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EUROPA/1321: Europas Jugend neue Hoffnung geben - für eine Wende in der europäischen Politik


SPD-Pressemitteilung 321/13 vom 26. Juni 2013

Europas Jugend neue Hoffnung geben - für eine Wende in der europäischen Politik



Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der Erste Sekretär der Sozialistischen Partei Frankreichs Harlem Désir haben heute in Paris die folgende gemeinsame Erklärung zum Thema Jugendarbeitslosigkeit vorgelegt:

Europas Jugend neue Hoffnung geben - für eine Wende in der europäischen Politik

1.200 Milliarden Euro haben die Staaten der Europäischen Währungsunion bereits mit "Rettungsschirmen" bereitgestellt, um den Finanzsektor des EURO-Währungsraums zu stabilisieren. Impulse für Wachstum und Beschäftigung sowie besonders den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit haben die konservativen und liberalen Staats- und Regierungschefs in Europa dagegen viel zu lange sträflich vernachlässigt. Erst auf massiven Druck der europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten wurden überhaupt im Juni 2012 ein Wachstumspakt und im Februar 2013 ein Pakt gegen Jugendarbeitslosigkeit vereinbart.

Klar, konkret und mit festen Zielen und Zeitplänen versehen sind die Beschlüsse, die die Konservativen und Liberalen in Europa durchsetzen, wenn es um harte Sparauflagen für die krisengeschüttelten Volkswirtschaften Europas geht. Die Beschlüsse für Wachstum und Beschäftigung und gegen die Jugendarbeitslosigkeit haben die Konservativen und Liberalen dagegen viel zu lange blockiert, verwässert und ihre Umsetzung verzögert. Beim Wachstumspakt ist bisher nur ein Bruchteil der in Aussicht gestellten Investitionen von 120 Milliarden überhaupt auf den Weg gebracht. Beim Pakt gegen Jugendarbeitslosigkeit ist es ein Erfolg der Sozialdemokraten und Sozialisten, dass immerhin zusätzliche Mittel für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die bisher vorgesehenen rund 6 Milliarden bis zum Jahr 2020 werden aber nicht ausreichen.


Die Sparpolitik reißt Europa immer weiter in die Krise

Europa ist in der Rezession. Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung steigen auf Rekordhöhen. Die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Wende geht verloren. Die Spaltung Europas vertieft sich. Antieuropäischer Protest nimmt zu.

In der EU sind 26,5 Millionen Menschen arbeitslos, davon fast 5,7 Millionen Menschen unter 25 Jahren. Im letzten Jahr stieg die Arbeitslosigkeit in nicht weniger als 18 Ländern an. Vor Ausbruch der Krise 2007 lag die Jugendarbeitslosigkeitsquote in keinem einzigen Land über 25 Prozent. Heute sind in 12 der 27 EU-Staaten mehr als ein Viertel der Jugendlichen arbeitslos. In Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei über 50 Prozent! Sie finden keine Arbeit mehr oder schlagen sich mit prekärer Beschäftigung durch. Sie sind die Ersten, die in der Krise ihre Arbeit verloren haben. Sie sind die großen Verlierer einer Krise, die in dieser Härte und Ausrichtung vermeidbar war.

Sie sind die Opfer einer Sparpolitik, die von den Konservativen und Liberalen Europa als Allheilmittel verordnet worden ist. Ohne jeden konkreten Wachstumsimpuls, ohne Investitionen in Bildung, Beschäftigung und nachhaltiges Wachstum hat diese Politik von den Staaten Europas zeitgleich eine drastische Kürzung ihrer Budgets verlangt, die massive Einschnitte auch bei Investitionen in Bildung, Arbeit und nachhaltiges Wachstum nach sich gezogen hat. Das Resultat ist eine wirtschaftliche Rezession in ganz Europa. Und statt Schulden zu senken, hat diese Politik die Schulden der EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren massiv weiter anwachsen lassen, allein im Jahr 2012 um mehr als 500 Milliarden Euro.


Für eine Wende in der europäischen Politik:

Die Sozialdemokratische Partei Deutschland und die Sozialistische Partei Frankreichs treten gemeinsam für eine Wende in der europäischen Krisenpolitik ein. So wichtig Haushaltsdisziplin und solide staatliche Finanzen weiterhin sind: Eine gemeinsame Politik für Wachstum und ein ambitionierter Pakt gegen Jugendarbeitslosigkeit müssen zu politischen Prioritäten der europäischen Politik in den kommenden Wochen und Monaten gemacht werden. Sonst droht die Sparpolitik die Krisenländer in Europa immer tiefer in eine Spirale aus einbrechender Wirtschaftsleistung, explodierender Arbeitslosigkeit und in der Folge auch weiter steigender Staatsschulden zu reißen.

