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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2251: E-Sport - Gemeinschaft und Spaß oder Gewalt und Sucht? (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / März 2019
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein;

E-Sport: Gemeinschaft und Spaß oder Gewalt und Sucht?


Computerspiele sind ein zentraler Bestandteil der Alltagskultur. Vor allem Kinder und Jugendliche begeistern sich für das "Zocken" am Heimcomputer oder auf der Konsole. Mehr noch: Der Ausflug in die virtuelle Welt ist inzwischen ein Gemeinschaftserlebnis. Wettkämpfe im "elektronischen Sport" (E-Sport) locken tausende Fans in die Hallen und finden Millionen Anhänger im Internet. Die Branche setzt in Deutschland nach eigenen Angaben jährlich 130 Millionen Euro um und ist damit größer als der Profi-Handball. Die Entwicklung birgt Herausforderungen für Politik, Sportverbände und Jugendschützer. Das wurde Mitte Januar bei einer ganztägigen Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss deutlich.


CDU, Grüne und FDP hatten im vergangenen September eine "feste gesellschaftliche Integration" des E-Sport gefordert. Man mache sich auf den Weg, "das E-Sport-Land Schleswig-Holstein Wirklichkeit werden zu lassen", so der FDP-Abgeordnete Jörg Hansen. Im Landeshaushalt 2019 sind 500.000 Euro für die E-Sport-Förderung veranschlagt. In Kiel soll im September das bundesweit erste vom Land geförderte "Landeszentrum für E-Sport und Digitalisierung" entstehen. Auch die Opposition signalisierte grundsätzlichen Zuspruch. Im Ausschuss wurden aber auch kritische Töne angeschlagen.

Ist das eigentlich Sport?

"Nur weil da E-Sport draufsteht, ist das noch lange kein Sport", betonte Manfred Konitzer-Haars, Hauptgeschäftsführer des Landessportverbandes. Ego-Shooter-Spiele, die auf eine "physische Vernichtung des Gegners" abzielten, entsprächen "nicht dem Wertesystem des Sports". Der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner widersprach: Auch eine Sportart wie Biathlon habe ihren Ursprung im Schießen auf einen Gegner: "Früher hieß das Militärpatrouillenlauf." Claus Schaffer (AfD) merkte an: "Wer E-Games spielt, der will nicht töten, der will Punkte sammeln."

Jana Möglich hat leistungsmäßig E-Sport betrieben, heute vertritt sie die "Initiative zur Förderung der Spielebranche in Schleswig-Holstein". Sie unterstrich, dass beim gemeinsamen Computerspielen Teamgeist gefordert sei, ein klassischer sportlicher Wert: "Ich war mit Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und mit Behinderung gemeinsam aktiv." Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen rief die Verbände auf, sich der Entwicklung nicht zu verschließen: "Nur wenn der organisierte Sport den E-Sport aufnimmt, kann er das Geschehen kontrollieren und in die richtigen Bahnen lenken." Demgegenüber verteidigte Daniel Illmer die Position des Deutschen Olympischen Sportbundes, E-Sport nicht als "eigenständige sportliche Aktivität" anzuerkennen. Ein zentraler Kritikpunkt: Bei E-Spielen gebe es keine "Regelautonomie". Die Regeln kämen nicht von den Spielern, "sondern von der Spiele-Industrie", mahnte Illmer.

Wie steht's um den Jugendschutz?

Ria Lissinna von der "Aktion Kinder- und Jugendschutz" zählte die negativen Folgen auf: "Suchtverhalten, problematische Wege der Konfliktlösung und ein problematisches Gesellschaftsbild." Auf eine Gesetzeslücke wies Matthias Hoffmann vom Kinderschutzbund hin. Das Mindestalter auf der Spiele-Verpackung beziehe sich nur auf die Spieler, nicht jedoch auf die Zuschauer. Das berge Probleme, wenn bei Profi-Wettkämpfen Spiele ab 16 über die Leinwand flimmerten - und wenn ein Teil des Publikums in der Halle oder am Bildschirm noch im Kindesalter sei. Da seien die Eltern gefordert, doch denen fehle oft der Überblick, gestand der CDU-Abgeordnete Tim Brockmann: "Auch ich als Vater eines Elfjährigen fühle mich manchmal überfordert."

Deswegen müssten speziell ausgebildete Lehrer E-Sport-AGs an den Schulen anbieten und "Aufklärungsarbeit leisten", forderte Christin Godt von der Landesschülervertretung der Gymnasien. Solche Aktivitäten dürften aber den "echten" Sportunterricht nicht verdrängen. Alexandra Ehlers, Vorsitzende des Landesjugendrings, regte Spieltreffs in Jugendeinrichtungen an: "Es muss cooler sein, dorthin zu gehen, als allein zu Hause zu sitzen."

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 1 / März 2019, S. 24
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2019

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