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AFRIKA/1854: Tansania - Umweltverseuchungen durch Barrick-Goldmine (SB)


Der Fluch der Goldgewinnung

Vermutlich Dutzende Einwohner Tansanias aufgrund von
Umweltverseuchungen gestorben


Weltweit ist der Abbau von Gold mit schwerwiegenden Verseuchungen der Umwelt verbunden. Da die Goldgewinnung häufig in Ländern des Südens erfolgt, wird den desaströsen Folgen eine vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit geschenkt. In den relativ wohlhabenden Ländern will man es nicht so genau wissen, worauf sich der eigene Reichtum gründet, nämlich auf das fortgesetzte Elend der Bevölkerung, die entweder in teils sehr tiefen Bergwerken tätig ist und das Erz aus dem Fels stemmt oder aber gesundheitlich durch die belasteten Abwässer der Goldmine geschädigt wird.

Zu den Goldminen, die in letzter Zeit ins Gerede gekommen sind, gehört die Mara-Goldmine des kanadischen Bergbaukonzerns Barrick Gold Corp in Tansania. Laut einer IPS-Meldung [1] galt sie bislang als vorbildlich, doch scheint das Rückhaltebecken im Mai nach schweren Regenfällen übergelaufen zu sein. Am 6. Juli suchten tansanische Abgeordnete die im Tarime-Distrikt gelegene Mine auf, um sich vor Ort über die Lage zu informieren. [2] Dabei sprachen sie sowohl mit Vertretern des Managements als auch Anwohnern. Drei Tage nahmen sich die Abgeordneten Zeit, ihre Ermittlungsergebnisse sollen noch im Detail veröffentlicht werden.

Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Frage, ob der Umgang des Unternehmens mit dem Abwasser die tansanische Umweltgesetzgebung verletzt oder nicht. Wie auch immer die Antwort ausfällt, die Dorfbewohner, die auf die Flüsse, in denen Barrick große Mengen Chemikalien einleitet, wissen jetzt schon, daß vielleicht nicht die Gesetzgebung, aber auf jeden Fall ihre Gesundheit verletzt wird. Deshalb fordern sie und lokale Nichtregierungsorganisationen eine sofortige Schließung der Mine.

Besonders schwer verseucht ist der Fluß Tigithe. Er führt über das Minengelände, und da die betrieblichen Rückhaltebecken für die chemisch hochkontaminierten Schlemmen unzureichend sind, gelangen größere Mengen Abwässer mit Schwefelsäure und Schwermetallen in den Fluß und haben örtlichen Medien zufolge bereits zu 30 Toten, vielen weiteren Geschädigten und 300 verstorbenen Rindern geführt. Auch Obstbäume in Ufernähe sollen abgestorben sein. Behauptungen, die ein Sprecher des örtlichen Konzernablegers Barrick Tanzania Ltd. zurückweist. Das Unternehmen hat im Mai eigene Wasseruntersuchungen durchgeführt und in rund einem Kilometer Entfernung vom möglicherweise übergelaufenen Rückhaltebecken einen pH-Wert von 4,8 gemessen. Zum Vergleich: Regenwasser weist einen pH-Wert von 6,5 bis 7 auf. Nach Unternehmensangaben hat sich inzwischen wieder der Normalwert eingestellt. [1]

Jedenfalls hat die tansanische Regierung zwei Tage nach Beginn der Ermittlungen bei der Mara-Goldmine ein Verbot der Wassernutzung aus dem Tigithe ausgesprochen, wie die Aktivisten-Website protestbarrick.net berichtete. [3] Besonders pikant: Der Tigithe fließt in den Victoria-See, der Lebensgrundlage für mehrere Millionen Menschen dreier Länder.

Ende vergangenen Monats haben Aktivistengruppen die sofortige Schließung der Mine, den Rücktritt des Umweltministers, der Regionalregierung und der Bezirksverwaltung gefordert, da sie "den Aufschrei einfacher Leute zugunsten der riesigen Minengesellschaft unterdrückt" haben. [3] Einige oppositionelle Abgeordnete schließen sich dem Aufruf zur Schließung der Mine an. Barrick gibt die Schuld an der Verseuchung Dieben, die Teile der Plastikfolie rund um den Beckenrand gestohlen und als Dachplane eingesetzt hätten. Binnen nicht mal eines Jahres habe man die Folien viermal ersetzen müssen. [1]

Die Nutzung des Tigithe-Wassers ist zwar nun verboten, aber die Regierung beliefert die Einwohner, die bislang das Flußwasser verwendet haben, nicht ersatzweise mit sauberem Trinkwasser. Also werden die Menschen gezwungen, unvermindert schwefelsäurehaltiges Wasser zum Waschen, Kochen und auch Trinken zu nehmen. Somit dürften weiterhin mysteriöse Krankheiten auftreten, für die die örtlichen Mediziner keinen Namen haben. Häufige Symptome sind Infektionen der Haut, Juckreiz und offene Wunden.

Drei Forscher - Dr. Mkabwa Manoko von der Abteilung für Botanik der Universität von Daressalam, Manfred Bitala and Charles Kweyunga - haben festgestellt, daß auf dem Minengelände und in der Umgebung enorme Mengen an Schwermetallen und Zyankaliverbindungen die Umwelt verseuchen. [4] Demnach ist die Konzentration von Nickel um das 260fache, von Blei um das 168fache und Chrom um das 14fache verglichen mit Untersuchungen, die vor sieben Jahren durchgeführt wurden, gestiegen. Die Krankheiten, unter denen die Bevölkerung rund um die Mine litten, seien typisch für Vergiftungen mit Schwermetallen, berichteten die Forscher.

Wenn die tansanische Regierung die Nutzung des Tigithe-Wassers verbietet, aber kein Ersatz zur Verfügung steht, bezieht sie damit eine Position, die gegenüber der Bevölkerung nicht wohlgesonnen ist. Das läßt mit Blick auf die Entscheidungen zur Mara-Mine, aber auch mit Blick die neuen Uranfunde in Tansania nichts Gutes ahnen.


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Anmerkungen:

[1] "TANSANIA: Rückhaltebecken bei Barrick-Goldmine im Norden undicht", IPS, 25. Mai 2009.

[2] "Barrick's Tanzania N Mara Mine Probed On Pollution Allegation", 7. Juli 2009.

[3] "Tanzania Government bans water use near Barrick mine. Intercontinental Cry", 9. Juli 2009. Ursprünglich erschienen: "This Day ".
http://protestbarrick.net/article.php?id=511

[4] "Independent researchers detect high levels of pollution around North Mara gold mine", 14. Juli 2009. Ursprünglich erschienen: This Day.
http://www.protestbarrick.net/article.php?id=513

28. Juli 2009