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ASIEN/934: Sri Lanka - Regierung will eigenes Tribunal zur Aufklärung von Kriegsverbrechen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Februar 2015

Sri Lanka: Eigenes Tribunal zur Aufklärung von Kriegsverbrechen - Regierung bemüht sich um Rückhalt von UN und USA

von Thalif Deen



Bild: © Amantha Perera/IPS

Nach dem Bürgerkriegsende waren tausende Touristen in die ehemalige srilankische Kriegsregion geströmt, doch inzwischen bleiben sie weg
Bild: © Amantha Perera/IPS

New York, 9. Februar (IPS) - Sri Lankas neue Regierung, die die Einrichtung eines eigenen Tribunals zur Untersuchung von Kriegsverbrechen angekündigt hat, bemüht sich um politische und moralische Unterstützung der Vereinten Nationen und von den USA, um internationale Ermittlungen zu verhindern. Außenminister Mangala Samaraweera wird in dieser Woche entsprechende Gespräche mit seinem US-Amtskollegen John Kerry und UN-Chef Ban Ki-moon in New York führen.

Die USA waren die treibende Kraft hinter der im März vom UN-Menschenrechtsrat angenommenen Resolution, einen UN-Untersuchungsausschuss unter Leitung des ehemaligen finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari einzuberufen. Das Gremium soll die Vorwürfe, dass es in der Endphase des Jahrzehnte währenden Bürgerkrieges zwischen srilankischer Regierung und Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) zu schweren Gewalttaten, Menschenrechtsverstößen und anderen kriminellen Handlungen gekommen ist, aufklären.

Im Verlauf seines New-York-Besuchs wird der srilankische Außenminister auch mit Vertretern der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW) zusammenkommen. Zu dem Vorschlag des südasiatischen Landes, einen eigenen Strafverfolgungsmechanismus zu schaffen, meinte der HRW-Asien-Direktor Brad Adams: "Wir rechnen nicht damit, dass die Regierung ernstzunehmende Ermittlungen vornehmen wird."

Seine Skepsis begründete er damit, dass der srilankische Armeechef Sarath Fonseka, der die Streitkräfte 2009 zum Sieg gegen die LTTE geführt hatte, als Mitglied der derzeitigen Regierung jeden Aufklärungsversuch politisieren werde. "Die Vereinten Nationen sollten Dreh- und Angelpunkt des Aufklärungsprozesses bleiben", meinte Adams, der gleichzeitig die Bereitschaft Samaraweeras, mit HRW zu sprechen, als "ermutigend" begrüßte.

David Griffiths, Vizechef der Asien/Pazifik-Abteilung bei 'Amnesty International', sprach indes von "wichtigen Zusagen", die Staatspräsident Sirisena gemacht habe. So hatte dieser versprochen, die Rechtstaatlichkeit im Lande wiederherzustellen und die Vorwürfe über schwere Menschenrechtsverbrechen von einer srilankischen Instanz untersuchen zu lassen.


Voraussetzungen

"Diese wichtigen Zusagen sind willkommen, vorausgesetzt, dass die Untersuchungen unverzüglich und verlässlich durchgeführt werden. Sie müssen unabhängig sein und mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden", so Griffiths. Außerdem gelte es für einen wirksamen Zeugenschutz zu sorgen und in Fällen, in denen genügend Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verfolgung vorlägen, Verfahren einzuleiten.

Griffiths zufolge kann Sri Lanka auf eine lange Geschichte wirkungsloser Ad-hoc-Untersuchungsausschüsse zurückblicken. Auch diesem negativen Vermächtnis der Straflosigkeit müsse sich die neue Regierung annehmen. Eine Rechenschaftspflicht gegenüber der internationalen Gemeinschaft oder eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen könnten diesbezüglich hilfreich sein. Das bisher schlechte Verhältnis der srilankischen Regierung gegenüber den Vereinten Nationen sei ungesund und unproduktiv. Dass sich die neue Regierung nun dazu bereit erklärt habe, der Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtshochkommissariat (OHCHR) Priorität einzuräumen, sei ein gutes Zeichen.

Die srilankische Regierung hat sich in relativ kurzer Zeit zu einer Vielzahl wichtiger Reformen bereit erklärt. Internationale Expertise und technische Zusammenarbeit könnten das Land bei der Umsetzung ihrer Vorhaben, insbesondere in den Bereichen Wahrheitsfindung, Entschädigung und Gerechtigkeit, unterstützen. "Amnesty International kann nicht oft genug die Bedeutung hervorheben, die Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen spielt", fügte er hinzu.

Im letzten Jahr hatte der UN-Flüchtlingshochkommissar Zeid Ra'ad Al Hussein die damalige Regierung für ihre Weigerung kritisiert und verurteilte die Versuche, Zeugen mundtot zu machen, "als Affront gegenüber dem UN-Menschrechtsrat", der die Untersuchung angeordnet hatte. Die Weigerung werfe Zweifel an der Integrität der Regierung auf, konstatierte er. Der Bericht des UN-Panels soll dem UN-Menschenrechtsrat im März vorliegen. Sri Lanka bemüht sich derzeit um Aufschub. (Ende/IPS/kb/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/02/sri-lanka-seeks-u-s-u-n-backing-for-domestic-probe-of-war-crimes-charges/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2015

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