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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1848: Ämter dürfen nur noch begrenzt Gemeindeaufgaben übernehmen (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 04 - April 2012

Ämter dürfen nur noch begrenzt Gemeindeaufgaben übernehmen



Nachdem das Landesverfassungsgericht vor zwei Jahren die alte Amtsordnung für verfassungswidrig erklärt hatte, hat der Landtag jetzt seine Hausaufgaben gemacht und mit den Stimmen der Koalition eine neue Kommunalverfassung verabschiedet. Demnach dürfen Gemeinden nur noch streng definierte Aufgaben an die Ämter abgeben. In der Vergangenheit konnten die Gemeinden Aufgabengebiete nahezu unbegrenzt übertragen - obwohl die Ämter nicht direkt demokratisch legitimiert waren. Dies hatten die Verfassungsrichter beanstandet.


Die Opposition kritisierte dennoch, dass ihre Vorstellungen, wie beispielsweise die Stärkung der Bürgerrechte, im Gesamtpaket der Reform nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Innenminister Klaus Schlie (CDU) konterte: Der Gesetzentwurf ebne einen praktikablen und rechtssicheren Weg und führe zu "mehr Entscheidungsfreiheit der Kommunalpolitik vor Ort".

Künftig dürfen Gemeinden aus einem Katalog von 16 Aufgaben maximal fünf abgeben. Dazu gehören beispielsweise die Wasserversorgung, die Straßenreinigung oder die Trägerschaft von Schulen und KiTas. Die Kernaufgaben, wie etwa das Haushaltsrecht oder die Bauleitplanung, müssen die Kommunalvertreter weiter selbst erledigen. Zudem ist es Gemeinden mit einer Einwohnerzahl ab 4.000 nunmehr freigestellt, ob sie einen hauptamtlichen Bürgermeister wollen. In Schleswig-Holstein gibt es 87 Ämter, die Verwaltungsaufgaben für Gemeinden übernehmen. Gut 1.000 der rund 1.100 Gemeinden gehören nach Angaben des Innenministeriums einem Amt an.

Günther Hildebrand (FDP) gestand zwar ein, dass seine Fraktion in einigen Punkten ursprünglich andere Vorstellungen hatte, wie zum Beispiel bei der Bürgermeister-Direktwahl. Letztendlich zeigte er sich aber zufrieden: "Insgesamt stärken wir die kommunale Eigenverantwortung und die Zuständigkeiten vor Ort."

Die SPD unterstützte die von der Koalition vorgelegte Kataloglösung bei der Aufgabenübertragung. Ihr innenpolitischer Sprecher Thomas Rother kritisierte aber, dass weitere Anregungen aus den Anhörungen nicht aufgegriffen worden seien: "Die Chance zu einer kleinen aber feinen Reform wurde vertan", so Rother.

Weiterhin monierte die gesamte Opposition, dass die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen, etwa beim Bau von Sport- und Spielplätzen, geschwächt würden, da der entsprechende Paragraph der Gemeindeordnung geändert wurde. "Das schafft den eigentlichen Kern unserer Kinder- und Jugendbeteiligung ab", beklagte Ines Strehlau (Grüne). Heinz-Werner Jezewski (Linke) bedauerte, dass die Koalition die Chance habe verstreichen lassen, das Land "ein bisschen bürgerfreundlicher" zu machen, und die SSW-Fraktionsvorsitzende Anke Spoorendonk vermisste weiterhin "eine umfassende und langfristige Strategie" zur Gestaltung der kommunalen Strukturen.

(Drs. 17/967neu, /1291, /1660, /1663, /2408, /1693, /2368, /1335, /966neu)


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WEITERE ÄNDERUNGEN

Im Zuge der Kommunalreform wurde auch das Wahlrecht geändert. Wie bereits im Landtagswahlrecht, so wird nun auch auf kommunaler Ebene das alte Zählverfahren nach d'Hondt, das einen Verzerrungseffekt zuungunsten kleinerer Parteien mit sich brachte, durch das System nach Sainte-Laguë/ Schepers ersetzt. Weiterhin wird für Städte über 50.000 Einwohner der Sonderstatus "Große kreisangehörige Stadt" eingeführt. Dadurch können Aufgaben und Zuständigkeiten des Kreises vollständig auf die Stadt übertragen werden.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 04 im April 2012, S. 3
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2012