister Dirk Niebel (FDP) eine Reform, die auf eine Zentralisierung der ausführenden Organe hinausläuft. Dadurch wächst die Gefahr, daß ein Teil der Entwicklungshilfe eingespart wird. Es fällt auf, daß Deutschland und andere Geberländer ihre Zusage, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben, seit Jahren verfehlen. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise verringert die Bereitschaft der Regierungen, Entwicklungshilfe aufzustocken. Wenn man diese Einstellung zum Vorbild nimmt für Zeiten sich steigernder Naturkatastrophen und Ernteeinbrüche auch in den landwirtschaftlichen Anbauregionen des Nordens, so sieht es mit der Unterstützung von Ländern wie Mosambik, die mit schwierigen klimatischen Verhältnissen zurechtkommen müssen, nicht gut aus.


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Anmerkungen:

[1] "Mozambique: Drought and Floods Bring Food Shortages", UN Integrated Regional Information Networks (IRIN), 29. März 2010
http://allafrica.com/stories/201003291760.html

[2] "Mozambique: Japan Donates Food Aid", Agencia de Informacao de Mocambique (Maputo), 26. März 2010
http://allafrica.com/stories/201003260977.html

[3] "Mozambique: After the Floods", UN Integrated Regional Information Networks (IRIN), 24. März 2010
http://allafrica.com/stories/201003241158.html

31. März 2010