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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2082: Müll an den Stränden - Die Plastiktüte hängt am Pranger (Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2014
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Müll an den Stränden: Die Plastiktüte hängt am Pranger


Kunststoff für den Kunden: In Kaufhäusern landet die Ware gleich nach der Bezahlung in der Plastiktüte. Obst und Gemüse aus dem Supermarkt kommen per Beutel ins Haus, ebenso wie Reklame und Zeitungen. Laut Umweltbundesamt verbraucht jeder Deutsche pro Jahr 71 Plastiktüten. Die Beutel landen schnell im Abfall oder in der Natur, belasten die Umwelt und verschmutzen die Meere.


Wenige Tage vor der Entscheidung der EU, den Verbrauch von Plastiktüten bis 2025 deutlich zu verringern, diskutierte im November auch der Landtag. Koalition und Piraten regten ein Bündel von Maßnahmen gegen die Müllflut an. CDU und FDP gaben sich abwartend.

Rot, Grün und Blau verabschiedeten einen Antrag, der den Aufbau einer tütenarmen Modellregion vorsieht. Solche Initiativen gibt es bereits in Flensburg und Kiel. Hier hat die Kommunalpolitik das Ziel einer Stadt ohne Plastikmüll ausgegeben. Zudem soll die Landesregierung prüfen, ob eine Plastiktüten-Abgabe rechtlich möglich ist. Und: Der Handel wird aufgerufen, in einer "freiwilligen Selbstverpflichtung" auf die Tüte zu verzichten. Die Lage sei "besorgniserregend", warnte Marlies Fritzen (Grüne): Allein in der Nordsee sammelten sich jährlich rund 20.000 Tonnen Abfall. Der größte Teil davon befinde sich auf dem Meeresboden und gefährde die Meeresbewohner. "Das beste Plastikteil ist das, das gar nicht erst produziert wird", warb Lars Winter (SPD) für Aktionen wie "Tasche statt Tüte" auf Föhr und Amrum. Die dort gestartete Kampagne für einen plastiktütenfreien Tag mache deutlich, wie wichtig das gesellschaftliche Engagement vor Ort sei, lobte Flemming Meyer (SSW).

Auslöser der Debatte waren die Piraten, denen die Vorschläge der Koalition nicht weit genug gingen. Angelika Beer forderte einen Preis von 50 Cent pro Tasche und einen Ideen-Wettbewerb für "clevere" Beutel und Becher. Außerdem will sie den Erdölförderzins "als Symbol" um 0,1 Prozent erhöhen. So werde weniger Öl und damit auch weniger Plastik verbraucht.

Die CDU rief dazu auf, das Thema noch einmal mit Experten zu diskutieren. "Wir sollten nicht nur kleinteilige Lösungen für Schleswig-Holstein suchen", sagte Heiner Rickers. Auch die FDP warnte vor voreiligen Schlüssen. Wenn Plastiktüten wegfielen, würden die Kunden womöglich auf eingeschweißte und fertig abgepackte Ware umsteigen, mahnte Oliver Kumbartzky: "Dann hat man das Problem, dass man anderen Müll hat, aber trotzdem Müll."

Umweltminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte lokale Initiativen wie "Fishing for Litter", bei der schleswig-holsteinische Fischer Müll aus Nord- und Ostsee holen und an Land ordnungsgemäß entsorgen. Er regte zudem eine Änderung des Wertstoffgesetzes an. Würde es gelingen, eine Recyclingquote von 100 Prozent zu erreichen, "dann hätten wir das Problem des Mülls im Meer gleich mit gelöst".

(Drucksachen 18/2384, /2454)


TÜTEN UND MEER

Laut Bundesumweltministerium verbraucht jeder Europäer im Durchschnitt 198 Plastiktüten pro Jahr. In Deutschland sind es 71, in Polen und Portugal bis zu 450. In Irland, wo eine Gebühr von bis zu einem Euro pro Tüte fällig wird, sind es jedoch nur 20. Das EU-Ziel: Im Schnitt 45 Tüten pro Kopf im Jahr 2025.
In Deutschland sollen Kunststofftaschen über das duale System flächendeckend erfasst und verwertet werden. Nach Angaben von Umweltverbänden gelangen dennoch jedes Jahr 7,5 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Weltmeere. Es dauert bis zu 500 Jahre, bis sich Kunststoff vollständig zersetzt. Im Meer hat der Plastikmüll massive Auswirkungen auf Meerestiere, Strände und den Sauerstoffaustausch am Meeresgrund. Seevögel und Fische halten Plastikteile für Nahrung und verschlucken sie. Wenn sich das Plastik im Fleisch ablagert, kann es in die Nahrungskette gelangen.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2014, S. 18
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2015

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