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VERBAND/1461: Milcherzeugern jetzt helfen! (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 3. April 2009

Milcherzeugern jetzt helfen!

DBV-Fachausschuss Milch:
Liquidität auf den Betrieben muss sichergestellt werden


Die Milcherzeugerpreise in Deutschland sind mittlerweile auf historische Tiefstände gefallen. Dies gefährdet nachhaltig die Existenz von hunderttausend Milcherzeugern in Deutschland. In dieser Situation sind alle Maßnahmen, die zur Steigerung des Absatzes und zur Erhöhung der Wertschöpfung von Milch und Milchprodukten beitragen, schnellstmöglich umzusetzen. Aufgrund der dramatischen finanziellen Situation auf vielen Betrieben ist aber vorrangig die Liquidität der Betriebe sicherzustellen. Dies muss nach Ansicht des Fachausschusses Milch des Deutschen Bauernverbandes (DBV) durch zinsverbilligte Liquiditätshilfen und durch das Vorziehen der EU-Direktzahlungen auf den 1. Juli 2009 geschehen. In einem Forderungskatalog hat der Fachausschuss Milch unter Leitung von DBV-Vizepräsident Udo Folgart die kurz- und mittelfristig notwendigen Maßnahmen zusammengefasst und die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zu unverzüglichem Handeln aufgefordert. Einzelheiten zu den Forderungen entnehmen Sie bitte dem beigefügten Positionspapier.


Das Positionspapier im Wortlaut:

Positionspapier des DBV-Fachausschusses Milch vom 31. März 2009

Hilfe für Milcherzeuger jetzt!

Die Erzeugerpreise für Milch befinden sich derzeit auf dramatischer Talfahrt und sind in einigen Regionen bereits auf einem historisch niedrigen Niveau angelangt. Die verschlechterte Marktlage geht wesentlich auf eine rückläufige Nachfrage, nicht jedoch auf eine wachsende Produktion zurück. Damit droht 2009 für die Milcherzeuger zu einem verlustreichen, zum Teil sogar Existenz gefährdenden Jahr zu werden.

Vor diesem Hintergrund hat der Fachausschuss Milch des Deutschen Bauernverbandes in seiner Sitzung am 31. März 2009 das folgende Positionspapier beschlossen. Aufgrund der dramatischen Situation bei vielen Milchviehbetrieben sind insbesondere kurzfristige Maßnahmen wie Liquiditätshilfen und deutliche Kostenentlastungen zügig umzusetzen.


1. Schnelle Liquiditätshilfen

Bund und Länder müssen schnellstens zinsverbilligte Liquiditätshilfen anbieten. Diese sollten über die Landwirtschaftliche Rentenbank abgewickelt werden. Der Fachausschuss Milch des Deutschen Bauernverbandes erwartet die Auflage der entsprechenden Liquiditätshilfen noch für den April 2009.

Bund und Länder sind aufgefordert, die Auszahlung der EU-Direktzahlungen auf den 1. Juli 2009 vorzuziehen. In anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Irland, wird die Auszahlung der EU-Direktzahlungen zu einem früheren Zeitraum bereits praktiziert. Dies muss auch in Deutschland möglich sein.

Die im EU-Konjunkturprogramm für die Landwirtschaft bereitgestellten Mittel (ca. 90 Millionen Euro) sollten vorrangig den Milchviehbetrieben noch im Sommer 2009 zur Verfügung gestellt werden.

Die im Rahmen des sog. "Milchfonds" genehmigten Begleitmaßnahmen Milch zum Health Check sind in den Bundesländern (vor allem investive Förderung und verlässliche Honorierung der Rinder- und Milchviehhaltung an Mittelgebirgs- und Grünlandstandorten) schnell umzusetzen.

Banken sind aufgefordert, in der aktuellen Notlage, durch kurzfristige Umschuldungen und Streckungen von Kredittilgungen die Milcherzeuger zu entlasten.


2. Kostenentlastung

- Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage zur Abfederung stark schwankender Erlös- und Ertragssituation in der Landwirtschaft

- Absenkung der Dieselbesteuerung auf europäisches Niveau muss noch in 2009 umgesetzt werden.

- Bundeszuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung (ca. 200 Millionen Euro) sind beizubehalten.

- Degressive Abschreibungsmöglichkeiten sind auch auf immobile Wirtschaftsgüter wie Stallgebäude etc. zu erweitern.

- Für die in der Milchproduktion anstehenden Investitionen (Ersatzinvestitionen, Rationalisierungsmaßnahmen etc.) ist eine deutliche Aufstockung der Fördermittel notwendig.



3. Erhöhung des Absatzes

- Die Maßnahmen zur Entlastung am Milchmarkt sind durch EU, Bund und Länder auszubauen:

- Wiederaufnahme der Nutzung von Verarbeitungsbeihilfen, insbesondere der Einsatz von Milchpulver in Milchaustauscher

- Fortführung der Intervention im Ausschreibungsverfahren, ohne jedoch den Preisdruck zu erhöhen

- Gewährung und Erhöhung von Exportbeihilfen, insbesondere in Industrie- und Schwellenländer

- Ausweitung und unbürokratische Umsetzung des EU- Schulmilchprogramms

- Beibehaltung der bisherigen Produktstandards bei Milcherzeugnissen (zum Beispiel Milchfettanteile in Eiscreme) sowie die Verhinderung des Austausches von Milcherzeugnissen durch Imitate

- Erhöhung des Absatzes auf dem inländischen Markt durch gezielte Marketingstrategien

- Molkereien und Politik sind aufgefordert alle Instrumente zu nutzen, um ein schlagkräftiges Exportmarketing aufzubauen



4. Verbesserung der Wertschöpfung

Molkereien müssen ihre Marktposition festigen und ausbauen.

Strukturentwicklung des Molkereisektors ist inklusive der Gründung von Vertriebs- und Einkaufsgemeinschaften voranzutreiben.

Durch die Entwicklung neuer, innovativer Produkte, aber auch durch die Platzierung von regionalen Produkten ist das vorhandene Marktpotenzial besser auszunutzen.

Stopp des zerstörerischen Preiskampfes im Lebensmitteleinzelhandel. Das Kartellamt muss die Marktdominanz des hochkonzentrierten Lebensmitteleinzelhandels überprüfen, um faire Marktbedingungen für deutsche Molkereien und Milcherzeuger sicherzustellen.

Der Lebensmitteleinzelhandel muss sich gerade in dieser schwierigen Marktsituation zu seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette bekennen.

Der Deutsche Bauernverband und die Landesbauernverbände werden diese Forderungen auf allen Ebenen an Politik und Wirtschaft herantragen. Die Milchviehhalter wissen, dass es jetzt keine einfache Lösung zur Verbesserung der Marktlage gibt. Umso wichtiger ist es, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es bei einer Trendwende am Markt schnell zu einem spürbaren Aufschwung für die Erzeuger kommt. Die anstehenden Kontraktverhandlungen zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Molkereien dürfen daher nicht zu erneutem Preisdruck führen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 3. April 2009
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 239
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2009