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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2054: Abzocke durch Radarfallen? Neues Konzept gefordert (Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / März 2014
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Abzocke durch Radarfallen? Neues Konzept gefordert



Welcher Autofahrer kennt das nicht? Man drückt das Gaspedal durch, da blitzt es am Straßenrand - eine versteckte Radarfalle springt an. Kurz darauf verhängt die Kommune ein Verwarngeld. Der Verdacht: Kreis oder Stadt wollen so ihre klammen Kassen füllen. Piraten und FDP fordern nun einen Kurswechsel. Damit stießen sie in der März-Tagung auch bei der CDU und der Landesregierung im Grundsatz auf Zuspruch.


Der Plan: Piraten und Liberale wollen, dass die Kommunen im Vorwege bekanntgeben müssen, wann und wo kontrolliert wird, etwa mit Hinweisschildern, in der Zeitung oder im Internet. Geheim-Blitzer soll es trotzdem noch geben, allerdings nur unter Aufsicht der Polizei. Die Ordnungshüter sollen die Raser dann umgehend herauswinken, belehren und zur Kasse bitten. Das hierbei eingenommene Geld soll dann nicht mehr in den kommunalen Haushalt fließen, sondern an das Land, in einen Topf für Verkehrssicherheit.

"Die Strategie, durch zufällige versteckte Geschwindigkeitskontrollen einen allgemeinen Kontrolldruck zu schaffen, funktioniert nicht", betonte Patrick Breyer (Piraten). Wissenschaftliche Untersuchungen hätten belegt, dass der Schutz- und Lerneffekt "gleich null" sei. Nur wenn Raser direkt nach ihrem Vergehen von der Polizei zur Rede gestellt werden, würde das zum Einlenken und womöglich einer anderen Einstellung der Fahrer führen, so Breyer. "Wir brauchen gerade an Gefahrenstellen wie Kitas, Schulen oder Altenheimen mehr verdeckte Geschwindigkeitskontrollen, aber durch die Polizei", schloss sich Christopher Vogt (FDP) an. "Die bisherige Praxis schadet und geht massiv zulasten der Akzeptanz", so Vogt. Hans-Jörn Arp (CDU) unterstützte den Antrag. Es habe einen "Beigeschmack", wenn Kommunen durch Blitzer ihre Haushalte sanieren wollten. So habe die Stadt Lübeck in einem Jahr 1,2 Millionen Euro extra eingenommen, weil die Höchstgeschwindigkeit an einer großen Einfallstraße ohne verkehrstechnischen Grund von 70 auf 60 km/h herabgesetzt worden sei. Anschließend sei munter geblitzt worden.

Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) kündigte Gespräche mit den Kommunen über dieses Thema an. "Es gibt klare Kriterien dahin gehend, wo man solche Kontrollen durchführt, nämlich dort, wo Unfallhäufigkeiten festgestellt wurden oder besondere Gefahrenstellen sind." Die Akzeptanz für Blitzer leide, wenn an anderen Stellen nur zum Abkassieren geblitzt werde.

Bei den Koalitionsfraktionen überwog die Skepsis. "Die Geschwindigkeits-Überwachung greift dann, wenn Menschen wider besseres Wissen zu schnell fahren", hob Kai Vogel (SPD) hervor: "Sie gefährden damit sich und andere." Das Argument, dass Radarfallen auch zu Unfällen durch abruptes Abbremsen führen, wies er zurück. Das sei durch keine belastbaren Zahlen nachzuweisen. Flemming Meyer (SSW) merkte an, Bußgelder für zu schnelles Fahren seien keine Abzocke. "Das sind Strafen aufgrund von Verkehrsverstößen." Und Andreas Tietze (Grüne) mahnte, die Frage der Radarfallen sei Bestandteil einer modernen Verkehrspolitik und sollte nicht "populistisch herausgelöst" werden.

Der Wirtschaftsausschuss berät das Thema gemeinsam mit dem Bericht der Landesregierung zu einer Strategie für mehr Sicherheit im Straßenverkehr weiter.

(Drucksachen 18/1632 und 18/1667 neu)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 im März 2014, S. 19
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2014