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HERRSCHAFT/1461: SPD - Mittiger als Mitte geht nicht (SB)



Die Sozialdemokratie steht vor einem Scherbenhaufen. Die jüngsten Umfragewerte zum Verhalten der Bevölkerung bei der kommenden Bundestagswahl bestätigen das desolate Ergebnis der Europawahl: Noch nie stand es um die SPD so schlecht wie heute. 22 Prozent wird ihr vom ZDF-Politbarometer attestiert.

Soll der olle Steinmeier doch so viel Kreide fressen, wie er will, dürfte sich Bundeskanzlerin Merkel sagen. Sie braucht den verzweifelten Aufmunterungsversuchen vor dem morgigen SPD-Parteitag nur tatenlos zusehen und weiß, daß sie ab Herbst durchregieren kann - falls die Welt bis dahin nicht untergeht.

Wenn nicht die Alternative zur SPD darauf hinausliefe, daß CDU/CSU und FDP zusammengluckten, könnte beinahe Schadenfreude aufkommen. War es doch die SPD, die gemeinsam mit der Partei Die Grünen den Spitzensteuersatz gesenkt, gleichzeitig die Sozialleistungen gestrichen und mit der Agenda 2010 und Hartz IV einen regelrechten Verarmungsmechanismus installiert hat. Darüber hinaus haben es die Sozialdemokraten wesentlich mitzuverantworten, daß die Möglichkeiten von Hedge Fonds und anderen kapitalistischen Konstrukten, ihrer Jagdleidenschaft zu frönen und das eine oder andere Schnäppchen in der deutschen Wirtschaft zu ergattern, erweitert wurden.

Wenn am Sonntag die 480 Delegierten das 66seitige SPD-Bundestagswahlkampfprogramm verabschieden, wird dem Wahlvolk voraussichtlich versprochen werden, daß die Sozialleistungen verbessert und der Spitzensteuersatz angehoben werden soll. Mit anderen Worten, man will den Wähler damit kaufen, daß man einen kleinen Teil dessen, was man ihm zuvor weggenommen hat, zurückgibt. Kaum vorstellbar, daß das verfängt.

Das scheinen auch die SPD-Oberen zu ahnen. Vizevorsitzender Peer Steinbrück, der mit seinen ruppigen Ausfällen schon manchen Zwist entfacht hat, warnt im Vorfeld seine Genossen vor Streit und mahnt zur Geschlossenheit. Auch Resignation erteilte er eine Absage, wobei solche Durchhalteparolen die Defensive, in die sich die Partei hineinmanövriert hat, eher noch bestätigen. Und wenn Steinbrück erklärt, daß jetzt nicht die Zeit für "Zauderer und Ideologen" sei, dann fordert er damit Gefolgschaft auf seine Ideologie des Pragmatismus ein und watscht zur Sicherheit den linken Flügel ab, damit die Botschaft auch sitzt.

Sonderlich originell ist das nicht. Immer, wenn die SPD unter Druck steht - und wann tut sie das nicht? - wird nach links ausgekeilt. Mittiger als Mitte geht jedoch nicht. Danach kommt nur noch rechts, und da tummeln sich schon FDP, Grüne, CDU, CSU und wer weiß noch alles. Jegliche Bemühung seitens der SPD, den Wählern glauben zu machen, daß man im Falle einer Regierungsbeteiligung eine andere Politik betreiben werden als die, die man bis dahin an den Tag gelegt hat, wird als bloßer Opportunismus erkannt. Die einzige Chance der profillosen SPD, nicht vollends abzustürzen, dürfte in der Profillosigkeit der anderen Parteien bestehen.

13. Juni 2009