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SOZIALES/1831: Parteikonvent - Die soziale Gesellschaft beginnt in der sozialen Stadt


SPD-Pressemitteilung 208/12 vom 16. Juni 2012

Beschluss des SPD-Parteikonvents: Die soziale Gesellschaft beginnt in der sozialen Stadt - Perspektiven sozialdemokratischer Politik für eine nachhaltige Entwicklung unserer Städte und Gemeinden



Der SPD-Parteikonvent hat am heutigen 16. Juni 2012 den folgenden Beschluss gefasst:

Die soziale Gesellschaft beginnt in der sozialen Stadt - Perspektiven sozialdemokratischer Politik für eine nachhaltige Entwicklung unserer Städte und Gemeinden

Die SPD ist wie keine andere Partei eine Partnerin der Kommunen. Als Regierungspartei der Metropolen in Deutschland, aber auch vieler kleiner Städte und Gemeinden haben wir einen kommunalen Gestaltungsanspruch, der weit über die einzelne Kommune hinausgeht. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit sind dabei die Leitlinien unserer Politik für die Kommunen und mit den Kommunen.

Dabei setzen wir folgende Prioritäten:

  • die Weiterentwicklung der Städtebauförderung,
  • die Sicherung der Daseinsvorsorge auch in ländlichen Räumen,
  • die energetische Sanierung der Stadtquartiere,
  • die Bereitstellung eines ausreichenden Angebotes an bezahlbarem Wohnraum und einer angemessenen Verkehrsinfrastruktur und
  • die Stärkung der lokalen Demokratie.

Alle Herausforderungen und Probleme, aber auch alle Chancen und Perspektiven der gesellschaftlichen Entwicklung bilden sich in unseren Städten, Gemeinden und Kreisen ab. Ob es die ökonomischen Umbrüche einer globalisierten Wirtschaft, die Auswirkungen des sozialen Wandels oder der Klimaveränderungen sind: Sie werden zuerst in den Städten sichtbar. Gleichzeitig bilden Städte, Gemeinden und Kreise in unserer Gesellschaft den Raum für direkte politische Mitgestaltung ihrer Bürgerinnen und Bürger. Im Alltag der Menschen vor Ort, im nachbarschaftlichen Umfeld können Grundwerte gelebt werden: Freiheit und Verantwortung, Teilhabe und Solidarität. Hier zeigt sich, ob das Zusammenleben von Jung und Alt, Einheimischen und Zugewanderten gelingt und der gesellschaftliche Zusammenhalt auch im Zeichen sozialer, ethnischer und kultureller Unterschiede funktioniert. Hier entscheiden sich Lebenschancen. Hier entscheidet sich die Zukunft unserer Demokratie.

Mit unserer Politik für Städte und Gemeinden stellen wir also wichtige Weichen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft insgesamt. Deshalb ist es das vordringliche Ziel unserer Politik, Städte, Gemeinden und Kreise als Wirtschafts- und Wohnstandorte zu stärken, ihre kulturelle Vielfalt und die Umwelt- und Lebensqualität ebenso zu bewahren wie ihren sozialen Zusammenhalt. Die soziale Stadtentwicklung ist ein Markenzeichen im Rahmen des Profils der SPD als Partei des Fortschritts und der sozialen Gerechtigkeit. Die soziale Gesellschaft beginnt in der sozialen Stadt.

Unsere Politik bezieht sich ausdrücklich auf alle Stadt- und Gemeindegrößen, und sie bezieht sich zunehmend stärker auf Regionen. Den Großstädten als Knoten im Netzwerk einer international arbeitsteiligen und zunehmend wissensbasierten Wirtschaft unter starkem Wettbewerbsdruck kommt eine ebenso große Verantwortung zu wie den kleinen und mittleren Städten mit der Aufgabe, die Daseinsvorsorge in der Fläche auf der Basis einer adäquaten Infrastruktur zu sichern.

Unsere Kommunen sind stark und leistungsfähig. Sie sind vielfältig und haben ihre eigene Geschichte und Identität. Sie sind Keimzellen für ökonomische und ökologische Innovationen und soziale Integration, sie sind vor allem Ausgangspunkt für eine weltoffene, tolerante und mitfühlende Gesellschaft. Sie sind das Barometer für das gesellschaftliche Klima und die politische Kultur in Deutschland. Wenn es den Kommunen gut geht, geht es auch dem ganzen Land gut.

Unsere Städte, Gemeinden und Kreise stehen vor wachsenden Herausforderungen. Ihre wirtschaftliche Basis und der soziale Zusammenhalt sind durch vielfältige Entwicklungen gefährdet. Demografische Veränderungen, wirtschaftsstruktureller Wandel, Integrationsdefizite, zunehmende soziale Spaltung als Folge von Armut und Ausgrenzung, Klimawandel und Energiewende verlangen nach überzeugenden politischen Konzepten für eine zukunftsfähige Stadtentwicklungs- und Regionalentwicklungspolitik. Die Auswirkungen dieser Veränderungen sind zuerst in den Kommunen spürbar, in unterschiedlicher Stärke, Geschwindigkeit und regionaler Ausprägung.

Die finanziellen Rahmenbedingungen für nachhaltiges kommunales Handeln haben sich in den letzten Jahren verschlechtert, so dass die Leistungs- und Integrationsfähigkeit ebenso wie die Investitionsfähigkeit der Kommunen mit Blick auf die Sicherung einer leistungsfähigen technischen, sozialen und kulturellen Infrastruktur sowie einer nachhaltigen Daseinsvorsorge für die Bevölkerung auf dem Spiel steht. Vielen Kommunen geht es mittlerweile an die Substanz.

