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WISSENSCHAFT/1114: Für eine Qualitätsoffensive zur Guten wissenschaftlichen Praxis (idw)


Leibniz-Gemeinschaft - 05.12.2011

Für eine Qualitätsoffensive zur Guten wissenschaftlichen Praxis

Pressemitteilung der Allianz der Wissenschaftsorganisationen


Die Wissenschaft in Deutschland will sich künftig offener und selbstkritischer mit wissenschaftlichem Fehlverhalten auseinandersetzen. Vertreter der großen Wissenschaftsorganisationen diskutierten dazu jetzt auf einem Symposium in Berlin Wege zu einer "Qualitätsoffensive". Diese soll die Prinzipien der Guten wissenschaftlichen Praxis noch früher und stärker als bisher im Bewusstsein und in der Ausbildung sowie der Arbeit aller Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und der Wissenschaftsorganisationen verankern.

Ziel ist eine "Kultur der Offenheit und Verantwortung", die letztlich auch zu höherer wissenschaftlicher Qualität führen soll. Verbunden damit ist eine intensive Diskussion und Weiterentwicklung der bisherigen Umsetzung Guter wissenschaftlicher Praxis, die sich auf manchen Feldern als nicht weitreichend genug erwiesen hat.

Zentrales Thema auf dem unter Federführung der DFG für die Allianz der Wissenschaftsorganisationen veranstalteten Symposium war die Promotion. Diese steht vor dem Hintergrund prominenter Plagiatsfälle derzeit besonders im Fokus. Die rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Politik adressierten jedoch auch weitere Mängel rund um die Promotion. So mache schon die schlechte Datenlage zu Promovierenden in Deutschland valide Aussagen schwierig. Denn Doktorandinnen und Doktoranden werden nicht systematisch erfasst und verfügen nicht über einen eigenen Status, der ihrer wichtigen Rolle im Wissenschaftssystem gerecht wird. Ein Ausgangspunkt waren die jüngst vorgelegten "Empfehlungen zur Doktorandenausbildung" des Wissenschaftsrates, die auf mehr kollegiale Verantwortung bei der Betreuung des einzelnen Doktoranden abzielen. Aber auch strukturierte Doktorandenprogramme wurden als gut und zielführend benannt. Die Freiheit und Selbstständigkeit der Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler muss jedoch ebenfalls ein wichtiges Ziel sein, denn sie sind die Leistungsträger von morgen.

Gerade gegenüber den Versuchungen eines immer stärker durch Wettbewerb geprägten Systems müssen etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Vorbildfunktion einnehmen. Das gilt sowohl für die verantwortungsvolle Betreuung von Promotionen wie die Heranführung an die Prinzipien Guter wissenschaftlicher Praxis bereits ab Beginn des Studiums. Der offene Umgang mit Primärdaten, die Dokumentation der experimentellen Ergebnisse, eine ordnungsgemäße Zitierweise und immer wieder die Diskussion der wissenschaftlichen Arbeit müssen integraler Teil des Selbstverständnisses jedes einzelnen Wissenschaftlers und jeder einzelnen Wissenschaftlerin sein. Das verhindere nicht nur Fehlverhalten, sondern münde auch in "bessere" Wissenschaft, waren sich die Teilnehmenden einig.

Dass im System Wissenschaft auch in einer optimalen Kommunikationskultur Fehler passieren, steht außer Frage. Diese müssen jedoch mit der nötigen Transparenz offengelegt werden. Fälschungen und Fehlverhalten mit Vorsatz sind hingegen nicht akzeptabel, und das Wissenschaftssystem muss hier auch geeignete Sanktionen vorsehen. Whistleblower übernehmen dabei eine wichtige Funktion und sollten stärker Gehör finden - ohne jedoch die sorgfältige und verantwortungsvolle Überprüfung jedweder Vorwürfe zu vernachlässigen. Vor allem die vielerorts eingerichteten Ombudsleute spielen im Kampf gegen Fehlverhalten wichtige Rollen - auch als Mediatoren und Schlichter. Sie sollten jedoch noch prominenter agieren.

Mit gezielten Initiativen und einem ständigen Austausch zu diesen Themenfeldern und zum Gesamtkomplex will die Allianz der Wissenschaftsorganisationen die Gute wissenschaftliche Praxis noch stärker in den Fokus ihrer Arbeit rücken.


Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist der Zusammenschluss der bedeutendsten deutschen Forschungsorganisationen. Zur Allianz gehören die Alexander von Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Hochschulrektorenkonferenz, die Leibniz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft und der Wissenschaftsrat.

Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 87 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, und Sozialwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagenforschung, anwendungsorientierter Forschung, wissenschaftlicher Infrastrukturen und forschungsbasierter Dienstleistungen. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegt intensive Kooperationen mit den Hochschulen, u.a. über gemeinsame Wissenschaftscampi, und mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Ihre Einrichtungen unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und externalisierten Begutachtungsverfahren. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Daher fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.800 Personen, davon sind ca. 7.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, einschließlich der 3.300 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,4 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 330 Mio. Euro pro Jahr.

Weitere Informationen unter:
http://www.leibniz-gemeinschaft.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution390


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Gemeinschaft, Christoph Herbort-von Loeper M.A., 05.12.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2011