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LATEINAMERIKA/1126: Peru - Sonderstaatsanwalt sucht nach veruntreuten Gelder der Fujimori-Ära (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. August 2010

PERU: Sonderstaatsanwalt auf der Suche nach veruntreuten Gelder der Fujimori-Ära

Von Angel Páez


Lima, 31. August (IPS) - Peru will die mehr als 300 Millionen US-Dollar zurück, die unter Ex-Präsident Alberto Fujimori (1990-2000) veruntreut wurden. Ein neuer Sonderstaatsanwalt mit außerordentlichen Vollmachten steht nun vor der schwierigen Aufgabe, den Verbleib der Gelder zu klären und sie dem Staat wiederzubeschaffen.

Die Schadenersatzforderungen belaufen sich auf insgesamt 322,9 Millionen Dollar. Sie entsprechen dem Betrag, den die Justiz Fujimori und anderen wegen Korruption verurteilten ehemaligen Staats- und Regierungsvertreten als Reparationszahlung auferlegt hat. Doch wie aus Kreisen des Rats für den rechtlichen Schutz des Staates (CDJE) zu hören ist, wurden die Vermögen Strohmänner überschrieben, um die Spuren zu den Geldern zu verwischen.

Fujimori schuldet den peruanischen Staat demnach rund 2,8 Millionen Dollar. Der ehemalige Präsident ist bereits wegen Telefonspionage, der Bestechung oppositioneller Parlamentarier und der Verwendung öffentlicher Gelder für seinen Wahlkampf 2000 verurteilt worden. Außerdem wurde er für schuldig befunden, weitere 15 Millionen Dollar aus der Staatsschatulle für seinen Berater und Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos abgezweigt zu haben.

Die Behörden wollen außerdem den Verbleib von rund 700.000 Dollar klären, die Fujimori beim Verkauf einer Immobilie 1998 eingestrichen hatte. Die Transaktion war nach Angaben des Justizministeriums illegal abgelaufen. Um die Unregelmäßigkeiten zu vertuschen, soll Fujimori seiner im japanischen Exil lebenden Schwester Rosa Fujimori einen Scheck über 150.000 Dollar ausgestellt haben.

Seine vier Kinder Keiko, Hiro, Sachi und Kenyi erhielten offiziell jeweils 84.000 Dollar - angeblich, um davon ihre Studien in den USA zu finanzieren. Diese Gelder jedoch sind nach Angaben des Obersten Rechnungshofes Perus auf Konten in Nordamerika und Japan gelandet. Der Verbleib der restlichen Summe ist unklar.


Posten des neuen Sonderstaatsanwalts in der Kritik

Die Einsetzung des neuen Sonderstaatsanwalts Julio Roca ist allerdings umstritten. Nach Ansicht von Carlos Rivera vom Institut für Rechtsverteidigung (IDL) hätte der Chef der Staatsanwaltschaft zur Aufklärung von Korruptionsfällen, Pedro Gamarra, mit der Aufgabe betraut werden müssen.

Auf jeden Fall wäre es sinnvoller gewesen, das Budget und das Personal der Korruptionsermittler aufzustocken, anstatt ein neues Amt für einen weniger erfahren Juristen einzurichten, meint Rivera. Er wirft Staatspräsident Alan García vor, in seiner Amtszeit den Etat für den Anti-Korruptionsstaatsanwalt immer weiter beschnitten und seine Kompetenzen eingeschränkt zu haben. Dennoch sei in der Zeit Geld aus Korruptionsgeschäften sichergestellt worden.

Gamarra äußerte indes Zweifel daran, dass die veruntreuten und versteckten Gelder in die Staatskassen zurückfließen werden. "Vermögen wird auf unterschiedlichen Wegen verborgen. Das erschwert die Aufgabe", sagte er IPS. Die neuen von der Regierung erteilten Vollmachten ermöglichten aber eine effizientere Suche nach dem fehlenden Geld.

Vladimir Montesinos schuldet dem Staat rund 60,7 Millionen Dollar, unter anderem wegen illegaler Waffengeschäfte mit der kolumbianischen Guerillabewegung FARC, der Veruntreuung von Geldern des peruanischen Geheimdienstes SIN sowie der Bestechung von Beamten. In Justizkreisen heißt es, das ein Teil des Vermögens auf ausländischen Konten unter falschen Namen lagert.


Krumme Geschäfte mit Israel

Der ehemalige Oberkommandierende der Streitkräfte, General Nicolás Hermoza Ríos, soll 5,5 Millionen Dollar Schadenersatz leisten. Die Behörden entdeckten geheime Schweizer Konten des einst nach Fujimori und Montesinos mächtigsten Mann im Staat. Das Geld stammt unter anderem aus illegalen Waffengeschäften mit Israel, für die Hermoza Provisionen erhielt.

Zudem wurde der frühere Wirtschaftsminister Víctor Joy Way zur Zahlung von 3,9 Millionen Dollar verurteilt. In der Amtszeit von Fujimori arbeitete Way mit chinesischen Waffenkonzernen zusammen, die zahlreiche Geschäfte mit dem peruanischen Militär machten. Nach sieben Jahr kam der Ex-Minister vor zwei Jahren wieder frei und unterstützt zurzeit die Präsidentschaftskandidatur von Fujimoris Tochter Keiko. Zu dem Kreis der Korrupten gehört außerdem der ehemalige Agrarminister Absalón Vásquez.

Doch nicht nur Politiker, sondern auch private Geschäftsleute haben sich schwerer Korruptionsdelikte schuldig gemacht. Der Fernsehunternehmer José Enrique Crousillat schuldet dem Staat 53,2 Millionen Dollar. Der frühere Eigentümer von 'América Televisión' befindet sich seit März vor der Justiz auf der Flucht, nachdem Staatschef García seine Begnadigung aufgehoben hatte. Laut Gamarra soll Crousillat Vermögen nach Miami und Argentinien geschafft haben. (Ende/IPS/ck/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2010