Zahlreiche und in der Regel schmerzhafte Haushaltskonsolidierungsversuche vieler Kommunen in Haushaltsnotlagen - etwa durch den Verkauf des städtischen "Tafelsilbers" an Private, immer aber auf Kosten der sogenannten freiwilligen Leistungen, die aber im Grunde das Profil, die Attraktivität und den Charakter einer sozialen Stadt prägen - haben diesen negativen Trend nicht stoppen können.

Die Auswirkungen liegen auf der Hand: Wenn Gebäude und öffentliche Einrichtungen in einem schlechten baulichen Zustand, Mieten nicht mehr bezahlbar sind, Bibliotheken, Theater und Schwimmbäder geschlossen werden und dringend notwendige Ersatzinvestitionen in den öffentlichen Personennahverkehr unterbleiben, verlieren Menschen nicht nur ihre Heimat und ihre Identität, sondern auch das Vertrauen in die Stabilität und Sicherheit unserer Gesellschaft und damit in unsere Demokratie. Das Tempo und die Tiefe der Veränderungen lösen Verunsicherungen aus und beinträchtigen die Lebensqualität und die Entfaltungsmöglichkeiten vieler Menschen. Alle Probleme konzentrieren und verfestigen sich zunehmend in bestimmten Stadtteilen und Quartieren, während in anderen Teilen der Stadt der Wohlstand zunimmt. Polarisierung und Spaltung beschreiben die Wirklichkeit in vielen Städten. Die soziale Ungleichheit in unserem Land hat ein räumliches Gesicht bekommen. Sozial abgehängte Quartiere weisen häufig auch eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung auf und bieten weniger Beteiligungsmöglichkeiten. Die Funktion unserer Städte und Gemeinden als Orte des sozialen Ausgleichs und der Integration wird ausgehöhlt.

Die Veränderungsprozesse werden in den kommenden Jahren auch die Regionen erreichen, die im Augenblick eher noch zu den prosperierenden zu zählen sind. Die Polarisierung zwischen stärker wachsenden und schrumpfenden Städten und Stadtregionen wird sich verstärken. Der Anpassungsbedarf der technischen und sozialen Infrastruktur wird ebenso steigen wie der des Wohnungsangebotes. Auch die Städte und Regionen Westdeutschlands werden von diesem Szenario betroffen sein, wenn auch deutlich langsamer als in Ostdeutschland und in einem relativ kleinräumigen Nebeneinander von Wachstums- und Schrumpfungsprozessen. Die Schere zwischen den Wachstumsorten und den stagnierenden Standorten wird sich sowohl in den städtischen wie in den ländlichen Regionen weiter öffnen. Die Binnendifferenzierung innerhalb von Regionen wird weiter zunehmen. Diese Entwicklung erfordert passgenaue Konzepte und Programme.

Wir bekennen uns zur föderalen Aufgabenteilung und zur kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland und zu einer dauerhaften Partnerschaft mit unseren Städten, Gemeinden und Kreisen. Wir werden sie dabei unterstützen, ihre finanzielle und soziale Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen und zu sichern. Damit bekennen wir uns gleichzeitig zur Verantwortung des Bundes für Städte und Gemeinden in Deutschland und zu einem abgestimmten, zielführenden Handeln von Bund, Ländern, Kommunen und Regionen.

Wir halten trotz regional höchst unterschiedlicher vor allem demografischer Entwicklungen am Ziel der Sicherung bzw. Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland fest. Dabei sind wir uns darüber im Klaren, dass wir eine Antwort finden müssen auf die Frage, wie dieses angesichts sinkender Bevölkerungszahlen und knapper öffentlicher Haushaltsmittel geschehen kann. Wir bekennen uns dazu, flächendeckend ein ausreichendes Niveau der Daseinsvorsorge zu gewährleisten, die sich auf die Sicherung der menschlichen Grundbedürfnisse (z.B. Gesundheits-, Energie-, Wasserver- und Entsorgung, Abfallentsorgung, Sparkassen, öffentliche Sicherheit und Mobilität) ebenso bezieht wie auf die Gewährleistung von Chancengleichheit, sozialer und kultureller Teilhabe und sozialen Zusammenhalt (z.B. Betreuung, Bildung, Telekommunikation und kommunale Selbstverwaltung). In diesem Zusammenhang muss besonderer Wert auf vorausschauende, ausgewogene Nahversorgungskonzepte gelegt werden, um eine wohnortnahe Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Um diese Aufgabe zu erfüllen, brauchen wir eine flexiblere Interpretation des Zentrale-Orte-Prinzips. Anstelle von Ausstattungsstandards eines starren örtlichen Systems müssen flexible Lösungen zur Erreichung der funktionalen Ziele treten. Der Bund hat die Aufgabe, im Rahmen seiner Kompetenzen gemeinsam mit Ländern und Kommunen auf eine koordinierte räumliche Planung hinzuwirken und vor allem mit seiner Förderpolitik Anreize und Verpflichtungen für integrierte, regionale Entwicklungskonzepte zu geben und die Kommunen mit Förderinstrumenten bei Erhalt, Ausbau und Rückbau von Infrastruktur in kommunaler Hand zu unterstützen. Angesichts intensiver Verflechtungen der Städte mit ihrem Umland als auch mit anderen Städten und Gemeinden muss die Bildung neuer, regionaler Institutionen oder die Bildung von Netzwerken und freiwilligen Kooperationen intensiviert werden. Denn viele der beschriebenen Herausforderungen lassen sich allein auf kommunaler Ebene nicht mehr lösen.

