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AFRIKA/829: Inselstaatenpolitik Männersache - Frauen fordern Mitsprache ein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2010

Afrika: Inselstaatenpolitik Männersache - Frauen fordern Mitsprache ein

Von Nasseem Ackburally

Brigitte Rabemanantsoa Rasamoelina - Bild: Nasseem Ackburally/IPS.

Brigitte Rabemanantsoa Rasamoelina
Bild: Nasseem Ackburally/IPS
Port-Louis, 22. Juli (IPS) - "Anstatt ewig rumzujammern - warum gründest du nicht eine eigene Partei?" Herausgefordert durch die provokante Frage männlicher Kollegen gründete die Politikerin Brigitte Rabemanantsoa Rasamoelina im Februar in Madagaskar die 'Ampela Mano Politika'. Inzwischen zählt die Partei mehr als 5.000 Mitglieder.

Mit einem Anteil von 3,75 Prozent sind Frauen in der Politik des Inselstaates vor der Ostküste Mosambiks dennoch nahezu unsichtbar. Das Gleiche gilt auch für andere afrikanische Nachbarn im Indischen Ozean. So haben die Komoren lediglich einen Frauenanteil von drei Prozent. Auf Mauritius und den Seychellen liegt der Anteil immerhin schon bei 18 respektive 23,5 Prozent.

Der Wunsch nach politischer Gleichberechtigung brachte Rasamoelina und 30 andere Frauen aus der Region unlängst in Mauritius zusammen. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft der zwischenstaatlichen 'Indian Ocean Commission' und der Initiative 'Women in Politics' (WIP), die mauritischen Frauen zu mehr politischer Mitsprache verhelfen will.

In ihrem Land, so berichtete Rasamoelina auf dem Treffen, würden die 1.557 Regionalräte von lediglich 67 Frauen geführt, während an der Spitze der 22 madagassischen Regionen überhaupt keine Frau zu finden sei.

Die Tansania vorgelagerten Seychellen stehen in dieser Hinsicht besser da. Allerdings sind sie vom Ziel der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) noch weit entfernt, bis 2015 Frauen den Zutritt zur Hälfte der politischen Ämter zu verschaffen. Auf den Komoren, einem eher konservativ geprägten, muslimischen Land nordwestlich von Madagaskar, konnte eine einzige Frau ins Parlament einziehen.


Bremswirkung durch Traditionen

Rasamoelina macht für die Rückständigkeit ihres Landes im Bereich der politischen Gleichstellung vor allem Traditionen verantwortlich. Aus ihnen leiteten die Männer ihren politischen Führungsanspruch ab. "Wenn Bedarf an Unterstützung und Applaus besteht, dürfen wir Frauen nach vorne", kritisierte sie.

Rasamoelina ist überzeugt, dass eine höhere Zahl einflussreicher Politikerinnen den Frauen schneller zu politischer Mitsprache verhelfen würde. Frauenorganisationen in Madagaskar setzen sich dafür ein, dass der Anspruch auf Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen Eingang in die Landesverfassung findet.

In ihrem Heimatland würden Frauen nicht diskriminiert, auch religiöse und kulturelle Hindernisse seien nicht vorhanden, versicherte Linda William, Staatssekretärin im Sozialministerium der Seychellen. Den politischen Parteien gehe es in erster Linie darum, fähige Menschen ins Feld zu schicken. Bildung sei hier der Schlüssel.


Mangel an politischer Erfahrung

Im Vergleich zu den Seychellen ist die politische Partizipation der Frauen auf den Komoren gleich null. Politisches Engagement sei eine Frage des Selbstbewusstseins, meinte dazu Echati Chadhouli vom Nationalen Netzwerk für Frauenanwälte (RENAG). "Frauen steht es frei, in die Politik zu gehen und Karriere zu machen. Doch da sie politisch unerfahren sind, warten die Menschen vergeblich auf politische engagierte Frauen."

In dem französischen Überseegebiet La Réunion seien Männer ungern bereit, Macht an Frauen abzutreten, berichtete Nassimah Dindar, Vorsitzende des Allgemeinen Rates im Rang eines Regierungschefs. "Dass es ein Leichtes für Männer ist, dem Ruf politisch aktiver Frauen zu schaden, hält viele Frauen davon ab, sich politisch zu engagieren.

Aline Wong gehört zu den wenigen Frauen auf Mauritius, die von ihrer Partei, der regierenden Allianz der Zukunft, bei Parlamentswahlen aufgestellt wurde - wenn auch vergebens. Bis Frauen einen festen Platz in der Politik ihres Landes fänden, sei es noch ein langer Weg, sagte sie. "Die Partei braucht erfolgversprechende Kandidaten. Da Parteivorsitzende davon ausgehen, dass Frauen geringere Siegeschancen als Männer haben, werden sie seltener ins Rennen geschickt. "Uns Frauen fehlt eine Lobby."

Doch Bruno Woomed von WIP ist der Meinung, dass eine Gleichstellung der Frau in der Politik ohne entsprechende Gesetze und ohne eine Frauenquote unerreichbar bleiben wird. "Solange wir uns auf den guten Willen der politischen Parteien verlassen, wird sich nichts rühren."

Die Konferenzteilnehmerinnen haben sich zu Ziel gesetzt, mehr Frauen für die politische Arbeit zu mobilisieren. Ein Netzwerk von Frauen in Führungspositionen befindet sich bereits im Aufbau. Es soll dem Erfahrungsaustausch dienen und die Hürden und Erfolge im Kampf um politische Gleichberechtigung dokumentierten. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://www.coi-ioc.org/
http://www.winmauritius.net/index.php?langue=eng&rub=73
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52156

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2010