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RHEINLAND-PFALZ/2801: Jugendliche aktiver an Politik beteiligen (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 14/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 6. Mai 2013

Jugendliche aktiver an Politik beteiligen



In zweiter Beratung wurde der Gesetzentwurf von SPD und Grünen zum Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz diskutiert. Der Antrag sah unter anderem vor, das Wahlrecht bei Kommunalwahlen auf 16 herabzusetzen. Die Regierungskoalition bezeichnete den Antrag als zeitgemäß und überfällig, da Jugendliche fähig und willens seien, sich aktiver an der Politik zu beteiligen. Bei der CDU-Fraktion stieß der Antrag auf Ablehnung. Er sei nicht förderlich, da die Jugendlichen selbst dagegen stimmten, schon mit 16 wählen zu dürfen und es an anderer Stelle zu einer stärkeren Einbindung junger Menschen kommen müsse. Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen von SPD und Grünen gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Nach Meinung von Hendrik Hering (SPD) verweigerte die CDU rheinland-pfälzischen Jugendlichen, was für die Mehrheit in Deutschland bereits möglich ist. Junge Menschen interessierten und engagierten sich immer stärker für Politik, so Hering. Deshalb sei es Aufgabe der Politik, ihnen ein Signal zu geben, dass man auf sie zugehe. Dabei handele es sich um ein Gebot der Fairness. Jugendliche hätten schon jetzt ein gutes Gespür für das, was für sie wichtig ist. Die Argumentation der CDU in Form der Gleichsetzung von Wahlrecht und Volljährigkeit bedeute eine verkürzte und unzureichende Diskussion der Frage. Es gebe jetzt schon ein differenziertes Rechtssystem in Bezug auf Altersgrenzen und -hürden. Der CDU attestierte Hering diesbezüglich, der Zeit hinterherzulaufen. Es habe sich gezeigt, dass man durch die Vorziehung des Wahlalters eine stärkere Beteiligung der Jugendlichen erreichen könne, dies sei von Seiten der Jungen Menschen auch erwünscht und gefordert worden. Gerade in Bezug auf den demografischen Wandel müsse die Jugend stärker eingebunden werden um sich ausreichend Gehör verschaffen zu können.

Dem widersprach CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner (CDU). Ihrer Meinung nach bedeute mit der Herabsetzung des Wahlalters dem demografischen Wandel und zunehmender Politikverdrossenheit zu begegnen, eine vereinfachte Sichtweise der Situation. Man müsse zweifellos früher mit der Einbindung junger Menschen in politische Prozesse beginnen. Das Wahlrecht sei hier aber nicht der Beginn, sondern der Endpunkt dieser Einbindung. Der Blick auf andere Bundesländer zeige, dass die Herabsetzung des Wahlalters nicht zu einer stärkeren Beteiligung junger Menschen führe. Vor allem die Grünen hätten stets gefordert, die Meinung der Jugendlichen selbst abzuwarten. Es hätte sich aber nun gezeigt, dass die Mehrheit der Jugendlichen gar nicht für ein früheres Wahlrecht eintreten. Damit gehe die Koalition nun über die Meinung der Jugendlichen selbst hinweg, wenn sie dennoch das Wahlsystem ändere. Toleranz werde nun intolerant "durchgedrückt". Klöckner plädierte, stattdessen andere Einbindungsmöglichkeiten stärker zu fördern, dies könne beispielsweise verstärkt in Schulen stattfinden. Hier gelte es nun, beispielsweise den Unterrichtsausfall zu bekämpfen.

Fraktionsvorsitzender Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, die Würde des Menschen bestehe im Wahlrecht. Dieses Recht müsse man nun auch Jugendlichen geben. Der Schritt sei dabei nur einer auf dem Weg zu einem umfassenden Wahlrecht von Jugendlichen, die schon fähig seien, die Bürde dieses Rechtes zu tragen. Wenn man, wie von der Union gefordert, die Wahlbefähigung von 16-Jährigen hinterfrage, wieso gelte dies nicht auch für ältere Menschen, denen man ungeprüft die Befähigung attestiere. Demokratische Rechte müssten stets erkämpft werden, betonte Köbler. Dies sei auch im Falle des Wahlrechts von Jugendlichen nun der Fall und müsse auch gegen Widerstand geschehen. Jugendliche könnten bislang oftmals nur unzureichend ihre Interessen artikulieren, da sie nicht wahrgenommen würden, fuhr er fort. Deshalb sei es Aufgabe der Politik, ihnen diese Möglichkeit zu schaffen. Es handele sich bei der Verfassungsänderung um einen Schritt zu mehr Demokratie in Rheinland-Pfalz. Damit würde hier etwas möglich, das in vielen anderen Bundesländern bereits an der Tagesordnung ist und sich bewährt habe. Die CDU, so Köbler, habe ohnehin keinen Alternativvorschlag eingebracht und beschränke die eigenen Aussagen auf Scheinargumente, die nichts Produktives schüfen.

Innenminister Roger Lewentz (SPD) schloss sich der Argumentation von SPD und Grünen an. Es könne nun den Jugendlichen die Möglichkeiten gegeben werden, sich aktiv an der Politik zu beteiligen. Das schon moderne Kommunalwahlrecht müsse nun erneut erneuert und an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Rheinland-Pfalz stelle dabei ohnehin keinen Einzelfall dar. Einige Bundesländer würden bereits das Wahlrecht ab 16 umsetzen, dies habe sich als erfolgreich herausgestellt. Jugendliche fühlten sich als fähig zu wählen und seien dies auch. Man könne ihnen diese Entscheidungen zutrauen. Eine Verweigerungshaltung gegenüber dieser Entwicklung einzunehmen, würde sich langfristig mit Sicherheit als falsch herausstellen, erklärte Lewentz.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 14/2013, Seite 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2013