Neben der Konzentration auf räumliche und integrierte Strategien werden wir zukünftig lokale Ressourcen und Organisationsformen von Unternehmen, Eigentümern, Genossenschaften, Stiftungen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren stärker in den Blick nehmen. Dabei müssen sich alle Konzepte und Maßnahmen daran messen lassen, ob sie geeignet sind, die Lebens- und Standortqualität unserer Städte und Gemeinden ebenso wie ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Motorfunktion zu erhalten und zu stärken.


Die erfolgreiche Städtebauförderung weiterentwickeln

Vor diesem Hintergrund bleibt die Städtebauförderung für uns die tragende Säule der Stadtentwicklungspolitik. Wir wollen eine langfristig verlässliche, strategisch ausgerichtete, leistungsfähige, flexible und finanziell an den tatsächlichen Bedarfen ausgerichtete Städtebauförderung. Wir unterstützen das "Bündnis für eine Soziale Stadt", indem wir uns selbst, Städte und Gemeinden sowie die Bundesländer zu einem klaren Bekenntnis zu einer vernünftigen Mittelausstattung und einer zukunftsgerichteten Programmauswahl der Städtebauförderung verpflichten wollen.

Als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen, die als Paradebeispiel einer gelungenen Zusammenarbeit der föderalen Ebenen völlig zu Recht im Zuge der Föderalismusreform bestätigt worden ist, hat sich die Städtebauförderung als ausgesprochen anpassungsfähiges, problem- wie problemlösungsorientiertes, "lernendes" Instrument erwiesen. Mit den Programmen der Städtebauförderung werden integrierte ressortübergreifende Konzepte und die Kooperation staatlicher, wirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure erfolgreich umgesetzt.

Die Städtebauförderung leistet seit 40 Jahren einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung unserer Städte und Gemeinden. 1971 unter der sozial-liberalen Bundesregierung eingeführt, seit 1998 unter der rot-grünen Bundesregierung konzeptionell modernisiert und finanziell deutlich aufgestockt, ist sie bis zur Bundestagswahl 2009 in einem breiten parlamentarischen Konsens weiterentwickelt worden. Neben dem Programm "Soziale Stadt" als Leitprogramm für eine integrierte, ressortübergreifende und partizipatorische Politik, sind es vor allem die Programm "Stadtumbau Ost" und "Stadtumbau West", aber auch die Programme zur Stärkung der städtischen Zentren und zum Denkmalschutz, die dazu beigetragen haben, für neue Problemlagen neue Lösungen anzubieten.

Dabei ist das Programm "Soziale Stadt" unser Leit- und Zukunftsprogramm für eine nachhaltige Stabilisierung der Wohn- und Lebensbedingungen in den Quartieren und Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf, das seit seinem Bestehen unbestreitbar eine Trendwende in zahlreichen Programmgebieten eingeleitet hat. Das sozialräumlich orientierte, integrierte, sektorübergreifende und partizipative Vorgehen hat nicht nur einen bemerkenswerten Mehrwert für die ganzheitliche Aufwertung benachteiligter Stadtquartiere nach sich gezogen, sondern auch unerlässliche Impulse für die gesamte städtische und regionale Entwicklung gesetzt. Neben ihren unbestreitbaren baulichen, stadtentwicklungs- und damit gesellschaftspolitischen Wirkungen durch die Verbesserung der Bausubstanz, der Arbeits-, Wohn- und Lebenssituation, der Identifikation und Aktivierung der Bevölkerung hat die Städtebauförderung eine wichtige volkswirtschaftliche Dimension, indem sie Investitionen anstößt und Arbeitsplätze sichert.

Umso verantwortungsloser war deshalb die drastische Kürzung der Mittel für die Städtebauförderung in den letzten beiden Jahren. Die einschneidenden Kürzungen ausgerechnet beim Programm "Soziale Stadt" sind Ausdruck einer ideologiegeleiteten Politik, mit der der über Jahrzehnte lang währende Konsens in der Städtebaupolitik aufgekündigt worden ist. Die Rückkehr zu einer rein investiven Programmausrichtung unter bewusster Schwächung der unverzichtbaren sozial-integrativen Komponenten gefährdet die erreichten Wirkungen und Erfolge in ganz besonders unverantwortlicher Weise. Neben der finanziellen Schwächung des Programms hat die Bundesregierung auch das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Förderung bei den Programmpartnern zerstört. Die Kontinuität der Förderung ist aber eine wichtige Voraussetzung für ihre positive Wirkung - vor allem mit Blick darauf, dass Investitionen nicht zuletzt abhängig sind von verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen.

Erste Untersuchungen belegen eindrucksvoll, dass die Kürzungen beim Programm "Soziale Stadt" bereits jetzt zur Ausdünnung der mit viel Kompetenz, Energie und Engagement aufgebauten Netzwerke geführt haben und die eingespielten Beteiligungsstrukturen auseinanderzubrechen drohen. Damit wird soziale Integration in den betroffenen Quartieren zunehmend erschwert.

Deshalb werden wir die Kürzungen bei der Städtebauförderung zurücknehmen und streben an, die Mittelausstattung auf mindestens 700 Millionen Euro jährlich anzuheben und auf diesem Niveau verstetigen.

