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WISSENSCHAFT/919: Communicator-Preis 2009 an Jutta Allmendinger (idw)


Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - 02.04.2009

Communicator-Preis 2009 an Jutta Allmendinger

Berliner Sozialwissenschaftlerin wird für die öffentliche Vermittlung ihrer Forschungen zu gesellschaftlich drängenden Fragen ausgezeichnet


Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft geht in diesem Jahr an die Sozialwissenschaftlerin Jutta Allmendinger. Die Professorin an der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin und derzeitige Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) wird damit für die herausragende öffentliche Vermittlung ihrer Forschungsarbeiten zu drängenden gesellschafts-, bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Themen ausgezeichnet.

Jutta Allmendinger ist die erste Wissenschaftlerin, die den Communicator-Preis erhält, der in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben wird. Mit ihren vielfältigen öffentlichkeitswirksamen Arbeiten wird ebenfalls zum ersten Mal die Vermittlung von sozialwissenschaftlichen Forschungsthemen und -ergebnissen in die Öffentlichkeit ausgezeichnet.

Der "Communicator-Preis - Wissenschaftspreis des Stifterverbandes" ist mit 50 000 Euro dotiert und gilt in Deutschland als die wichtigste Auszeichnung für die Vermittlung von wissenschaftlichen Ergebnissen in Medien und Öffentlichkeit. Mit dem Preis zeichnen die DFG und der Stifterverband seit dem Jahr 2000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die ihre Forschungsarbeiten und Fachgebiete einem breiten Publikum vielfältig, originell und kreativ nahebringen und sich darüber hinaus um den immer notwendigeren Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit verdient machen.

Gekürt werden die Preisträger von einer Jury aus Wissenschaftsjournalisten, Kommunikations- und PR-Fachleuten. Sie hatte zum zehnjährigen Jubiläum des Preises die Wahl zwischen einer Vielzahl qualitativ hochstehender und professioneller Bewerbungen. Insgesamt 45 Forscherinnen und Forscher aus allen Wissenschaftsgebieten hatten sich um den Preis beworben oder waren für ihn vorgeschlagen worden. Von ihnen kamen zwölf Kandidatinnen und Kandidaten in die engste Wahl, in der sich am Ende Jutta Allmendinger durchsetzte.

Mit der 52 Jahre alten Professorin für Soziologie erhält eine Wissenschaftlerin den Communicator-Preis, die nach Einschätzung der Jury hohe wissenschaftliche Qualität mit nachhaltiger praktisch-politischer Umsetzung und wirksamer öffentlicher Darstellung zu verbinden vermag. Allmendingers wissenschaftliches Interesse gilt seit ihrer Promotion an der Harvard University vor zwei Jahrzehnten Themen von außerordentlich hoher gesellschaftlicher Relevanz: Bekannt geworden sind vor allem ihre Arbeiten zu Fragen der Gleichstellung von Männern und Frauen, die sie beispielsweise in ihrer Habilitation am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und an der Freien Universität Berlin sowie als Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München anhand des Rentensystems und der finanziellen Ungleichheit der Geschlechter im Alter untersuchte. In der Bildungsforschung zeigte Allmendinger - noch vor den Pisa-Studien - die in Deutschland besonders engen Zusammenhänge zwischen Bildung und sozialem Auf- und Abstieg auf und ging den vielfältigen Auswirkungen geringer Bildung auf die Gesundheit und Lebenserwartung oder die politische Partizipation nach. Der von ihr mitgeprägte Begriff "Bildungsarmut" ist längst zu einer Chiffre in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion geworden. Eng verbunden mit den Arbeiten zur Gleichstellung und Bildungsarmut sind schließlich Allmendingers Studien zur Arbeitsmarktpolitik, die sie als Direktorin des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) durchführte.

Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeiten bringt Jutta Allmendinger seit mehr als einem Jahrzehnt auf vielfältige und sehr sichtbare Weise in die Medien und die Öffentlichkeit. Bestes Beispiel hierfür ist ihre Artikelserie "Frauen auf dem Sprung - Männer unter Druck?", die 2008 in der Zeitschrift Brigitte erschien. Mit ihr wurden die aktuellsten Forschungsergebnisse der Soziologin zum Zusammenhang von Geschlecht, Lebensentwurf und Lebenslauf im wahrsten Sinne des Wortes "in Serie" von einem Millionenpublikum aufgenommen und diskutiert. Auch ihre seit 2007 erscheinende Kolumne im Handelsblatt, eine Vielzahl von Beiträgen in den großen überregionalen Tages- und Wochenblättern sowie regelmäßige Auftritte in Hörfunk- und Fernsehsendungen sind Ausweis von Jutta Allmendingers großem medialen Engagement und von ihrer Fähigkeit, wissenschaftliche Sachverhalte publikumsnah und -wirksam darzustellen. Ebenso beeindruckend ist aus Sicht der Jury Allmendingers intensive Vortragstätigkeit in den vergangenen Jahren. Damit brachte sie die Ergebnisse ihrer Studien sowohl in den politischen Parteien - gleich welcher Couleur - als auch in Unternehmen oder etwa auf dem Deutschen Katholikentag und dem Evangelischen Kirchentag zu Gehör. In Anhörungen vor parlamentarischen Gremien, durch die Mitarbeit an öffentlichen Expertenberichten oder im Sozialbeirat der Bundesregierung sorgt Allmendinger schließlich auch an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Anwendung für die Vermittlung sozialwissenschaftlicher Forschung.

In all ihren Beiträgen und Vorträgen zeichnet sich die Soziologin dabei durch eine klare Sprache aus - und die Bereitschaft, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen und auf den Punkt zu bringen: "Ein ausbruchsicheres Gefängnis: Wer nichts lernt, bleibt arm" - "Von der Magd zum Markt: Trotz unbestreitbarer Fortschritte bleibt die Geschlechtergerechtigkeit eine bloß diskursive Idee" lauten nur zwei ihrer vielen pointierten Beitragstitel.

Diesen "Mut zur unbequemen Wahrheit" hob auch DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner nach der Entscheidung der Jury für die diesjährige Preisträgerin hervor. "Mit Jutta Allmendinger wird eine charismatische Wissenschaftlerin und glänzende Wissenschaftsorganisatorin und -vermittlerin ausgezeichnet", so Kleiner. Für den Präsidenten des Stifterverbandes, Dr. Arend Oetker, ist es "ein wichtiges Signal in die wissenschaftliche Gemeinschaft", dass mit Allmendinger erstmals eine Sozialwissenschaftlerin den Communicator-Preis erhält. "Für die Sozialwissenschaften in Deutschland ist gerade in diesen schwierigen Zeiten der Dialog mit Politik und Gesellschaft essenziell. Jutta Allmendinger versteht sich darauf seit Jahren aufs Beste", erklärte Oetker.

Jutta Allmendinger ist die zehnte Persönlichkeit aus der Wissenschaft, die den Communicator-Preis erhält. Unter den bisherigen Preisträgern waren unter anderen der Astrophysiker Harald Lesch, der Katholische Theologe Hubert Wolf, der Paläobiologe und Afrikaforscher Friedemann Schrenk sowie als bislang einziges Wissenschaftlerteam die Arbeitsgruppe Glaziologie am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut. Im vergangenen Jahr wurde der Mathematiker Günther M. Ziegler ausgezeichnet.

Verliehen wird der Communicator-Preis am 23. Juni in Saarbrücken im Rahmen des diesjährigen Wissenschaftssommers von DFG-Präsident Kleiner und Stifterverbands-Präsident Oetker. Das Preisgeld stammt vom Stifterverband, in dem sich mehr als 3000 Unternehmen und Privatpersonen für die Förderung der Wissenschaft und deren Austausch mit der Öffentlichkeit engagieren. Darüber hinaus erhält Jutta Allmendinger ein Hologramm, das den Communicator-Preis symbolisiert. Das von dem Kölner Künstler Michael Bleyenberg gestaltete Werk soll die Bedeutung der Transparenz in der Wissenschaft sichtbar machen und zeigen, dass es sich lohnt, die Dinge "ins rechte Licht zu rücken". Wie das Hologramm entfaltet auch die Wissenschaft nur dann ihre ganze Strahlkraft.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution306


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Marco Finetti, 02.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2009