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ASYL/1256: Änderung des EU-Asylrechts - Bundestag muss Rechtsabbau in Europa entgegentreten (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 16. April 2018

Bundestag muss Rechtsabbau in Europa entgegentreten

PRO ASYL zur geplanten Änderung des EU-Asylrechts (GEAS)


Anlässlich der heutigen Anhörung des Deutschen Bundestags zur Änderung des EU-Asylrechts warnt PRO ASYL vor einem fundamentalen Abbau des Menschenrechts auf Asyl in der EU. Die geplanten Änderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zielen auf Abschottung ab und verletzen Flüchtlingsvölkerrecht. Der Deutsche Bundestag muss für die Einhaltung der Menschenrechte von Flüchtlingen eintreten und die Pläne des BMI und anderer EU-Staaten stoppen.

PRO ASYL wirft dem EU-Rat vor, mit weitreichenden Gesetzesänderungen bisher rechtswidrige Praktiken legalisieren zu wollen. Auf der Strecke bleibt das individuelle Recht von Verfolgten, Asyl beantragen zu können und Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU zu erhalten.

PRO ASYL hat den Asylrechtsexperten Dr. Reinhard Marx beauftragt, Kernelemente des geplanten EU-Asylrechts zu analysieren. Eines der zentralen Elemente ist die Herabsenkung der Anforderungen für den Flüchtlingsschutz an den sogenannten »sicheren Drittstaat« verbunden mit Plänen, Schutzsuchende ohne die Möglichkeit, einen Asylantrag in der EU zu stellen, dorthin abzuschieben:

  1. Abschiebung in »sichere« Drittstaaten statt Prüfung der Asylanträge.
  2. Absenkung der Kriterien, wann ein Drittstaat sicher ist. Teilgebiete oder Zonen sollen genügen.
  3. Drittstaaten werden gekauft. Es soll keine Verbindung des Flüchtlings zu dem Staat geben müssen, in den er abgeschoben wird.

Die Stellungnahme von PRO ASYL setzt dem folgende Argumente entgegen:

Artikel 3 der EMRK verhindert Abschiebungen oder Zurückweisungen, wenn Abgeschobene die reale Gefahr laufen würden, im Zielstaat Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Urteil Sufi und Elmi (Vereinigtes Königreich zum Drittstaat Somalia) festgestellt. Der EGMR hat festgestellt, dass der Schutz gegen Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung absolut gilt und dass EU-Staaten verantwortlich dafür sind, was nach der Abschiebung passiert.

Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) verbietet die Kettenabschiebung in einen Drittstaat, der selbst keinen Refoulement-Schutz gewährt. Es gibt einen Verantwortungszusammenhang der Vertragsstaaten der GFK und daher darf nur in Drittstaaten abgeschoben werden, die die GFK unterzeichnet haben und praktisch anwenden. Die EU versucht, die Standards zu senken. Selbst die Durchreise durch den Drittstaat wird nicht mehr gefordert. Damit ist nach Auffassung von Dr. Marx nicht gewährleistet, dass dieser Staat tatsächlich Zugang zu einem Asylverfahren gewährt.

Die Anforderungen an den Drittstaat sollen sogar so weit herabgesetzt werden, dass vermeintlich sichere Teilbereiche schon ausreichen sollen, um dorthin abzuschieben. Ein Staat, der nicht innerhalb des gesamten Staatsgebietes ein Gewalt- und Schutzmonopol ausübt, kann aber nicht die Anwendung der GFK wirksam durchsetzen.


Die vollständigen Stellungnahme ist zu finden unter:
https://www.bundestag.de/blob/550380/03686c4fc4d404dfb72468b7bced4b7b/a-drs--19-4-27-data.pdf

Gemeinsames Papier von Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und Juristen- und Flüchtlingsorganisationen für den Erhalt des Zugangs zum individuellen Asylrecht in Europa:
https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/Gemeinsames-Positionspapier-zur-Reform-des-GEAS-25-Januar-2017.pdf

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 16. April 2018
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2018

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