Daneben wollen wir die Programme der Städtebauförderung gemeinsam mit den Akteuren auf Länder- und kommunaler Ebene auch programmatisch weiterentwickeln. Insbesondere muss den wachsenden Herausforderungen regionaler und innerstädtischer Disparitäten, den Anforderungen des kommunalen Klimaschutzes und des altersgerechten Umbaus des Wohnungsbestandes besonders Rechnung getragen werden.

Unser Augenmerk werden wir verstärkt auf Kommunen in Haushaltsnotlagen richten. Sie können sich nämlich an Förder- und Kreditprogrammen nicht oder nicht mehr in angemessenem Umfang beteiligen, weil die Mittel für den erforderlichen Eigenanteil fehlen. Wir wollen sie wieder in den Stand versetzen, an den Programmen zu partizipieren. Dazu sehen wir einen mehrjährigen Investitionspakt zwischen Bund und Ländern vor, der neben Regelungen zum Erlass oder zur Übernahme von kommunalen Eigenanteilen auch verbesserte Zins- und Tilgungskonditionen bei der Inanspruchnahme von Förderkrediten vorsehen soll.

Wir wollen darüber hinaus der 2007 vom SPD-geführten Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ins Leben gerufenen "Nationalen Stadtentwicklungspolitik" neue Impulse geben. Die in diesem Rahmen eingeführte bundesweite Kommunikationsplattform, die seitdem die fachpolitische Debatte maßgeblich prägt und die konzeptionelle Zusammenarbeit der föderalen Ebenen stärkt, hat sich zur erfolgreichen Klammer der Förderpolitik entwickelt.

Wir wollen die europäische Dimension der Stadtentwicklungspolitik fortentwickeln, weil sich die Probleme und Herausforderungen immer weniger allein im nationalen Rahmen bewältigen lassen. Mit der im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft verabschiedeten "Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt" haben sich die EU-Mitgliedstaaten 2007 zu einer integrierten Stadtentwicklungspolitik auf nationaler Ebene nach deutschem Vorbild bekannt, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte beinhaltet und kooperative Handlungsstrategien für benachteiligte Stadtteile und die gesamtstädtische Ebene gleichermaßen entwickelt. Besonderer Wert wird dabei auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gelegt und auf die Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Wirtschaft.

Wir begrüßen ausdrücklich die aktuellen Überlegungen der Europäischen Union, im Rahmen der Verhandlungen über die nächste EU-Strukturfondsperiode Förderinstrumente für Städte vorzusehen, die der lokalen Ebene mehr Mitwirkung und Eigenverantwortung bei der Mittelverwaltung zubilligen. Die Idee, für insgesamt noch stärker integrierte Handlungskonzepte eine bessere Verknüpfung der einzelnen EU-Strukturfonds untereinander und mit dem Europäischen Fonds für ländliche Entwicklung vorzusehen, ist ein Vorbild für die zukünftige Umgestaltung der nationalen Förderpolitik.


Lokale Bündnisse für Integration und sozialen Zusammenhalt schmieden

Die Kürzungen in der Städtebauförderung und besonders im Programm "Soziale Stadt" haben dazu geführt, dass Projekte und Initiativen zu den Themen Integration und sozialer Zusammenhalt ihre Arbeit einstellen mussten. Die gekürzten Bundesmittel wurden in einigen Ländern und Kommunen kompensiert, um erfolgreiche Projekte am Leben zu erhalten. Aber auch dort ist die Lage aufgrund der fehlenden Bundesförderung deutlich schwieriger geworden.

Wir wollen vor dem Hintergrund der beschriebenen Spaltung der Entwicklung verschiedener Stadtteile und einer drohenden Verfestigung sozialer Benachteiligungen und Problemlagen in einzelnen Quartieren, "Lokale Bündnisse für Integration und sozialen Zusammenhalt" schmieden und in der kommenden Legislaturperiode des Bundestages hierfür Leitlinien und ein entsprechendes Programm erarbeiten.

Dabei geht es darum, die in den einzelnen Stadtteilen vorhandenen Kräfte zu nutzen und zu befördern. Wir wollen eine integrierte, sozialraumorientierte Stadtentwicklungspolitik vor Ort stärken, indem wir alle Partner zusammenführen, um ein gemeinsames Quartiersmanagement zu betreiben. Damit machen wir deutlich, dass die SPD wie keine andere Partei Partnerin der Menschen in ihrem direkten Wohnumfeld und der Kommunen ist.


Rechtsanspruch auf Kita-Platz ab Eins umsetzen

Eine gute Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur ist die Grundlage für eine familienfreundliche und lebendige Kommune. Denn ein bedarfsdeckendes Angebot an guter Kinderbetreuung sorgt für mehr Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der frühe Kita-Besuch ist auch ein Schlüssel für gelingende Integration. Wir bekennen uns deshalb zu dem Ziel, den Rechtsanspruch auf einen Kita- Platz ab Eins zum 1. August 2013 umzusetzen.

Seit 2007 ist es den Kommunen, Ländern und Trägern gelungen, Hunderttausende neuer Plätze zu schaffen. Doch der Bedarf wird die ursprünglich angesetzten 35 Prozent übertreffen. Bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs müssen noch mindestens 160.000 neue Plätze geschaffen werden. In vielen Regionen spitzt sich die Situation zu. Wir werden die Kommunen mit dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe nicht allein lassen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre Versprechen einzuhalten, sich mit einem Drittel nicht nur an den Investitionskosten, sondern auch an den laufenden Kosten ab 2014 zu beteiligen. Die mindestens 1,2 Milliarden Euro, die für das unsinnige Betreuungsgeld veranschlagt sind, müssen dringend in den Kita-Ausbau fließen. Außerdem ist eine Fachkräfteinitiative unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit notwendig, um die fehlenden Fachkräfte zu sichern.


