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LATEINAMERIKA/1131: Ecuadors Kreditschulden bei China wachsen - Investitionen fließen spärlich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2010

Ecuador: Kreditschulden bei China wachsen - Investitionen fließen jedoch spärlich

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 7. September (IPS) - Ecuador begibt sich in immer stärkere Abhängigkeit zum Wirtschaftsgiganten China. Nachdem der Andenstaat einen weiteren Kredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar aufgenommen hat, sind seine Schulden bei der Volksrepublik auf rund 2,7 Milliarden Dollar gestiegen.

Wie Finanzminister Patricio Rivera erklärte, wird das am 31. August mit Peking vereinbarten Darlehen nicht mit Erdöllieferungen gegenfinanziert, wie dies bei einem ähnlich hohen Kredit im letzten Jahr der Fall war. Das 2009 zu einem Zinssatz von 7,2 Prozent abgeschlossene Darlehen sieht vor, dass China im Gegenzug über einen Zeitraum von zwei Jahren täglich 96.000 Barrel Öl von Ecuador erhält. Quito kommt diesen Vereinbarungen seit August vergangenen Jahres nach.

Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) und die Weltbank heben die Vorteile der engen Beziehungen mit dem asiatischen Staat hervor. China sei es letztlich zu verdanken, dass die Länder Region weniger stark unter der globalen Finanzkrise gelitten hätten, hieß es. Der Chefökonom der Weltbank für Lateinamerika, der Ecuadorianer Augusto de la Torre, erklärte Ende August, dass sich die Region durch ihre Annäherung an China "gerettet" habe.

CEPAL gab in einem kürzlich veröffentlichten Bericht allerdings zu bedenken, dass die Beziehungen Ecuadors zu China hauptsächlich auf dem Verkauf von Rohstoffen basieren. So handelt es bei 94 Prozent aller ecuadorianischen Ausfuhren in die Volksrepublik um Erdöl.


200 Millionen Dollar für den Erdölsektor

Aus dem Büro von Präsident Rafael Correa ist zu erfahren, dass das südamerikanische Land 800 Millionen Dollar des neuen Kredits frei verplanen kann. Die übrigen 200 Millionen müssten in Projekte zur Weiterentwicklung des Erdölsektors investiert werden.

Die erste Rate des mit der chinesischen Entwicklungsbank ausgehandelten Darlehens zu einem jährlichen Zinssatz von sechs Prozent wird sechs Monate nach der Auszahlung fällig. Finanzminister Rivera zufolge wird der größte Teil des Kredites in die Finanzierung des Haushaltes gesteckt. Damit könnten wichtige Projekte umgesetzt werden.

Für Vicente Albornoz, Leiter der Wirtschaftsberatungsfirma Cordes, ist nicht nachvollziehbar, warum die Regierung finanziell nicht über die Runden kommt, obwohl die Erdölpreise und die Steuereinnahmen so hoch sind wie nie zuvor. "Die Staatsausgaben haben sich im Vergleich zu 2006, als Correa sein Amt antrat, verdoppelt", rechnet der Experte vor. "Dieser Anstieg ist gigantisch." Es gebe mehr Staatsbedienstete als früher, die überdies mehr verdienten. Auch die laufenden Staatsausgaben und die Investitionen hätten sich deutlich erhöht.

Angesichts der fallenden Ölpreise dürfte sich die Situation für Ecuador verschlechtern. In der ersten September war ein Barrel des von dem Land exportierten Oriente-Erdöls weniger als 65,63 Dollar wert. Von diesem Preis war die Regierung bei der Berechnung des diesjährigen Haushalts ausgegangen.

Ecuador ist in diesem Jahr aber noch weitere Verpflichtungen gegenüber Peking eingegangen. Im Juni hatte das Land einen Kredit von mehr als 1,6 Milliarden Dollar aufgenommen, der in einem Zeitraum von Jahren abbezahlt werden muss. Mit dem Geld sollen 85 Prozent der Baukosten für das riesige Wasserkraftwerk 'Coca Codo Sinclair' am Rande des Amazonas-Urwalds bestritten werden.


Warten auf die Mittel

Die chinesische Eximbank hat die Summe bisher aber noch nicht ausgezahlt. Die ecuadorianische Regierung hingegen stellte bereits die zweite Tranche von 49,4 Millionen Dollar bereit. Das südamerikanische Land wird insgesamt 296,9 Millionen Dollar zu dem Projekt beisteuern.

Weitere Geschäfte mit China sind schon geplant. Der stellvertretende Außenhandelsminister Galo Borja kündigte an, dass ein chinesisches Unternehmen rund drei Milliarden Dollar in die Förderung von Bodenschätzen, insbesondere Kupfer, investieren will.

Experten wie Albornoz sind jedoch skeptisch: "Ich glaube das erst, wenn die erste Rate tatsächlich gezahlt worden ist", sagte der Ökonom. "Die Regierung spricht seit Jahren von großartigen Investitionen Chinas. Bis jetzt ist aber noch kein einziger Cent davon angekommen. Dafür hat sich der Staat chinesische Darlehen aufgehalst." (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.eclac.org/
http://www.worldbank.org/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010