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ASIEN/736: Indien - "In Pakistan finden Terroristengruppen immer ein Versteck" - Regierung sieht sich bestätigt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Mai 2011

Indien: "In Pakistan finden Terroristengruppen immer ein Versteck" - Regierung sieht sich bestätigt

Von Ranjit Devraj


Neu-Delhi, 4. Mai (IPS) - Mit der Exekution Osama bin Ladens durch ein US-Kommando ist in Indien die Bedrohung durch Terrororganisationen keineswegs gebannt. Wie Innenminister P. Chidambaram vor der Presse erklärte, muss auch weiterhin mit Anschlägen lokaler militanter islamistischer Gruppen wie 'Lashar-e-Toiba' (LeT), 'Jaish-e-Mohammed' (JeM) und der in Kaschmir operierenden 'Hizbul Mujahideen' (HM) gerechnet werden. "In Pakistan finden Terroristen verschiedener Organisationen auch weiterhin einen Unterschlupf", so der Minister.

Im November 2008 hatte ein Kommando pakistanischer Kämpfer in der westindischen Millionenmetropole Mumbai ein Blutbad angerichtet. 170 Menschen starben, und das schwierige Auf und Ab der indisch-pakstanischen Beziehungen erreichte einen neuen Tiefpunkt. Dabei hatte die Regierung in Islamabad nachdrücklich versichert, sie habe mit dem Angriff ebenso wenig zu tun wie mit einer Reihe in früheren Jahren in Indien begangener Attentate.

"Dennoch beschuldigt Indien die Armee und den berüchtigten Geheimdienst (ISI) des Nachbarlandes, in den verheerenden Anschlag verwickelt zu sein", sagte Happymon Jacob, Professor am Zentrum für internationale Politik, Organisation und Abrüstung der School of International Studies an der Jawaharlal-Nehru-Universität in Neu Delhi.

Es könne nicht überraschen, dass bin Laden schließlich in einem Versteck aufgespürt und getötet wurde, das offenbar dem pakistanischen Geheimdienst untersteht, meinte der Politologe. "Schließlich hatten die USA vor zehn Jahren während der Invasion in Afghanistan viele tausend Talibanführer und -kämpfer vom pakistanischen Militär aus der belagerten Stadt Kundus ins sichere Pakistan ausfliegen lassen."

Damals protestierte die indische Regierung, weil sie befürchtete, die ausgeflogenen Taliban könnten sich in der Kaschmirregion neu aufstellen und in dem von Indien und Pakistan beanspruchten Kaschmir die Kämpfe zwischen Armee und Rebellen wieder aufflammen lassen.

"Indien kann Pakistan zwar nicht unter Druck setzen, doch die Regierung kann die Amerikaner darauf verweisen, dass sie seit langem vor Terrorgruppen warnt, die sich unbehelligt in Pakistan aufhalten", meinte Rajeswari Rajagopal, eine Strategie-Expertin der indischen Denkfabrik 'Observer Research Foundation'. "Auch jetzt ist nicht zu erwarten, dass Indiens meistgesuchte Terroristen, die sich vermutlich in Pakistan aufhalten, dort verhaftet werden", stellte die Analystin fest.


Pakistan stärker im Blick behalten

"Vielleicht aber nimmt man jetzt in Washington Bemühungen Indiens zur Kenntnis, das den USA empfohlen hat, ihre Verbündeten im Anti-Terror-Krieg genauer unter die Lupe zu nehmen", meinte der Politologe Jacob.

Seine Kollegin Rajagopal sagte IPS, nach bin Ladens Tod könne Washington nach einem vorzeitigen Rückzugsszenario für Afghanistan suchen. Damit würde Pakistan, wie vor dem Krieg, über die Taliban wieder mehr Einfluss auf Afghanistan gewinnen. Für Indien sei es jedoch problematischer, dass nach dem Rückzug der USA aus Afghanistan die Chinesen dort an Einfluss gewinnen, gab sie zu bedenken.

"In Indiens Diplomatie spielt Pakistan eine Schlüsselrolle", betonte sie. Dabei setze die Regierung gegenüber dem Nachbarland auf vielschichtige, häufig sogar widersprüchliche Strategien, wie man an den Einlassungen des Außen- und des Innenministeriums erkenne. "Für das Außenministerium spielt das Verhältnis zur politischen und militärischen Führung Pakistans die entscheidende Rolle, doch das Innenministerium ist für die Sicherheit im eigenen Land verantwortlich. Daran hat auch Innenminister Chidambaram mit seiner jüngsten, scharfen Erklärung keinen Zweifel gelassen." (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2011