Daseinsvorsorge auch in ländlichen Räumen sichern

Die ländlichen Räume in ihrer Gesamtheit verfügen über große Potenziale und Stärken. Sie sind Produktionsstandort für viele klein- und mittelständische Betriebe sowie für die Land- und Forstwirtschaft und verfügen über natürliche Ressourcen, die für die industrielle und gewerbliche Produktion notwendig sind. Und sie haben vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele und als Orte dezentraler Energieerzeugung und des damit verbundenen Innovationspotenzials gute Entwicklungschancen. Landschaftliche Attraktivität, gute Wohnraumversorgung, ein hohes Maß an bürgerschaftlichem Engagement als Basis für sozialen Zusammenhalt runden dieses Bild ab.

Die Bedeutung der Telekommunikation und insbesondere des Internets nimmt täglich zu. Daher wollen wir die flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetzugängen. Es darf nicht sein, dass viele Menschen in ländlichen Regionen von der Teilhabe am technologischen Fortschritt abgehängt werden. Für den Fall, dass durch wettbewerbliche Lösungen die Grundversorgung nicht zeitnah verwirklicht wird, wollen wir diese durch eine gesetzliche Universaldienstverpflichtung endgültig absichern.

Andere ländliche Räume sind geprägt von demografischen und ökonomischen Umbruchsituationen, die ebenso Anspruch haben auf die Sicherstellung eines ausreichenden infrastrukturellen Angebotes. Diesen strukturschwachen Räumen muss unser besonderes Augenmerk gelten.

Ihre Entwicklung wird in hohem Maße davon abhängen ob es gelingt, Schwerpunkte zu setzen, Netzwerke zu knüpfen und interkommunale Zusammenarbeit deutlich zu verstärken. Wir wollen, wie bei der Städtebauförderung bereits erfolgreich praktiziert, verstärkt integrierte, sektorübergreifende Strategien verfolgen, die die unterschiedlichen Entwicklungschancen und spezifischen Potenziale der einzelnen (Teil-)Räume besser berücksichtigen. Vorstellbar sind regionale Entwicklungsfonds, die zum Ziel haben, innovative und arbeitsplatzsichernde Investitionsvorhaben von Klein- und Mittelbetrieben und Infrastrukturprojekte ebenso zu unterstützen wie innovative Projekte auf der Basis bürgerschaftlichen Engagements und Arrangements. Wir brauchen flexible Lösungen für die Gewährleistung von Kinderbetreuung, Schule und Weiterbildung, medizinischer Versorgung, Einkaufsmöglichkeiten, Nahverkehr und anderer notwendiger Dienstleistungen. Dabei müssen wir uns auch am Prinzip "Das Angebot kommt zur Nachfrage" orientieren, um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung in dünn besiedelten Gebieten zu gewährleisten. Insgesamt gilt: Die Zukunftssicherung der ländlichen Räume liegt in regional abgestimmten Handlungskonzepten, die sich auf mobile, multifunktionale und dezentrale Angebote konzentrieren.


Wohnen darf kein Luxusgut werden

Die Sicherung eines ausreichenden und qualitativ angemessenen Wohnungsangebotes für alle Generationen und alle Einkommensschichten, gerechte und bezahlbare Mieten, ein leistungsstarkes Wohngeld und ein sozial gerechtes Mietrecht sind die Grundpfeiler sozialdemokratischer Wohnungspolitik.

In den letzten Jahrzehnten hat die soziale Wohnungsbauförderung wesentlich dazu beigetragen, breite Bevölkerungsschichten mit angemessenem und vor allem bezahlbarem Wohnraum auszustatten. Im Zuge der Föderalismusreform I ist die soziale Wohnraumförderung in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gefallen. Der Bund leistet bis 2013 einen finanziellen Beitrag an die Ländern in Höhe von 518 Mio. Euro jährlich. In den kommenden Monaten muss eine Entscheidung fallen, ob den Ländern nach dem Jahr 2013 weiterhin zweckgebundene Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung gewährt werden.

Die bislang quantitativ und qualitativ gute Wohnungsversorgung in Deutschland, die ausgeglichenen Wohnungsmärkte in den meisten Regionen Deutschlands und die Übertragung der wohnungspolitischen Kompetenzen an die Länder können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor bundespolitischen Handlungsbedarf gibt.

Denn in den letzten Jahren ist das Wohnungsangebot für sozial Schwächere und in benachteiligten Quartieren weiter zurückgegangen, und in Wachstumsregionen ist der Mangel an Wohnungen für Bezieherinnen und Bezieher unterer und mittlerer Einkommen inzwischen offenkundig. Die soziale Ausgewogenheit auf den Wohnungsmärkten ist inzwischen in Frage gestellt.

Aufgrund der Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten sind die Mieten im unteren Preissegment weit überdurchschnittlich gestiegen. Andererseits liegen die Neuvertragsmieten zwischen 10 bis 30 Prozent über den Bestandsmieten. Die hohen Neuvertragsmieten von heute sind aber die Vergleichsmieten von morgen. Es setzt sich eine Mietpreisspirale nach oben in Gang.

