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AFRIKA/1856: Kenia baut größten Windpark des Kontinents (SB)


Kenia setzt auf Erneuerbare Energien

300 MW Windenergie durch Turkana-See-Projekt im Jahre 2012


Kenia soll den größten Windpark in ganz Afrika erhalten. Am Ufer des nordkenianischen Turkana-Sees, der inmitten einer ariden Region liegt, sollen 365 Windräder aufgestellt werden. Im Jahr 2012 soll das 881 Millionen Dollar teure und von einem niederländischen Konsortium betriebene LTWP-Projekt (Lake Turkana Wind Power) abgeschlossen sein. Die Windräder besitzen eine elektrische Kapazität von 300 Megawatt, was fast einem Drittel eines mittleren Kernkraftwerks entspricht.

Mit diesem Projekt will das ostafrikanische Land seinen ohnehin hohen Anteil an regenerativen Energien weiter ausbauen. Abgesehen vom Turkana-Windpark, an dem sich unter anderem die Afrikanische Entwicklungsbank beteiligt, haben private Investoren einen weiteren Standort in der Nähe der Touristenstadt Naivasha ins Auge gefaßt. Außerdem wurden im Juni dieses Jahres bereits sechs Windräder mit einer Leistung von 5,1 Megawatt der dänischen Firma Vestas in den Ngong-Bergen in der Nähe der Hauptstadt Nairobi aufgestellt. Weitere Windräder sollen in den nächsten Jahren hinzugenommen werden.

Auf den Energiemix Kenias könnten westliche Industriestaaten eigentlich nur neidisch sein. Fast 75 Prozent der elektrischen Energie wird aus Wasserkraft gewonnen, weitere 11 Prozent entfallen auf geothermische Kraftwerke, die in der vulkanreichen Region des Rift Valley errichtet wurden. Jetzt kommen noch Schritt für Schritt Windkraftanlagen hinzu, und die Sonnenenergie birgt ein aufgrund der äquatorialen Lage enormes Potential, das so gut wie gar nicht genutzt wird.

Allerdings ist gegenwärtig nur jeder fünfte Einwohner ans Stromnetz angeschlossen, und autarke System wie Solarkocher oder Photovoltaik-Anlagen sind noch rar. Außerdem gilt die Wasserkraft in Kenia seit Jahren nicht mehr als zuverlässig. So mußte erst im vergangenen Monat das größte Wasserkraftwerk des Landes wegen Niedrigwassers geschlossen werden.

Wasserkraftwerke sind demnach genauso wenig grundlastfähig wie Windräder. Der elektrische Strom, den das Turkana-Projekt liefern soll, ist nicht verläßlich. Zwar weht der Wind durch den Kanal zwischen dem äthiopischen Hochland und den Bergen Kenias bislang kräftig (im Durchschnitt 11 Meter pro Sekunde, was den windstärksten Standorten Europas entspricht. Zum Vergleich: An der deutschen Nordseeküste bläst der Wind mit 5 - 6 Meter pro Sekunde) und relativ konstant - aber hatten Ingenieure nicht auch von der Wasserkraft angenommen, daß sie Kenia dauerhaft zuverlässig Energie liefern wird?

Unter stark veränderten klimatischen Verhältnissen, die nach allem, was Wissenschaftler prognostizieren, auf jeden Fall eintreten werden, kann ein unerwartetes Abflauen des Winds nicht ausgeschlossen werden. Selbstverständlich stellt sich die Frage so nicht, ob man nur auf die vage Möglichkeit hin, daß der Wind ausfallen könnte, keine Windanlagen bauen sollte. Diversifizierung ist die geeignetste Möglichkeit, eventuelle Ausfälle zu kompensieren.

Die kenianische Regierung hat Pläne gefaßt, binnen fünf Jahren die als Ersatz für Wasserkraft verwendeten Energieträger Kohle und Erdöl durch zusätzliche 500 MW geothermische Energie und 800 MW Windenergie zu ersetzen, und hofft, nach einer Phase innerer Unruhen Anfang vergangenen Jahres nun ein ähnliches Wirtschaftswachstum zu verzeichnen wie die Nachbarländer Uganda und Tansania, mit denen Kenia eng zusammenarbeitet. Dazu wäre es allerdings erforderlich, das Stromnetz flächendeckend weiter auszubauen und die Stromversorgung zuverlässiger zu machen.

Die Frage der Energieautarkie stellt sich jedoch nicht nur volkswirtschaftlich, sondern für jede Kommune und jeden Haushalt, und das am besten schon in einer Zeit, in der das Land im Begriff ist, seine Energieversorgung weiter auszubauen.

* Anmerkungen:

[1] "Kenya to build Africa's biggest windfarm", Mail & Guardian
Online, 28. Juli 2009

http://www.mg.co.za/article/2009-07-28-kenya-to-build-africas-biggest-windfarm

30. Juli 2009