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ASIEN/723: Südostasien - Laos-Staudammpläne belasten Freundschaft zu Bruderstaat Vietnam (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. März 2011

Südostasien: Laos-Staudammpläne belasten Freundschaft zu Bruderstaat Vietnam

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 4. März (IPS) - Der erste Staudamm am Unterlauf des Mekong droht das besondere Freundschaftsband zwischen den beiden langjährigen sozialistischen Bruderstaaten Laos und Vietnam zu zerreißen: Das kleine Laos verspricht sich von dem 1,3 Milliarden Dollar teuren Investitionsprojekt Einnahmen für die Bekämpfung der Armut, die ein Drittel der 5,8 Millionen Laoten betrifft. Vietnam hingegen befürchtet verheerende Folgen für Umwelt und Landwirtschaft.

Nach den Vorstellungen der Regierung Vientiane wird das von einem thailändischen Unternehmen gebaute Wasserkraftwerk nach seiner Fertigstellung 1.260 Megawatt Strom generieren. Der Großteil der Menge ist für den Export etwa nach Thailand bestimmt, das seinen Energiebedarf zu 95 Prozent aus ausländischen Quellen decken will.

Entstehen soll der Damm in einer idyllischen Hügellandschaft in der Provinz Xayaburi (oder Sayaboury) im Norden von Laos. Er werde die Frischwassermenge erheblich einschränken und in Vietnam zur Sedimentierung des Flusses führen, warnt 'Tuoi Tre', die von der Kommunistischen Jugendorganisation in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemaliges Saigon) veröffentlichte größte Zeitung des Landes. Negative Folgen für den Reisanbau und die Fischzucht des Landes seien abzusehen, warnte auch die 'Saigon Times'.

Auch vietnamesische Regierungsvertreter haben inzwischen ihre Stimme gegen die 32 Meter große und 820 Meter breite Staumauer erhoben. "Wird der Xayaburi-Damm gebaut, wird er größere Auswirkungen auf Vietnams Landwirtschaft und Aquakultur haben", sagte Umweltvizeminister Nguyen Thai Lai unlängst auf einem Treffen mit Mekong-Flussexperten.

Das sind neue Töne für ein Land wie Vietnam, das mit Laos eine lange Freundschaft verbindet. Im Freundschaftsabkommen von 1977 unterstreichen beide Staaten ihre 'besondere Beziehung'. Der Vertrag wurde im Anschluss an den verlustreichen Vietnamkrieg (1954-1975) geschlossen, aus dem Nordvietnam als Sieger über das US-gestützte Südvietnam hervorging. Kriegsschauplatz war Französisch-Indochina gewesen, zu dem auch Laos und Kambodscha gehörten.


"Vietnam hat sein Schweigen über den Damm gebrochen."

Die vietnamesische Kritik spiegele die Sorge und Meinung der Öffentlichkeit und der Regierung wider", sagte Nguy Thi Khanh, Vizedirektorin des Zentrums für Wasserressourcenschutz und -entwicklung, eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz im nordvietnamesischen Hanoi. Auch vietnamesische Wissenschaftler seien der Meinung, dass das Projekt gestoppt werden müsse. "Vietnam hat sein Schweigen über den Damm gebrochen."

Doch Laos denkt nicht daran, seine Pläne aufzugeben. "Wir sind zuversichtlich, dass das Xayaburi-Wasserkraftwerk keine größeren Auswirkungen auf den Mekong haben wird", heißt es in einer offiziellen Erklärung für die Mekong-Flussexperten aus den Ländern Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam im Vorfeld eines Treffens Ende März, das über den Xayaburi-Damm entscheiden wird.

Laos hat seine Nachbarn am Unterlauf des Mekong aufgerufen, seinem Vorhaben keine Steine in den Weg zu legen. Es gebe keinen Grund, den Zeitrahmen weiter auszuweiten noch Bedarf, das Vorhaben auf höherer ministerieller Ebene zu diskutieren, geht aus der Mitteilung an die Mekong-Flussexperten hervor.


Staudamm als diplomatischer Lakmustest

Der Damm könnte zum Umweltdiplomatietest der Länder am Unterlauf des Mekong werden, die alle vier der Mekong-Fluss-Kommission (MRC) angehören. Das zwischenstaatliche Gremium mit Sitz in der laotischen Hauptstadt Vientiane, das aus einem Abkommen von 1995 hervorging, ist um eine Entwicklung des Mekongbeckens im Einvernehmen aller Mitglieder bemüht. Jeder Plan, den Mekong zu stauen, macht eine Vorab-Untersuchung der Auswirkungen auf die anderen Flussanrainer erforderlich.

"Das ist das erste Mal, dass wir einen Vorab-Prüfprozess durchlaufen", meinte der MRC-Geschäftsführer Jeremy Bird. Länder haben kein Vetorecht, um den Bau von Dämmen in benachbarten Staaten zu verhindern, müssen jedoch im Vorfeld befragt werden.

Bisher wurde der 4.880 Kilometer lange Mekong, der vom Hochland in Tibet an Burma vorbei durch die vier MRC-Partnerländer fließt und im Südchinesischen Meer einmündet, an seinem Unterlauf noch nicht gestaut. Flussaufwärts hingegen, etwa dort, wo die Quellflüsse des Megkong zu einem Strom geeint im Süden Chinas ankommen, befinden sich vier Staumauern. Insgesamt sind acht Riesendämme geplant, was Umweltschützer und Chinas Nachbarstaaten gleichermaßen in Alarmbereitschaft versetzt.

Die negativen Auswirkungen der chinesischen Dämme auf die anderen Mekong-Anrainerstaaten wirken wie Wasser auf die Mühlen der lokalen Umweltorganisationen. So warnt die in Bangkok ansässige Vereinigung TERRA, dass der laotische Damm am Unterlauf des Mekong die Nahrungsmittelversorgung von 60 Millionen Menschen bedroht, die sich vom Fluss ernähren.

"Laos hat sich keinen Dienst mit seiner Weigerung erwiesen, die für den Xayaburi-Damm vorgenommene Umweltverträglichkeitsstudie öffentlich zu machen", meint der TERRA-Ko-Direktorin Premrudee Daoroung. Bisher behandelt die laotische Regierung die Studie als Geheimpapier. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.mrcmekong.org/
http://www.cwrdm.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54697

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2011