Der Bestand im gebundenen Mietwohnungsbau in der Bundesrepublik - besonders in Westdeutschland - verringert sich stetig, weil die Bindungen bei der Förderung herauslaufen. Gleichzeitig sind die Preise im Neubau aufgrund steigender Boden- und Baupreise sowie erweiterter Anforderungen, z.B. der Energieeffizienz, deutlich gestiegen. Dieses spiegelt sich in den Immobilienpreisen und Neubaumieten. Entsprechendes gilt für die Mietpreise im Fall der Neuvermietung. Die Sorge um eine weitere Verdrängung der angestammten Bewohnerschaft im Sinne einer "Gentrifizierung" ist ernst zu nehmen. Gerade viele junge Menschen, die von der Mietentwicklung in Folge von Luxussanierungen und den nachfolgenden Verdrängungsprozessen stark betroffen sind, gehen auf die Straße und protestieren gegen die Mietentwicklung in den Ballungszentren.

Wir brauchen eine Handhabe gegen unverhältnismäßig hohe Mietpreissteigerungen im Zuge von Neuvermietungen wie auch gegen unverhältnismäßige Erhöhungsspielräume bei bestehenden Mietverträgen sowie Strategien zum Erhalt von durchmischten Quartieren.

Die Unsicherheit mit Blick auf die negativen Auswirkungen der Wohnungsprivatisierung im Zeichen von Transaktionen großer Wohnungsbestände durch internationale Finanzinvestoren - auch durch Kommunen, Bund und Länder - herrscht weiter vor, auch wenn sich die öffentlichen Hand zwischenzeitlich mit der Veräußerung ihrer Wohnungsbestände deutlich zurückgehalten und der Handel mit Wohnungen im Zuge der internationalen Finanzmarktkrise vorübergehend etwas nachgelassen hat.

Wenn wir den zukünftigen Wohnungsbedarf, die weitere Differenzierung der Haushaltseinkommen und die Zunahme des Anteils der Bezieherinnen und Bezieher von Transfereinkommen auf der einen Seite sowie die gleichzeitige Abnahme des Bestandes an Sozialwohnungen und das niedrige Neubauniveau auf der anderen Seite betrachten, wird rasch deutlich: Eine soziale Wohnraumförderung ist zumindest in den Ballungsgebieten, in denen heute schon Wohnungsmangel herrscht, und in den Wachstumsregionen weiterhin dringend erforderlich, um auch einkommensschwachen Menschen angemessenen und vor allem bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können.

Wir halten es daher für notwendig, die Mittelzahlungen des Bundes an die Länder auch nach 2013 fortzusetzen. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Länder die Zweckbindung der Mittel gewährleisten und sie ausschließlich für die soziale Wohnraumförderung einsetzen.

In Anerkennung der bedeutenden Rolle der Wohnungsgenossenschaften und der kommunalen Wohnungsunternehmen für die Erreichung unserer wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Ziele wollen wir ihre Wohnungsbauaktivitäten und ihren Beitrag zur Quartiersentwicklung gleichermaßen besonders fördern und mit den Programmideen der "Sozialen Stadt" verknüpfen.

Den alten- und familiengerechten Umbau des Wohnungsbestandes fördern Darüber hinaus ist der Umbau von Bestandswohnungen für familien- und altengerechtes Wohnen zu bezahlbaren Preisen und Mieten erforderlich. Die Anpassung der Wohnungsbestände - und des Wohnumfeldes - an die demografische Entwicklung ist eine ebenso wichtige Aufgabe wie die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes. Deshalb werden wir der Förderung des altengerechten Umbaus und der Schaffung eines barrierefreien Umfeldes in der Zukunft weiterhin große Aufmerksamkeit widmen.

Neben der Fortführung des KfW-Programms "Altengerechtes Umbauen" wollen wir in Zukunft einen besonderen Akzent auf die Information und Beratung der betroffenen Haushalte legen. Unsere Überlegungen beziehen sich vor allem auf neue Kooperationen zwischen Städten und Gemeinden, Hauseigentümern, sozialen Einrichtungen, Pflegediensten und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Ältere und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkte Menschen sollen in Nachbarschaften eingebunden bleiben, Dienstleistungen optimiert und technische Neuerung in Anwendung gebracht werden. Familien und Kinder sollen von einem kinderfreundlichen Wohnumfeld - vor allem im Hinblick auf Spiel- und Sportmöglichkeiten - profitieren.


Energetische Stadtsanierung als wichtigen Baustein für kommunalen Klimaschutz weiterentwickeln

In unseren Städten werden natürliche Ressourcen in hohem Maße verbraucht und ein Großteil der gesundheits- und klimagefährdenden Emissionen erzeugt. Also liegt hier auch zwangsläufig ein großes Potenzial für Energieeinsparung und den Einsatz erneuerbarer Energien ebenso wie für die Verringerung der Folgen des Klimawandels auf die städtische Entwicklung etwa durch Überwärmung und mangelnde Durchlüftung der Städte. Wir wissen um die große Bedeutung der Städte für das Gelingen der Energiewende und um die ebenso große Bedeutung entsprechender integrierter Konzepte und Anpassungsstrategien. Daher brauchen wir eine in sich schlüssige Umbaustrategie für Städte und Gemeinden, die CO²-Minderungspotenziale in allen Bereichen erschließt. Das fängt bei der Energieerzeugung mit erneuerbaren Energieträgern an, führt über die Ausrichtung des (Stadt-)Verkehrs auf eine nachhaltige, energiesparende Mobilität und setzt sich fort bei der energetischen Sanierung des kommunalen und privaten Gebäudebestandes.

