Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → KOMMENTAR

RAUB/0990: Energiekonzern klagt - Profite aus Akw-Betrieb nicht hoch genug (SB)



Profite werden privatisiert, Verluste vergesellschaftet. Nach dieser neoliberalen Doktrin streichen die Energiekonzerne Milliardensummen ein. Nun soll ihnen mit der Erhebung der Brennelementesteuer ein kleiner Teil der zukünftigen Einnahmen vorenthalten werden, und schon beschreiten die Konzernbosse medial und juristisch den Klageweg. Im halboffiziellen Regierungsorgan BILD [1] unkte RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann düster, daß wir Experimente mit der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft "mit ungewissem Ausgang" machten. Atomstrom sei für die Versorgungssicherheit unverzichtbar, deshalb stamme er lediglich nicht mehr aus deutschen Akws.

Man muß sich das einmal vorstellen: Da heimsen die Unternehmen mittels einer hochriskanten Technologie, die im Verdacht steht, die Entstehung von Krebs bei Kindern zu begünstigen, so viel ein, daß sie mit den Geldern expandieren und auf weltweite Schnäppchenjagd gehen können, aber werden auf der anderen Seite nur zu einem Bruchteil an den Kosten der Entsorgung von Strahlenmüll und dem Rückbau zu verschrottender Meiler beteiligt - ganz abgesehen davon, daß sie keine ausreichenden Rücklagen für den Fall eines Atomunfalls mit Strahlenfreisetzung anlegen müssen. Für Versicherungen, das ist bekannt, sind Atomkraftwerke ein zu heißes Eisen. Die Strahlenmeiler sind nicht versicherbar. Aber die Gesellschaft soll ertragen, was für Versicherungen untragbar ist?

Von Januar dieses Jahres bis Ende 2016 sollen die Akw-Betreiber eine Kernbrennstoffsteuer entrichten. Bei 145 Euro pro Gramm Uran- oder Plutonium-Brennstoff kämen in diesem Zeitraum 2,3 Mrd. Euro zusammen. Bleiben die acht Meiler, die zur Zeit vom Netz sind, abgeschaltet, verringern sich entsprechend die Abgaben an den Fiskus auf 1,3 Mrd. Euro. Zudem sollen die Unternehmen die Restlaufzeiten der abgeschalteten Meiler auf andere Reaktoren draufschlagen können. So versüßt die schwarz-gelbe Bundesregierung dem deutschen Energie-Oligopol den Atomausstieg.

Abgesehen davon wissen wir nicht, wie die Atompolitik nach den diesjährigen Wahlen, die ausschlaggebend für die 180-Grad-Kehre der schwarz-gelben Bundesregierung sind, weitergeht. Womöglich werden die beklagenswerten Energiekonzerne noch mit weiteren "Trösterchen" für den Verlust ihrer Meiler entgolten. Denkbar wäre folgendes Szenario: Die Laufzeiten eines oder mehrerer Akws reichen über das Ausstiegs-Endjahr 2022 hinaus, da die Konzerne Reststrommengen der abgeschalteten Akws auf andere Anlagen übertragen können. Da sie das aber nicht sollen, werden sie für die Verluste - die entgangenen Einnahmen - entschädigt.

"Wir wollen unsere Erfahrung als führendes Energieunternehmen mit der Gesellschaft, in der wir leben und arbeiten, teilen und damit einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten", wirbt E.ON auf seiner Website für seine Unternehmenspolitik [2].

Ist es etwa keine gesellschaftliche Herausforderung, aus der Atomenergie auszusteigen? Und sollte ein Konzern, der Wert auf gesellschaftliche Teilhabe legt, einer Regierung, die dem Wunsch vieler Wählerinnen und Wähler entspricht und einen Atomausstieg beschließt, nicht möglichst alle Hindernisse aus dem Weg räumen, anstatt zu versuchen, sie mit juristischen Mitteln den eigenen Profitinteressen zu unterwerfen? Anscheinend fühlt sich E.On dem "Vermögen von 500.000 Kleinanlegern" [3] mehr verpflichtet als der Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderung namens Atomausstieg.

"Wir werden der Bundesregierung auseinandersetzen, dass uns dadurch ein Vermögensschaden in Milliardenhöhe durch die dauerhafte Abschaltung von Kernkraftwerken entsteht", behauptet der Konzern, und er hat ja recht: Verluste entstehen auf der Basis der Bereicherung. Das bekommt der Konzern ein kleines bißchen zu spüren. Doch die Verluste, auf die er seinen Reichtum gründet - man denke nur an den ökologisch und gesundheitlich ruinösen Abbau des Uranerzes oder, fundamental, das Abgreifen des von den Beschäftigten geleisteten Mehrwerts zwecks seiner Akkumulation -, tauchen in der Rechnung über den vermeintlichen Vermögensschaden wohlweislich nicht auf.

Quellen:
[1] http://www.bild.de/politik/inland/atomausstieg/atom-ausstieg-konzerne-machen-kasse-18182022.bild.html
[2] http://www.eon.com/de/responsibility/29372.jsp
[3] http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:energiewende-eon-klagt-gegen-brennelementesteuer/60059407.html?mode=print

1. Juni 2011