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RHEINLAND-PFALZ/2870: Kommunalreform spielt große Rolle beim Doppelhaushalt (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 39/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 28. Oktober 2013

Kommunalreform spielt große Rolle beim Doppelhaushalt



Eine ganze Reihe weiterer Gesetzentwürfe für Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften im Rahmen der Kommunalgebietsreform brachte der Landtag in erster Lesung auf den Weg. Dabei lagen neben zwei, von allen Fraktionen gemeinsam eingebrachten Entwürfen zur Bildung neuer Zuschnitte von Verbandsgemeinden, die im Rahmen der Freiwilligkeitsphase vereinbart wurden, erstmals auch Gesetzentwürfe der Landesregierung vor, die nicht auf solchen freiwilligen Vereinbarungen der betroffenen Kommunen beruhen. Über die Bewertung dieser neun Zusammenschlüsse entstand bei der Debatte ein deutlicher Dissens zwischen Koalitionsfraktionen und Opposition. Hier eine Auswahl der Redebeiträge.

Die Freiwilligkeitsphase sei am 30. Juni des vergangenen Jahres abgelaufen, "und niemand wird geglaubt haben, dass alle Gebietsänderungen, deren Erfordernis sich aus dem Gesetz ergibt, auf freiwilliger Basis umgesetzt werden können", sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD). Der Landesregierung sei immer klar gewesen, dass die Gebietsänderungen zum Teil vor Ort auf Widerstand stoßen würden. "Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass im Sinne des Gemeinwohls weitere Gebietsänderungen in Rheinland-Pfalz erforderlich sind", sagte der Minister.

Er stelle fest, "dass die Verwaltungsreform in den Bahnen läuft, die zu erwarten waren", sagte Hans Jürgen Noss (SPD). Die Reform sei 2007 gestartet. Mittlerweile sei mehr als sechs Jahre in den verschiedenen Gremien diskutiert worden. "Überall dort, wo keine Betroffenheit herrschte, haben die Bürger und die Kommunalpolitiker gesagt: Jawohl, das ist eine gute Sache." Ebenso klar sei aber gewesen, dass "wir keine Kommunalreform und keine Gebietsreform machen können, bei der wir sagen, die Bürgerbeteiligung geht über alles."

Die Reform befinde sich "vielleicht im Bereich des ersten Drittels eines Triathlons", sagte Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen). Die letzte umfassende Kommunal- und Verwaltungsreform unter Helmut Kohl habe über zwölf Jahre und 18 Gesetze angedauert. Es sei gutes Recht, wenn vor dem Landtag Menschen aus Gemeinden demonstrierten, in denen keine gemeinsame Lösung gefunden worden ist. Die Koalitionsvereinbarung lege sich darauf fest, die erste Stufe fortzuführen und eine zweite Stufe anzuschließen, die dann auch Kreise und kreisfreie Städte umfasst.

Es sei jetzt, da die Fusionsgesetze vorliegen, "der richtige Anlass, sich kritisch und vor allen Dingen konstruktiv mit den jeweiligen Bürgerbeteiligungsverfahren auseinanderzusetzen", sagte Pia Schellhammer (Bündnis 90/Die Grünen). Diese müssten weiterentwickelt werden. Ein weiterer Punkt sei, wie man Beteiligungsverfahren auch vor Ort in den Kommunen begleite. Die nächste Baustelle sei die Frage, wer eine Moderation und eine Begleitung leisten sollte und die Informationsgrundlage für Abstimmungen.

Hinter dem gemeinsamen Gesetzentwurf über den freiwilligen Zusammenschluss stehe auch die CDU-Landtagsfraktion, sagte Bettina Dickes (CDU). "Das große Problem für uns liegt in den Dingen, die nicht geklärt sind." Das sehe man schon an dem unterschiedlichen Umfang der Gesetzentwürfe zu Lambsheim-Heßheim sowie zu Bad Kreuznach und Bad Münster.

