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AFRIKA/1269: Somalia - Entlassung von 700 Militärs schürt Ängste in Mogadischu (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. März 2014

Somalia: Entlassung von 700 Militärs schürt Ängste in Mogadischu

von Ahmed Osman


Bild: © Ahmed Osman/IPS

Somalische Soldaten am 23. Februar 2014 während einer Straßenpatrouille in Mogdischu
Bild: © Ahmed Osman/IPS

Mogadischu, 7. März (IPS) - In der somalischen Hauptstadt Mogadischu geht die Angst um, dass die unlängst geschassten 700 Soldaten zu einem ernsten Sicherheitsproblem werden könnten. Viele der Militärs, die vor dem Hintergrund einer Restrukturierung der Armee "von ihren Verpflichtungen entbunden wurden", sind nach wie vor bewaffnet.

Nach Aussagen des Chefs der somalischen Armee, General Dahir Khlif Elmi, handelt es sich bei den Entlassenen um Personen, die aus Altersgründen oder aufgrund einer Behinderung für den Militärdienst untauglich seien. Gleichzeitig versicherte er, dass sich die Regierung um die Betroffenen kümmern werde.

Doch kurz nachdem man sie vom Dienst suspendiert hatte, zogen die bewaffneten Militärs zu Hunderten auf die Straßen von Mogadischu, um gegen die Entlassungen zu protestieren. "Eine ganze Armee aus 700 bewaffneten Soldaten mit ihren Waffen auf die Stadt loszulassen, ist nicht nur gefährlich, sondern unverantwortlich", kritisierte der somalische Abgeordnete Ahmed Ahmed und warnte ferner vor der Gefahr, dass die entlassenen Soldaten zu den radikal-islamistischen 'Al Shabaab' überlaufen könnten.

Die Entlassungen fallen in eine Zeit, in der die Regierung und die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) Pläne über einen Militäreinsatz gegen die Al Shabaab bekannt gegeben haben.


Leichte Beute für Rebellen?

Der somalische Armeeoffizier a. D. Barre Farah sprach zwar von der Notwendigkeit, die somalische Armee zu modernisieren und zu professionalisieren, hält den Zeitpunkt für den Rausschmiss jedoch für unglücklich gewählt. "Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum die Armee diese Entscheidung gerade jetzt und auf diese Weise getroffen hat, zumal sie sich als sicherheitsgefährdend herausstellen und dem Feind in die Hände spielen könnte", erklärte er in Mogadischu gegenüber IPS.

Farah zufolge besteht durchaus eine realistische Gefahr, dass sich die gefeuerten Soldaten aus der Not heraus den Extremisten anschließen, was wiederum die geplante Vertreibung der Al Shabaab aus ihren Hochburgen in der Mitte und im Süden des Landes erschweren werde. Allerdings hält er die jüngsten Berichte, wonach sich einige der abgehalfterten Militärs bereits der Extremistengruppe angeschlossen haben, für unglaubwürdig.

Kurz nach der Entlassung der Soldaten brachten etliche Somalier ihre Sorgen über die Folgen zum Ausdruck. "Dies wird zweifellos dazu führen, dass die Unsicherheit in der Stadt und andernorts zunimmt. Schließlich haben die Soldaten keine andere Einkommensquelle, was uns alle sehr beunruhigt", meinte Hawa Ali aus Mogadischu.

Somalischen Regierungstruppen ist wiederholt vorgeworfen worden, außerhalb Mogadischus illegale Kontrollposten an den Durchgangsstraßen in Richtung Landesmitte und Süden aufgebaut zu haben, um die Menschen abzukassieren. Viele Somalier sind nun in Sorge, dass die entlassenen Sicherheitskräfte auf ähnliche Ideen kommen könnten.

Mohamed Ugaas, ein Lehrer aus Mogadischu, bezeichnete die Entscheidung, die Soldaten auf die Straße zu setzen, ohne sie zuvor entwaffnet zu haben, als "Rezept für Katastrophen".

Die Armee selbst gibt sich zugeknöpft. Bislang ist völlig unklar, warum die Soldaten mit Waffen nach Hause geschickt wurden. Jedoch meinte ein betroffener Armeeoffizier, der sich Anonymität ausbat, dass von den abservierten Militärs, auch wenn die meisten von ihnen ihre Waffen behalten durften, keine Bedrohung ausgehe. Keiner der 700 Kollegen habe sich den Al-Shabaab-Rebellen angeschlossen. Anderslautende Aussagen entbehrten jeder Grundlage.

"Wir sind zwar wütend über die Art und Weise, wie uns der Armeechef behandelt hat, doch ist das für niemanden von uns ein Grund, den Terroristen zu folgen, die wir seit Jahren bekämpfen", erklärte der Ex-Offizier. "Das wird nicht geschehen."


Hilfe bei der Integration ins zivile Leben gefordert

Wie er weiter erklärte, hofften die geschassten Soldaten auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft bei der Rückkehr ins zivile Leben, auf die die Betroffenen nicht vorbereitet worden seien. "Es ist wichtig, dass diejenigen von uns, die aufgrund ihres Alters oder von Behinderungen keine Arbeit finden, eine Rente erhalten oder versorgt werden. Und für all diejenigen, die gern arbeiten würden, müssten Jobs oder die Mittel bereitgestellt werden, damit sie ihr eigenes Geschäft starten könnten."

Wie der somalische Militäroffizier Yasin Jaylani erklärte, werde man sich der entlassenen Soldaten annehmen und zu diesem Zweck eine Behörde einrichten, die dies ermöglichen soll. "Sie werden doch nicht ernsthaft annehmen, dass die Armee ihre Mitglieder feuert, ohne einen Plan für deren Zukunft zu haben? Wir modernisieren die Armee, damit sie dem Land besser dienen kann." Auf die Frage, ob die Streitkräfte die Soldaten tatsächlich nicht entwaffnet haben, erklärte er, dass man sich mit der Angelegenheit befassen werde. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/02/somalias-sacked-soldiers-detrimental-mogadishus-security/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2014