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GEWERKSCHAFT/263: Schleswig-Holstein - Zuständigkeit für Berufsbildende Schulen gehört nicht ins Wirtschaftsministerium (GEW)


Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - 7. September 2018

GEW: "Kein SHIBB ins Wirtschaftsministerium - beispiellose Aufspaltung der Zuständigkeiten!"

Bildungsgewerkschaft zu den Plänen der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, die Zuständigkeit für Berufsbildende Schulen mit einem Institut ins Wirtschaftsministerium zu verlagern


Frankfurt a. M./Kiel - Die Zuständigkeit für die Berufsbildenden Schulen des Landes Schleswig-Holstein gehört nicht ins Wirtschaftsministerium. Bestärkt sieht sich die ewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Schleswig-Holstein in ihrer Forderung durch das Gutachten "Berufsbildende Schulen steuern" (www.gew-sh.de/shibb) des renommierten Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Michael Wrase (Hildesheim/Berlin).

Folglich hat die GEW Schleswig-Holstein die Landesregierung aufgefordert, die Zuständigkeit weiterhin beim Bildungsministerium zu belassen. "Es ist auch aus Sicht des Verfassungsrechts bedenklich, dass die Landesregierung den historisch einmaligen und bislang im Schulgesetz nicht vorgesehenen Schritt zur Aufspaltung der Zuständigkeiten der Schulaufsicht über die allgemeinbildenden und die berufsbildenden Schulen ohne eine vorherige unabhängige und ergebnisoffene bildungs- und organisationswissenschaftliche Begutachtung vornehmen möchte", heißt es u.a. in dem Gutachten.

"Wir haben genug von politischen Experimenten à la G8/G9 auf dem Rücken von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern. Die Landesregierung soll es bei den bewährten Strukturen im Bildungsministerium belassen. Berufliche Schulen und allgemeinbildende Schulen gehören in ein Ministerium", fordert Astrid Henke, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Schleswig-Holstein. Wolle die schleswig-holsteinische Landesregierung die Berufliche Bildung in einem Schleswig-Holsteinischen Institut für Berufliche Bildung (SHIBB) zusammenfassen, so komme als Rechtsform die eines Landesamts infrage, so der Befund des Gutachtens.

"Die proklamierten Ziele des SHIBBs - die Bündelung der Fragen beruflicher Bildung sowie die effiziente Aufgabenwahrnehmung - können höchstens im Zuständigkeitsbereich des MBWK erreicht werden", zitiert die Gewerkschafterin aus dem Gutachten. Sie verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass für die Errichtung kein reiner Organisationsakt der Landesregierung ausreiche, sondern es eines Parlamentsgesetzes durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag bedürfe.

"Die beabsichtigte Verlagerung der Zuständigkeit für die berufsbildenden Schulen vom Bildungs- ins Wirtschaftsministerium wäre bundesweit einzigartig", so Ansgar Klinger, im GEW Hauptvorstand für Berufliche Bildung zuständig. "Sie widerspricht in gewisser Weise dem Gedanken der klassischen Dualität beruflicher Bildung, wonach die Schule der betrieblichen Ausbildung in dem Sinne komplementär gegenübertritt, dass sie neben der betrieblichen Ausbildung gerade eine berufsübergreifende und allgemeine Bildung vermittelt, welche sie gegenüber den Verwertungsinteressen der Wirtschaft absichert", zieht er das Gutachten heran. Diese beispiellose Aufspaltung führe für Schleswig-Holstein auf Bundesebene zu einem erheblichen Repräsentationsproblem in der Kultusministerkonferenz.

Ansgar Klinger: "Bildungsministerin Karin Prien und Wirtschaftsminister Buchholz dürfen dann in Zukunft immer gemeinsam zur Kultusministerkonferenz reisen. Der Wirtschaftsminister vertritt das Land bei Fragen der berufsbildenden Schulen, während die Bildungsministerin weiterhin Repräsentantin für die Angelegenheiten der allgemeinbildenden Schulen bleibt. Und bei Fragen, die alle Schulen betreffen, dürfen sich beide für das Land zu Wort melden. Selbst wenn man Vertretungs- und Koordinationsmöglichkeiten findet, ist dies mit erheblichem Mehraufwand verbunden und damit völlig unverhältnismäßig."

An den aufwendigen Koordinierungsbedarf zwischen den Ministerien knüpft auch Astrid Henke bei ihrer Kritik an: "Alle reden von Bürokratieabbau. Hier wird nun aber gezielt Bürokratieaufbau betrieben. Koordinierungsbedarf, Mehraufwand, inhaltliche Probleme sind vorprogrammiert. Dies betrifft Fachanforderungen und schulaufsichtliche Vorgaben für die zu vergebenden Schulabschlüsse genauso wie sämtliche Erlasse des Bildungsministeriums MBWK zu pädagogischen und schulorganisatorischen Fragen, die allgemein- und berufsbildende Schulen gleichermaßen betreffen."


Info:
Die schleswig-holsteinische Landesregierung will die Berufliche Bildung in einem Schleswig-Holsteinischen Institut für Berufliche Bildung (SHIBB) zusammenfassen und die Zuständigkeit für die Gründung eines Schleswig-Holsteinischen Instituts für Berufsbildung (SHIBB) in den Verantwortungsbereich des Wirtschaftsministeriums übertragen. Die GEW hat heute die Vorabfassung des von der Max-Traeger-Stiftung in Auftrag gegebenen Gutachtens "Berufsbildende Schulen steuern. Verfassungs- und organisationsrechtliche Vorgaben für die Ausgestaltung eines Schleswig-Holsteinischen Instituts für Berufliche Bildung (SHIBB)" (www.gew-sh.de/shibb) vorgestellt. Es gibt klare Auskunft auf die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der infrage kommenden Rechtsformen eines SHIBBs und dessen organisatorische Ausgestaltung. Außerdem bewertet es mögliche, letztlich mit dem SHIBB verbundene Zielsetzungen durch den Wechsel der Zuständigkeit vom Bildungs- in das Wirtschaftsressort der Landesregierung.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. September 2018
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
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Telefon: 069/78973-0, Fax: 069/78973-201
E-Mail: info@gew.de
Internet: www.gew.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2018

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