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FORSCHUNG/659: ETH Zürich entwickelt neue Analysemethode für Melamin (idw)


Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) - 19.01.2009

ETH Zürich entwickelt neue Analysemethode für Melamin

Chemiker der ETH Zürich haben eine neue Analysemethode für die Massenspektrometrie entwickelt, mit der sich Melamin in Milch innerhalb von 30 Sekunden nachweisen lässt.


Die Entrüstung war gross, als bekannt wurde, dass in China tausende von Babys wegen Nierenproblemen stationär behandelt werden mussten, weil sie mit Melamin verunreinigte Milch bekommen hatten. Melamin ist ein weisses Pulver, das normalerweise zur Produktion von Kunstharzen oder als Zusatz in Düngemitteln verwendet wird. Die Milchpanscher in China machten es sich zunutze, dass als Garant für die Milchqualität anstelle des Proteingehaltes lediglich der Stickstoffanteil bestimmt wird. Fügt man der Milch Melamin zu, so steigt der Stickstoffgehalt, weil ein einziges Melamin-Molekül sechs Stickstoffatome trägt. Kommt die Chemikalie in hoher Konzentration vor und verbindet sie sich mit Cyanursäure, welche als Desinfektionsmittel verwendet wird, so bildet sie unlösliche Kristalle, die im Körper zu Nierensteinen werden.

Analyseergebnis in 30 Sekunden

Der Skandal in China unterstrich die Notwenigkeit, Melamin rasch mit einer zuverlässigen Analysemethode nachweisen zu können. Renato Zenobis Gruppe am Laboratorium für Organische Chemie der ETH Zürich ist auf Massenspektrometrie spezialisiert und hat bereits Verfahren zur Bestimmung von Gammelfleisch (siehe Medienmitteilung vom 7.9.2007) und Pestizidrückständen in Lebensmitteln vorgestellt. In der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftspublikation "Chemical Communications" beschreibt Professor Zenobi eine neue, auf Massenspektrometrie basierende Methode, um den Melamingehalt in Milch zu bestimmen.

Die Massenspektrometrie ist ein Standardverfahren in der analytischen Chemie, bei der geladene Moleküle eines Probegemisches anhand ihres Molekulargewichts bestimmt werden. Bei der von der Zenobi-Gruppe entwickelten Extractive Electrospray Ionisation (EESI) wird das Probegemisch in Form eines Aerosols oder einer feinen Dispersion in einen konventionellen Elektrospray, der jedoch nur mit einem reinen Lösungsmittel betrieben wird, eingeleitet. Dabei werden die erzeugten Tröpfchen der Probe extrahiert und gleichzeitig ionisiert. Im Fall der Milch muss die Probe durch Ultraschall zuerst noch fein zerstäubt werden, so dass diese vom Elektrospray in das Massenspektrometer mitgerissen wird. "Mit der durch Ultraschall unterstützten EESI-Massenspektrometrie können wir Milch direkt, ohne vorgelagerte Aufarbeitungsschritte analysieren", erläutert Zenobi. Mit Standard-Analysemethoden benötigte ein Analytiker bislang zwischen 20 und 60 Minuten zum Bestimmen des Melamingehalts in einer Milchprobe. Mit dem neuen ETH-Verfahren benötigt man dazu noch 30 Sekunden.

Tragbares Analyse-Gerät

Momentan arbeitet seine Gruppe daran, die Methode für eine Nutzung im Feld weiterzuentwickeln. Den Wissenschaftlern schwebt ein tragbares Gerät vor, mit dem der Melamin-Gehalt direkt bei der Milchverarbeitung, zum Beispiel beim Abfüllen, gemessen werden könnte. "Die verkürzte Analysezeit löst einen Teil des Problems. Am meisten Zeit - und damit auch Geld - geht bei der gesamten Logistik rund um die Probenahme verloren", erklärt Zenobi den wesentlichen Vorteil eines solchen Analysegeräts. Noch liegen ihm keine direkten Anfragen zur Verwertung der Technologie vor. Handliche Analysegeräte, die auf dieser Methode beruhen, könnten in Zukunft aber dazu beitragen, verunreinigter Milch schneller auf die Spur zu kommen.

Originalbeitrag:
Liang Zhu, Gerardo Gamez, Huanwen Chen, Konstantin Chingin and Renato Zenobi: Rapid detection of melamine in untreated milk and wheat gluten by ultrasound-assisted extractive electrospray ionization mass spectrometry (EESI-MS). Chem. Commun.; 2009; 5. DOI: 10.1039/b818541g

Weitere Informationen unter:
http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/090119_Zenobi_Melanin/index
(ETH Life Bericht)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution104


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich),
Franziska Schmid, 19.01.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2009