• Wir wollen Investitionen in Wachstum und Arbeit, die zu einem nachhaltigen Abbau der Staatsverschuldung über nachhaltiges Wirtschaftswachstum statt kurzfristige Kürzungsprogramme in Europa führen. Der europäische Wachstumspakt muss jetzt zügig so umgesetzt werden, dass er konkret spürbare Wachstums- und Beschäftigungsimpulse auslöst. Besonders kleinen und mittleren Unternehmen müssen attraktive und verlässliche Kredite für Investitionen zur Verfügung gestellt werden.

• Wir wollen endlich eine gemeinsame Steuerpolitik in Europa, um Steuerflucht und Steuerdumping zu unterbinden. Unfassbare 1.000 Milliarden Euro Steuern gehen der EU pro Jahr verloren durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung! Auch das trägt massiv zur Schuldenkrise bei und fehlt für Investitionen und der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit.

• Wir brauchen eine Bändigung der Finanzmärkte und ihre Besteuerung, um endlich den fatalen Teufelskreislauf von Bankenpleiten und staatlichen Rettungspaketen zu durchbrechen. Die Finanztransaktionssteuer muss jetzt ohne weitere Verzögerung eingeführt werden. Wer verantwortlich für eine Krise ist, der muss auch dazu beitragen, sie zu beseitigen.

• Die unmittelbar notwendigen Impulse und Maßnahmen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa müssen eingebettet werden in eine besser und verbindlicher koordinierte, gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik Europas - besonders in der Eurozone. Es ist ökonomisch falsch und für das Vertrauen der Menschen in die Europäische Union fatal, dass die europäische Krisenpolitik einseitig auf Haushaltsdisziplin, Marktliberalisierung, Deregulierung und Privatisierung ausgerichtet ist. Die Wende in der europäischen Politik muss deshalb über die notwendigen Sofortmaßnahmen für Wachstum und Beschäftigung hinaus auch eine strategische Wende in der europäischen Wirtschaftspolitik insgesamt umfassen: Investitionen in Bildung, Ausbildung, eine zukunftsfähige Industrie, in erneuerbare Energien, Mobilität und neue Technologien müssen noch viel stärker europäisch vorangetrieben werden und durch ernsthafte Schritte für eine deutlich stärkere soziale Dimension der Europäischen Union flankiert werden.

• Besonders fordern wir einen sozialen Stabilitätspakt für Europa mit konkreten Zielen und Vereinbarungen für alle Mitgliedstaaten zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte, mit Zielen und Vorgaben für Bildungs- und Sozialausgaben gemessen am jeweiligen BIP der Staaten sowie gemeinsamen Standards für existenzsichernde Mindestlöhne in allen EU-Staaten.


Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit muss absolute Priorität haben!

Die Sozialdemokraten und Sozialisten in Europa setzen sich bereits seit Beginn der Krise dafür ein, dass der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eine gemeinsame Priorität der europäischen Politik wird. Die Konservativen und Liberalen in Europa haben das Thema dagegen ignoriert und viel zu lange wirksame Maßnahmen blockiert. Dass es jetzt immerhin einen Beschluss für eine europäische Jugendgarantie gibt und zusätzliche Mittel für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung gestellt werden sollen, ist allein diesem Einsatz der Sozialdemokraten und Sozialisten in Europa zu verdanken. Doch als deutsche Sozialdemokraten und französische Sozialisten fordern wir weitergehende Schritte und Maßnahmen:

• Ein Sofortprogramm durch eine Gemeinschaftsaktion von Unternehmen, Gewerkschaften und den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Schaffung von jährlich 500.000 zusätzlichen Ausbildungs- und Arbeitsplätzen in den kommenden drei Jahren. Programme für Existenzgründer müssen ausgebaut werden.

• Alle noch verfügbaren Mittel aus den europäischen Fonds sind für Sofortmaßnahmen zu bündeln. Ebenso sollten die bis 2015 ungenutzten Mittel nicht in die nationalen Haushalte zurückfließen, sondern in Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit überführt werden. Zwischen 10 und 16 Milliarden Euro können auf diese Weise sofort für Bildung und Ausbildung investiert werden.

• Die für die europäische Jugendgarantie bisher vorgesehenen rund 6 Milliarden bis 2020 stellen einen ersten Schritt dar, um einen Prozess anzustoßen. Um die Europäische Jugendgarantie umzusetzen, bedarf es aber für den gesamten Zeitraum bis 2020 weiterer Mittel auf europäischer Ebene, mindestens insgesamt 21 Milliarden Euro. Wir wollen auf diese Weise eine echte Jugendgarantie umsetzen, die allen Jugendlichen eine Beschäftigung, Ausbildung oder ein Praktikum garantiert. Die Auszahlung der Mittel muss außerdem schnell und reibungslos erfolgen und sollte auf den Beginn der Finanzperiode 2014 konzentriert werden.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 321/13 vom 26. Juni 2013
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2013