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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2125: Flüchtlinge - Pläne und Probleme (Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2015
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Flüchtlinge: Pläne und Probleme


Der Zustrom von Flüchtlingen stellt Politik, Behörden und ehrenamtliche Helfer vor Herausforderungen, die noch vor Kurzem undenkbar schienen. Der Landtag debattierte im November und im Dezember verschiedene Aspekte des Themas und suchte nach Lösungswegen.


Thema Ehrenamt

Der Landtag will den Weg ebnen, damit sich noch mehr Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren können. Koalition und CDU fordern, in Schleswig-Holstein mehr Stellen beim Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) einzurichten. Zugleich sollen Asylbewerber verstärkt für das Engagement in Vereinen und Institutionen gewonnen werden.

Von den 10.000 neuen Bufdi-Stellen, die der Bundestag eingerichtet hat, entfallen 760 auf Schleswig-Holstein, unterstrich Petra Nicolaisen (CDU). Dies gelte es für eine "bessere, flexiblere Flüchtlingshilfe" zu nutzen. Zudem könnten sich Asylbewerber bei der Feuerwehr oder beim Technischen Hilfswerk engagieren.

Serpil Midyatli (SPD) lobte "die vielen Ehrenamtler, die sich um die Flüchtlinge kümmern". Wolfgang Kubicki (FDP) zeigte sich dagegen skeptisch. Die Politik dürfe sich "nicht daran gewöhnen, dass die Ehrenamtler dauerhaft die Lücke füllen können, die der Staat aufreißt". Am Ende setzte die Koalition ihr Papier gegen das ähnlich lautende Papier der CDU durch.

(Drucksachen 18/3459, /3589)


Thema Pensionäre

Pensionierte oder kurz vor dem Ruhestand stehende Beamte können künftig ihren Dienst wiederaufnehmen oder verlängern, um im Flüchtlingsbereich zu helfen. Das sieht ein Gesetz der Landesregierung vor, das der Landtag im Dezember mit großer Mehrheit beschlossen hat. Auf die Erfahrung dieser Profis könne das Land nicht verzichten, hieß es unisono. Polizisten, Lehrer, Justizbeamte oder Verwaltungskräfte sollen mit 15 Prozent mehr Grundgehalt gelockt werden.

(Drucksache 18/3538)


Thema minderjährige Flüchtlinge

Mit mehr als 2.500 minderjährigen, alleinreisenden Flüchtlingen rechnet die Landesregierung im Jahr 2015. Die Jugendlichen sollen nun ausgewogener im Land verteilt werden, um besonders betroffene Städte wie Neumünster zu entlasten. Das kündigte Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) im November-Plenum an.

Zurzeit seien die Betroffenen im Lande sehr ungleich verteilt, berichtete Alheit. Denn die überwiegend männlichen Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea werden vor allem entlang der Transitrouten nach Skandinavien in Obhut genommen, beispielsweise an der A7. Entsprechend werden allein in Neumünster über 400 junge Leute betreut, so Alheit - in anderen Kreisen jedoch nur 30. Ein neues Bundesgesetz soll das nun ändern. Zudem kann Schleswig-Holstein 474 minderjährige Flüchtlinge an andere Bundesländer abgeben.

Ein weiteres Problem: Weil so viele Jugendliche ins Land kommen, können sie oft nicht nach den Standards der Jugendhilfe untergebracht und versorgt werden. Sie müssen teilweise in Achtbettzimmern übernachten, und es gibt weniger Betreuer als vorgeschrieben. Es erfolge eine "Notversorgung bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Kindeswohls", sagte die Ministerin. Die Jugendhilfe-Bestimmungen dürften "nur so lange außer Kraft gesetzt werden, wie es unbedingt notwendig ist", mahnte Astrid Damerow (CDU).

(Drucksachen 18/3529, /3590)


Thema Asylverfahren

Die FDP will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entlasten. Weil die Nürnberger Behörde oft Monate für einen Asylantrag braucht, sollen Flüchtlinge aus den Krisenländern Syrien und Irak gleich von den Ausländerbehörden der Länder übernommen werden. Dort sollen sie nach Willen der Liberalen eine Aufenthaltsgenehmigung für maximal drei Jahre erhalten - und damit auf Jobsuche gehen können. Das sei "notwendig für eine schnelle Integration", betonte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Rot-Grün-Blau und Piraten stimmten im Grundsatz zu. Für die CDU schafft der Gesetzentwurf der FDP hingegen "falsche Anreize". Nun beraten der Innen- und Rechtsausschuss und der Europaausschuss.

(Drucksache 18/3654)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2015, S. 19
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2016

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