Wenn Kommunen Naturerfahrungsräume schaffen, durch ausgedehnte Grünflächen zur Biotopvernetzung beitragen oder die genetische Artenvielfalt mit kommunalen Schutzprogrammen stärken, leisten sie nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Schutz der lokalen Biodiversität, sondern tragen auch zu einer verbesserten Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger bei. Wir unterstützen die Deklaration "Biologische Vielfalt in Kommunen" vom Februar 2012, der sich inzwischen mehr als 220 Kommunen angeschlossen haben.

Vor allem im Gebäudebereich sind große Potenziale zur CO2-Einsparung zu erschließen, insbesondere mit Blick auf integrierte, quartiersbezogene Konzepte der Energieerzeugung, Energieeinsparung und Effizienzsteigerung. Hierzu bedarf es einer gesicherten, verlässlichen staatlichen Förderung.

Für uns kommt es darauf an, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ordnungsrechtlichen und Fördermaßnahmen zu bewahren. Für den öffentlichen Wohnungsbestand und die Wohnungseigentümer gilt es, unverhältnismäßige Sanierungsauflagen zu vermeiden, um das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht über Gebühr zu strapazieren. Für die Mieterinnen und Mieter gilt es, unverhältnismäßige Mieterhöhungen zu vermeiden.

So führen energetische Sanierungen in der Regel zu Mieterhöhungen, die für die Mieter nur zum Teil durch Einsparungen bei den Heizkosten und den Kosten für Warmwasser ausgeglichen werden können. Soweit sie zu höheren Mieten führen, lösen sie soziale Folgeprobleme aus, die Ausgleichszahlungen im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Wohngeld nach sich ziehen.

Darüber hinaus dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, dass ein Viertel der Haushalte in Deutschland bereits jetzt 40 Prozent oder mehr ihres Einkommens für Wohnkosten ausgibt. In vielen Städten haben sich die Mietpreise und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter auseinander entwickelt.

Wir müssen verhindern, dass die energetische Gebäudesanierung zu einer unangemessenen Erhöhung der Mieten führt. Deswegen wollen wir neben einer ausreichenden Ausstattung der Förderprogramme darauf hinwirken, die Umlagefähigkeit der Kosten von Modernisierungs- und energetischen Sanierungsmaßnahmen auf die Miete deutlich abzusenken und zeitlich zu begrenzen. Darüber hinaus wollen wir sicherstellen, dass Wohngeldempfängern keine zusätzlichen Kosten durch energetische Modernisierungen entstehen. Wir werden uns darüber hinaus allen Versuchen der Bundesregierung entgegenstellen, die darauf hinauslaufen, die Stellung der Mieterinnen und Mieter im Zuge der beabsichtigten Mietrechtsreform zu schwächen.

Wir wollen dafür sorgen, dass die Programme der energetischen Sanierung weiterhin auf hohem Niveau verstetigt und zudem mit den Programmen der Städtebauförderung verzahnt werden. Die Zukunft der energetischen Stadtsanierung liegt im Quartier, um Energieeinsparung, Energieeffizienz, den Einsatz erneuerbarer Energien und baukulturelle Anforderungen sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

Die Erfahrungen mit dem bislang ausgesprochen erfolgreichen CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das ein wichtiger Garant für die bisher erzielten Wirkungen war, besagen darüber hinaus, dass wir den Grad der Energieeinsparung deutlich erhöhen können, wenn wir den Fokus der Förderung weniger auf hocheffiziente, aber kostspielige energetische Vollsanierungen legen, sondern uns stattdessen stärker auf kleinteilige, dafür aber flächendeckende Maßnahmen konzentrieren.


Eine funktionsfähige Verkehrsinfrastruktur als Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge sichern

Städte und Regionen brauchen eine funktionsfähige, bezahlbare und integrierte Verkehrsinfrastruktur, insbesondere für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Als Bestandteil kommunaler Daseinsvorsorge ist die Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes Aufgabe der Länder und Kommunen. Auch deshalb wollen wir die kommunale Finanzausstattung so verbessern, dass die Kommunen diese Aufgabe erfüllen können. Der Bund muss allerdings auch künftig seiner Mitverantwortung bei der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs nachkommen.

Wie setzen uns deshalb dafür ein, die Bundesmittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) über 2013 hinaus fortzuführen. Darüber hinaus sollte die Zweckbindung der im Rahmen des Entflechtungsgesetzes an die Länder gegeben Mittel erhalten bleiben und eine Öffnung der Verwendung der Mittel auch für Erhaltungsinvestitionen erfolgen.


Gute Arbeit in den Kommunen

Die nachhaltige Entwicklung unserer Städte und Gemeinden setzt professionelle und qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen und Verwaltungen voraus.

Gute Arbeit ist also eine Bedingung, um den geschilderten Herausforderungen eines sozial ökologischen Umbaus des Arbeitens, Lebens und Wirtschaftens gewachsen zu sein. Wir treten für Gute Arbeit in den Kommunen aktiv ein. Unsere Kommunen und Städte sollen auch in diesem Punkt wieder Vorbild und prägend für die gesamte Gesellschaft sein.