Die CDU habe nichts getan, damit die Fusion der Stadt Bad Kreuznach und der Stadt Bad Münster am Stein zustande komme, kritisierte Carsten Pörksen (SPD). Es seien doch die Bürgermeister und Verbandsbürgermeister der CDU gewesen, die die Stadt Bad Münster am Stein-Ebernburg in die Situation gebracht hat, dass sie 30 Millionen Euro Schulden bei 4000 Einwohnern habe.

Das Landesgesetz über die Eingliederung der verbandsfreien Stadt Herdorf in die Verbandsgemeinde Daaden sei "ein unabweisbarer Beweis für die bürgerfremde und ignorante Politik der Landesregierung und insbesondere die des Innenministers Lewentz", sagte Michael Wäschenbach (CDU). Sowohl in der Stadt Herdorf als auch in der Verbandsgemeinde Daaden hätten sich die Räte parteiübergreifend mit CDU, SPD und Grüne gegen die Eingliederung Herdorfs in die Verbandsgemeinde Daaden ausgesprochen.

Den Gesetzentwurf der "Zwangsfusion der Verbandsgemeinden Edenkoben und Maikammer" thematisierte Christine Schneider (CDU). Das Vorgehen der Regierung, insbesondere der regierungstragenden Fraktionen, habe dazu beigetragen, dass die Fronten vor Ort sehr verhärtet seien. Insbesondere in der Südpfalz habe sich gezeigt, dass eine Zwangsfusion nicht gegen den Willen der Bürger durchzuführen sei.

Bei der "angedrohten Zwangsfusion" zwischen Budenheim, Heidesheim und Wackernheim zeige sich, dass es sich um ein Gegenbeispiel für das handele, was die Landesregierung mit der Reform bezwecken wolle, sagte Dorothea Schäfer (CDU). Budenheim sei seit einigen Jahren in der Lage, freiwillige Leistungen zu finanzieren. "Wenn Die Gemeinde nicht zu einer Fusion gezwungen wird, kann sie das auch in Zukunft tun." Das Ergebnis des Gutachtens sei, dass Budenheim mit der Fusion "fast in die Miesen gehen" werde.

Wenn sich zwei finanziell todkranke Verbandsgemeinden in ein Bett legen, komme dabei eine Verbandsgemeinde heraus, die sterben werde, ist Michael Billen (CDU) überzeugt. Die Landesregierung gab 1,5 Millionen Euro für Gutachten aus. Darin stehe aber nichts zu Neuerburg und Irrel. "Sie legen zwei finanziell Kranke zusammen, Neuerburg und Irrel, und geben keinen Cent, sondern sagen, das ist Gemeinwohl", kritisierte Billen. "Das ist gemein. Mit Wohl hat das nichts zu tun", schloss der Abgeordnete.

Wie negativ sich die Androhung einer "Zwangsfusion" auf das Miteinander von benachbarten Verbandsgemeinden auswirken könne, sei am Beispiel Thaleischweiler-Fröschen-Wallhalben zu sehen, sagte Dr. Susanne Ganster (CDU). Thaleischweiler-Fröschen werde es leicht gemacht, sich auf eine Fusion einzulassen, weil es der deutlich größere Partner sei, der den Verwaltungssitz bekomme und den kleineren Partner Wallhalben quasi bei sich aufnehme.

Das Gesetz zur "Zwangseingliederung" der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn ist laut Markus Klein (CDU) "ein gutes, leider aber kein gelungenes Beispiel dafür, wie falsch der Weg ist, den die Landesregierung hier bei den Fusionen eingeschlagen hat". Was zu anderen Verbandsgemeinden gesagt wurde, scheine sich im vorliegenden Fall zu bündeln. "Erstmals geht es hier um zwei Verbandsgemeinden, die sich beide gegen diese Art von Fusion ausgesprochen haben", betonte Klein. Es habe ein Bürgerbegehren in Enkenbach-Alsenborn mit einer überragenden Beteiligung und einer noch überwältigenderen Ablehnung der Fusion von mehr als 95 Prozent gegeben. In dem Gesetzentwurf werde dieser Bürgerentscheid einfach vom Tisch gewischt und spiele keine Rolle.

LAD/STE/SCH

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 39/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2013