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LANDWIRTSCHAFT/1464: Mehr Beachtung für Leguminosen - Bohne, Erbse und Co (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 343 - April 2011
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Bohne, Erbse und Co
AbL-Projekt soll helfen, Leguminosen wieder mehr Beachtung zu verschaffen

Von Christoph Dahlmann


"Vom Acker in den Futtertrog" - für eine zukunftsweisende Eiweißfutterversorgung für Nordrhein-Westfalen, so heißt ein im März gestartetes Projekt der AbL-NRW. Der hohe Eiweißfuttermittelbedarf in Europa, speziell in der Tierernährung, und der nur noch geringe Eigenanbau von Eiweißfutterpflanzen haben zu einem Importanteil von über 75 Prozent in diesem Bereich geführt.


Dramatischer Anbaurückgang

Der Anbau von Körnerleguminosen ist seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. Sind Arten wie Ackerbohne, Erbse und Lupine noch im Jahr 2003 mit über 200.000 ha auf deutschen Ackerflächen angebaut worden, so beträgt die Anbaufläche jetzt nur noch etwa 100.000 ha. Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig, aber nicht immer nachvollziehbar. So dezimieren Leguminosen Krankheiten und Ungräser in wintergetreidebetonten Fruchtfolgen. Durch ihre Fähigkeit, Luftstickstoff zu fixieren, besitzen sie einen sehr guten Vorfruchtwert. Dies gilt für den ökologischen wie für den konventionellen Landbau. Wie konnte es trotz dieser pflanzenbaulichen Vorteile zu einem so erheblichen Anbaurückgang kommen? Im ökologischen Landbau haben Leguminosen immer eine wichtige Rolle innerhalb der Fruchtfolge gespielt. Im Besonderen die Stickstofffixierung und bei mehrjährigem Klee- und Luzernegras auch die gute Unkrautunterdrückung stehen hier im Vordergrund. Da Stickstoff zumeist der limitierende Faktor im System ist, stabilisieren Kleegras, Ackerbohne und Co die Fruchtfolge. Körnerleguminosen werden aber auch im ökologischen Landbau immer seltener angebaut. So zeigt die Statistik, dass in 2008 nur noch 6,2 Prozent der Ackerfläche mit Körnerleguminosen bestellt waren.


Was sind Gründe?

Mögliche Gründe gibt es einige, am häufigsten genannt werden Probleme mit Fußkrankheiten, unterschiedliche Insekten, nicht ausreichende Unkrautunterdrückung, Wildschäden, Lagerneigung sowie schwankende Erträge. Die schwankenden Erträge, die aus den jeweiligen genannten Krankheiten bzw. pflanzenbaulichen Problemen rühren können, treten von Betrieb zu Betrieb in unterschiedlicher Intensität auf. Fakt ist aber auch, dass einiges den Körnerleguminosen "unterstellt" wird. So zeigen zum Beispiel Erntestatistiken aus 14 Jahren einen Variationskoeffizienten von 11 Prozent. Im Vergleich dazu hatte Winterweizen in dieser Erhebung einen Koeffizienten von 8 Prozent, Winterraps einen von 14 Prozent.


Sehr gute Vorfruchtwirkung

Bekannt ist auch die sehr gute Vorfruchtwirkung von Ackerbohne, Erbse und Lupine. Dies ist auch in der Praxis unumstritten, wie eine Umfrage aus dem Jahr 2005 zeigt, bei der 98 Betriebsleiter den Körnerleguminosen einen Effekt auf die Nachfolgefrucht Winterweizen von 8 bis 11 dt/ha anrechneten.

Dass die Körnerleguminosen aus konventionellen Fruchtfolgen so gut wie verschwunden sind liegt wohl hauptsächlich an den bislang preiswerten Sojaimporten, dessen guten Eiweißqualitäten und einem eingeschränkteren Spektrum an Pflanzenschutzmitteln gegenüber den klassischen Kulturarten. Erschwerend kommt hinzu, dass in viehintensiven Regionen Pflanzenarten, die zusätzlich Stickstoff ins System bringen, nicht ins Konzept passen. Aber letztendlich geht alles über den Preis. Seitdem die Sojapreise auf einem relativ hohen Niveau liegen, wird auch in der top agrar wieder über die Möglichkeit der Erbsenverfütterung in der Schweinemast geschrieben. Hier wird der Erbse ein Marktpreis von gut 27 angerechnet, wenn die Notierungen von Soja bei 35 und die von Weizen bei 20 liegen. Fakt ist aber auch, dass man vergeblich nach Notierungen für regionale Körnerleguminosen in den landwirtschaftlichen Wochenzeitungen sucht. Sprich, es gibt keinen "offiziellen" Markt.


Förderungen

Bestrebungen, die Leguminosen in der Fruchtfolge, aber auch in der Fütterung zu halten, hat es immer mal wieder gegeben. Speziell in Nordrhein-Westfalen wird noch einigen der Verein zur Förderung des Anbaus und der Verwertung von Hülsenfrüchten e.V. in guter Erinnerung sein. In den späten 1980ern wurde über diesen Verein eine Art Selbstverwertungsprämie von Körnerleguminosen für die Landwirte gesichert, die sonst nur Großabnehmer und Verarbeiter von Leguminosen einstrichen. Häufig wird gefordert, die Situation mit Förderprogrammen für Leguminosen zu wenden: Mit zunehmendem Anbau könnten sich effiziente Vermarktungswege entwickeln, die Erlöse entsprechend dem Futterwert steigen, der züchterische Fortschritt stimuliert und die Produktionstechnik optimiert werden.


Frankreich subventioniert

So war es bei der massiven "Anschubfinanzierung" für die Öl- und Eiweißpflanze Körnerraps, so ist es bei Energiepflanzen, so könnte es auch bei einem stärkeren Engagement für die Leguminosen sein. Momentan werden in Nordrhein-Westfalen 55 €/ha an Eiweißbeihilfe gezahlt. Über die Agrarumweltmaßnahme "Vielfältige Fruchtfolgen" ist der Anbau von mindestens 7 Prozent Leguminosen eine Bedingung, um die Förderhöhe von 65 €/ha für die Gesamtackerfläche zu erhalten. Ähnliches gibt es zum Teil auch in anderen Bundesländern - bisher ohne durchschlagenden Erfolg. In Frankreich hat die zusätzliche Subventionierung seit 2010 in einer Höhe von ca. 100 €/ha zu einer sprunghaften Ausdehnung der Anbaufläche geführt.


Was tun?

Der Bundesvorstand der AbL geht einen anderen Weg: Statt spezieller Förderungen von Eiweißpflanzen schlägt er vor, die Direktzahlungen ab dem Jahr 2014 an einen Mindestanteil Leguminosen von 20 Prozent an der Ackerfläche zu binden. Der Landesverband NRW der AbL verbindet die agrarpolitischen Forderungen in einem neuen Projekt damit, die jetzt schon vorhandenen Vorzüge der Leguminosen verstärkt in die Öffentlichkeit zu bringen, pflanzenbauliche Probleme in Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis zu lösen, die Absatzwege zu stärken und Züchtungsinitiativen zu unterstützen, um eine gentechnikfreie Eiweiß(futter)-Versorgung sicher zu stellen. In diesen Bereichen arbeitet das Projekt und möchte so einen Beitrag zu einer veränderten Eiweißstrategie seitens der herrschenden Agrarpolitik erreichen.


Christoph Dahlmann, Projektleiter

Weitere Informationen bei Christoph Dahlmann: dahlmann@abl-ev.de


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 343 - April 2011, S. 7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2011