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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1875: Sinti und Roma dicht vor Aufnahme in die Verfassung (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 07 - September 2012

Sinti und Roma dicht vor Aufnahme in die Verfassung



Die Volksgruppe der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein hat im nunmehr sechsten parlamentarischen Anlauf gute Aussichten, künftig wie Dänen und Friesen unter den besonderen Schutz der Landesverfassung gestellt zu werden. Allein die CDU zeigte sich zurückhaltend.


Grüne, SPD, SSW, Piraten und FDP, die den Antrag eingebracht haben, stellen gemeinsam 47 Parlamentarier. Vorausgesetzt alle Abgeordneten dieser Fraktionen stimmen in der Zweiten Lesung geschlossen zu, dann ist bei insgesamt 69 Parlamentssitzen die für eine Verfassungsänderung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit beisammen.

Einzig die CDU äußerte Bedenken. Innerhalb der Fraktion gebe es zwar auch Zustimmung für den Antrag, sagte Fraktionschef Johannes Callsen, der Meinungsbildungsprozess sei aber noch nicht abgeschlossen. Es werde beispielsweise noch diskutiert, ob Sinti und Roma als eine landesspezifische Minderheit angesehen werden können. Zuletzt war die Aufnahme der Sinti und Roma in die Verfassung im Juni vergangenen Jahres an den Enthaltungen von CDU und FDP gescheitert.

In Artikel 5 der Verfassung soll es künftig heißen: "Die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung." Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sprach von Symbolpolitik im besten Sinne. Es sei selbstverständlich, dass die Sinti und Roma mit den beiden anderen Volksgruppen gleichgestellt würden, sagte Albig.

Die Ausschüsse Innen- und Recht sowie Europa bereiten die Zweite Lesung vor.

Weitere Redner: B. Pauls (SPD), W. Kubicki (FDP), A. Beer (Piraten), L. Harms (SSW) / (Drs. 18/93neu, 2. Fassung)


KASTEN

KLAUS SCHLIE REGT GROßE VERFASSUNGSREFORM AN

Im Zusammenhang mit der sicher erscheinenden Aufnahme der Sinti und Roma in die Landesverfassung hat sich Landtagspräsident Klaus Schlie für eine grundlegende Überarbeitung der 22 Jahre alten Verfassung ausgesprochen. "Der Landtag sollte die Debatte nutzen und es nicht erneut bei einem Einzelschritt belassen", so Schlie.


In die Diskussion um eine große Reform gehöre auch die Aufnahme eines speziell auf Schleswig-Holstein bezogenen Grundrechtskatalogs, sagte der Landtagspräsident. Auch gebe es bereits Überlegungen zu Punkten wie Regelungen zum Datenschutz, ein neues Weisungsrecht des Landtages zum Abstimmungsverhalten der Landesregierung im Bundesrat oder belebende Elemente zum Ausbau der norddeutschen Kooperation.

Schlie kündigte an, mit den Landtagsfraktionen diesbezügliche Gespräche aufzunehmen: "Es ist an der Zeit, die 1990 erarbeitete Landesverfassung einer mittlerweile grundlegend veränderten Lebenswirklichkeit anzupassen."


Bildunterschrift einer der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen auf S. 4 der Printausgabe:
- In Schleswig-Holstein leben etwa 5.000 Sinti und Roma, hauptsächlich in Kiel, Lübeck sowie im Hamburger Randgebiet. In der Nazi-Zeit kamen rund 400 Sinti und Roma aus dem Norden in Vernichtungslagern ums Leben. Die Minderheit wurde hierzulande 1417 erstmals in Lübeck urkundlich erwähnt.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 07 im September 2012, S. 4
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2012