Wir wollen sichere und gut entlohnte Arbeit. Der öffentliche Dienst hat alle Potentiale für einen attraktiven Arbeitgeber: Er bietet viele spannende berufliche Herausforderungen und gute Entwicklungsmöglichkeiten. Er steht im Dienst unserer Gesellschaft und "ist für uns alle da". Diese Vorteile geraten allerdings in Gefahr, wenn der öffentliche Dienst verstärkt auf Personal- und Leistungsabbau oder entsicherte und schlecht bezahlte Arbeit setzt (Leiharbeit, Befristungen, Zwangsteilzeit und Minijobs). So werden die Arbeitsbedingungen und das Einkommen für die Beschäftigten unattraktiv. Gerade angesichts der demographischen Entwicklung ist es wichtig, dass der öffentliche Dienst, im Wettbewerb um Auszubildende und Fachkräfte, Gute Arbeit sichert und weiterentwickelt.

Mit unserem Steuerkonzept schaffen wir für die Kommunen den notwendigen finanziellen Handlungsrahmen, um wieder aktiv für Gute Arbeit eintreten zu können. Dazu gehören ein attraktiver öffentlicher Dienst in den Kommunen und Städten, der sich durch gute Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen und sichere Arbeitsplätze auszeichnen, ein aktiver Arbeits- und Gesundheitsschutz, das Gesundheitsmanagement sowie das betriebliche Eingliederungsmanagement, hohe Ausbildungsquoten und die Übernahme der Ausgebildeten, die Stärkung von Qualifizierung und Weiterbildung, eine ausreichende Personalausstattung auch über verbesserte Personalschlüssel/- bemessungen in Kitas, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, der Ausbau der Mitbestimmung, die Einhaltung der tariflichen Regelungen (TVöD), auch bezogen auf Bürgerarbeit.

Wir wollen darüber hinaus die Bedeutung von sozialen und ökologischen Kriterien in Vergabeverfahren deutlich stärken und die Vergabepraxis transparent und diskriminierungsfrei gestalten. Sozialstandards, Tariftreue und die Zahlung von gesetzlich festgelegten Mindestlöhnen und Mindesthonoraren durch die Bieter und ihre Lieferanten sollten ein verbindliches Kriterium der Auftragsvergabe werden. Langfristig müssen diese Kriterien obligatorisch bei der öffentlichen Vergabe werden. In den Städten und Gemeinden werden sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aber auch jetzt schon für die Einhaltung hoher sozialer und ökologischer Kriterien in der Vergabepraxis einsetzen. Wir brauchen auch wirksame diesbezügliche Kontrollen durch effiziente Behörden vor Ort und ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften.


Lokale Demokratie stärken - Aus Betroffenen Beteiligte machen

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokratinnen gilt: Wir wollen die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Das heißt mehr Freiheit für den einzelnen Menschen ebenso wie mehr Mitverantwortung.

Bürgerinnen und Bürger beanspruchen unüberhörbar eine Beteiligung bereits an den Planungen für Entscheidungen in der Kommune und signalisieren damit zugleich ihren Willen, das Zusammenleben im Quartier, im Stadtteil und damit in der Gesamtstadt aktiv mitzugestalten. Daran muss unsere Politik konstruktiv anknüpfen, indem wir das Engagement der Bevölkerung unterstützen und ihre Partizipationsmöglichkeiten erweitern. Das ist eine Herausforderung für die Verwaltung, die Politik und die Zivilgesellschaft gleichermaßen.

Wir bekennen uns zu einer verstärkten Bürgerbeteiligung, weil wir von den Vorteilen überzeugt sind. Vor allem frühzeitige Beteiligung erhöht die Qualität von Entscheidungen, weil Interessen, Ideen, Wissen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger bereits im Planungsprozess eine gewichtige Rolle spielen, weil sie die Akzeptanz von Entscheidungen erhöht und die Legitimation repräsentativer Politik, erhöht, weil neben der demokratischen Legitimation auch die politische Kultur stärkt und Menschen wieder zum Mitmachen motiviert.

Grundlage einer solchen Beteiligungskultur, die vor Ort ihren Ausgang nimmt, ist das Vertrauen in den Sachverstand und das Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite und die Bereitschaft von Politik und Verwaltung, diese Einflussnahme auch tatsächlich zuzulassen. Bürgerinnen und Bürger müssen auf der anderen Seite die Notwendigkeit von Kompromissen anerkennen, Verwaltung und Politik müssen sich einem ständigen Dialogprozess verschreiben, der Transparenz und Offenheit für alternative Lösungsvorschläge voraussetzt. Die digitale Kommunikation ist dabei Basis für ein zukunftsweisendes Akteursnetzwerk in der Politik, das Information, Diskussion, Dialog und Entscheidungshilfen ermöglicht.

Unsere Aufgabe in diesem Prozess sehen wir nicht zuletzt darin, für einen fairen Interessenausgleich und für Lösungen einzustehen, die tatsächlich eine breite gesellschaftliche Akzeptanz finden und dabei allen - auch den benachteiligten Gruppen in unseren Städten und Gemeinden - die Artikulation und die Durchsetzung ihrer Interessen zu ermöglichen.

Die Stärkung lokaler Demokratie ist ohne die Anerkennung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements nicht denkbar. Wir wollen lokale Engagementstrategien unterstützen und Modelle entwickeln, wie Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kooperativ dabei wirkungsvoll unterstützt werden können. Wir wollen Projekte verstärkt fördern, die zukunftsweisendes zivilgesellschaftliches Engagement aufzeigen und unterstützen.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 208/12 vom 16. Juni 2012
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
Bürgerbüro, Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin
Tel.: 030/25 991-300, Fax: 030/25 991-507
E-Mail: pressestelle@spd.de
Internet: www.spd.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2012