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AFRIKA/1819: Weniger Lebensmittelhilfe für Simbabwe trotz Armut (SB)


Welternährungsprogramm reduziert seine Lebensmittelhilfe für Simbabwe

NGOs halten die Maßnahme für höchst riskant


Die Einheitsregierung Simbabwes verdient ihren Namen nicht. Die traditionelle Regierungspartei ZANU-PF unter Präsident Robert Mugabe und die vor zehn Jahren entstandene Bewegung für Demokratischen Wandel MDC mit Morgan Tsvangirai auf dem neu eingerichteten Posten des Premierministers passen zusammen wie Feuer und Wasser. Die Einigung hat einer Reihe von Personen zu gut bezahlten Pöstchen verholfen, die eklatante Not in der Bevölkerung wurde bislang nicht gelindert. Da mutet es wie ein Schlag ins Gesicht der Bedürftigen an, daß das Welternährungsprogramm (WFP - World Food Program) ankündigte, die Lebensmittelhilfe an Simbabwe noch in diesem Monat zurückzufahren und sie schließlich um über 80 Prozent zu streichen. [1] Noch vor kurzem hatte es seitens der UN-Unterorganisation geheißen, daß in diesem Jahr vermutlich mehr als sieben Millionen der zwölf Millionen Simbabwer auf Lebensmittelhilfe angewiesen sein werden und man versuchen wolle, so viele wie möglich von ihnen zu versorgen.

Nun hat sich aber die Lebensmittellage in dem südafrikanischen Binnenstaat aufgrund der diesjährigen Ernte verbessert, teilt das WFP mit. Man folge einer seit sieben Jahren praktizierten Politik der an- und abschwellenden Versorgung, erklärte der WFP-Sprecher für das südliche Afrika Richard Lee am Dienstag. Kein Simbabwer werde im Stich gelassen: "Das Welternährungsprogramm ist sich sicher, daß nahezu jeder in diesem Jahr etwas ernten wird. Jedes Jahr um diese Zeit beenden wir unsere großmaßstäbliche Operation, um die Abhängigkeit von Lebensmittelhilfe zu reduzieren." [1]

Das WFP hat eigenen Angaben zufolge im vergangenen Monat den Schwerpunkt seiner Tätigkeit von der Lebensmittelhilfe auf die Unterstützung der simbabwischen Bauern verlagert, um die Nahrungssicherheit für die Haushalte zu verbessern. Würde man hingegen weiterhin Nahrung verteilen, fördere das die Abhängigkeit, so Lee. Im übrigen würden rund 600.000 besonders Bedürftige weiterhin versorgt. Sollte aber die Ernte schlechter ausfallen als angenommen und sollten die Einwohner weiterhin Hilfe brauchen, werde das mit den Gebern und den Behörden besprochen, um die großmaßstäbliche Operation fortzusetzen.

Demnach dürfte kein Versorgungsproblem auftreten, das nicht vom WFP angepackt würde. Dennoch bleibt die National Association of NGOS, die Nationale Vereinigung von Nichtregierungsorganisationen, skeptisch. Deren Sprecher Fambai Ngirande erklärte, es werde einfach nicht genug angebaut, um das ganze Land zu ernähren. [1] Die Entscheidung des WFP sei ziemlich riskant. In den Läden gäbe es zwar wieder etwas zu kaufen, aber bei einer Arbeitslosenquote von 94 Prozent könnten sich die meisten Simbabwer weder Lebensmittel noch etwas zum Selbstanbau leisten. Die Streichungen des WFP seien einfach zu drastisch. Die Maßnahme sei wohl eine politische Entscheidung und nicht das Ergebnis der Begutachtung der heutigen Realität in Simbabwe, mutmaßte Ngirande.

Indirekt bestätigt wird der NGO-Vertreter durch die Vereinten Nationen selbst. Das einfache Volk könne sich nicht selbst ernähren, berichteten die UN News. [2] Die Regale seien gefüllt, hieß es mit Verweis auf ein Einkaufszentrum in Domboshava, einem regionalen Zentrum, das 40 Kilometer von der Hauptstadt Harare entfernt liegt. Aber niemand könne sich die Ware leisten. Die Kunden blieben weg.

Die Geschäfte haben simbabwische Währung wegen der Hyperinflation seit langem nicht mehr gern genommen und sich lieber in US-Dollar, südafrikanischem Rand oder notfalls auch botswanischem Pula bezahlen lassen. Doch nun hat die Einheitsregierung den Handel mit dem Simbabwe-Dollar für zunächst ein Jahr ausgesetzt, und die wenigsten Simbabwer, die auf dem Land leben, und nicht, wie die Beamten in US-Dollar bezahlt werden, haben die Chance, an ausländische Währung heranzukommen, und betreiben Tauschwirtschaft.

Es bleibt sehr genau zu beobachten, ob die Rechnung des WFP aufgeht und ein Zurückfahren der Hilfslieferungen tatsächlich unbedenklich ist. Auch stellt sich die Frage, wie schnell die Hilfsorganisation auf eine Notlage reagieren kann und wieviele Bedürftige, die Hunger leiden müssen, als akzeptabel angesehen werden.


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Anmerkungen:

[1] "Zimbabwe: Concerns Raised As World Food Programme Cuts Food Aid", SW Radion, 14. April 2009
http://allafrica.com/stories/200904141076.html

[2] "Zimbabwe: Shops Shelves Fill Up But Customers Stay Away", UN News, 14. April 2009
http://allafrica.com/stories/200904150594.html

17. April 2009