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RHEINLAND-PFALZ/2737: Atomkraftwerk Cattenom abschalten (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 46/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 10. Dezember 2012

Cattenom abschalten



Die CDU-Fraktion schloss sich kurzfristig einem Koalitionsantrag an, der eine Abschaltung des Atomkraftwerks im französischen Cattenom einfordert. Er wurde entsprechend einstimmig verabschiedet.

Das Thema Cattenom habe sich mit dem Antrag vom März nicht erledigt, betonte Stephanie Nabinger (Bündnis 90/Die Grünen). EDF wolle jetzt massiv in Cattenom investieren "und dadurch die Laufzeiten dieser Schrottreaktoren bis 2051 verlängern". Das sei mit ihrer Fraktion nicht zu machen. "Cattenom ist immer noch das größte Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz", sagte die Abgeordnete. Die Bundesregierung verstecke sich hinter der Souveränität Frankreichs. Zum einen liege aber nun der endgültige Abschlussbericht des EU-Stresstests zu Cattenom vor. Zum anderen plane die neue französische Regierung die Errichtung eines Endlagers für hochradioaktives Material in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rheinland-Pfalz. "Angesichts der erheblichen Risiken atomtechnischer Anlagen in der Region können diese Angelegenheiten keine reine nationalen Aufgaben Frankreichs sein", stellte Nabinger klar.

Die Zustände im AKW Cattenom seien "seit vielen Jahren besorgniserregend", stimmte Arnold Schmitt (CDU) der Einschätzung seiner Vorrednerin bei. In den kommunalen Gremien werde das Thema oft parteiübergreifend behandelt. "Die Informationspolitik der Franzosen ist sehr schlecht", kritisierte Schmitt. Von den jüngsten Störungen habe die Kreisverwaltung aus der Zeitung erfahren. Bei den Forderungen, die in dem Antrag stehen, seien alle einer Meinung. Da der Antrag mit dem vom März nahezu identisch sei, habe seine Fraktion gedacht, dass die Grünen mit ihrer Ministerin sehr unzufrieden seien. "Wenn man nach einem halben Jahr den Antrag noch einmal stellt, dann wirft man indirekt Untätigkeit vor." Er stelle sich die Frage, ob die Ministerin mit dem Interregionalen Parlamentarierrat oder der Regionalregierung in Lothringen Gespräche geführt habe. Die CDU aus Trier-Saarburg habe die Bundeskanzlerin angeschrieben und für den Bundesparteitag einen Antrag gestellt, der darauf abziele, dass das Thema Cattenom bei der Bundesregierung mehr Beachtung finde.

Es mache wenig Sinn, im Nachhinein herumzukritisieren und zu sagen, "dass man das hätte anders machen sollen", antwortete Jens Guth (SPD) Vorredner Schmitt. Entweder mache man einen gemeinsamen Antrag, "dann steht man dazu, oder man lässt es bleiben und bringt andere Positionen vor", erläuterte der Abgeordnete. Seit der Inbetriebnahme Cattenoms habe es insgesamt 750 sicherheitsrelevante Ereignisse geben. Der Abschlussbericht der Anrainerstaaten habe aufgezeigt, dass das Kraftwerk ein enormes Risikopotenzial mit sich bringe. Deshalb forderten Rheinland-Pfalz, Saarland und Luxemburg zu Recht die sofortige Abschaltung und die dauerhafte Stilllegung von Cattenom. "Die Atomenergie ist und bleibt eine unberechenbare Technologie. Deshalb müssen wir nicht nur in Deutschland, in Europa, sondern weltweit aus der Atomenergie aussteigen", forderte Guth. "Die Fraktionen und die Landesregierung versuchen, im Dialog mit den Franzosen zu bleiben. Das gelingt mal mehr, mal weniger."

Energieministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hält die Kommunikation in Richtung der französischen Seite für ausbaufähig, "und zwar auf allen Ebenen". So gab es in diesem Jahr eine Katastrophenschutzübung mit allen Einsatzkräften, die in der Großregion zur Verfügung stehen. Über 1000 Personen seien daran beteiligt gewesen. "All diese Einsatzkräfte haben sich das erste Mal in ihrem Leben tatsächlich mit einem solchen Unfall beschäftigt", schilderte Lemke. Es habe sich gezeigt, dass auf französischer Seite das Bewusstsein für derartige Störfälle überhaupt nicht ausreichend vorhanden sei, "die im Durchschnitt in jedem Jahrzehnt einmal auf dieser Welt eintreten". Sie könne jede Forderung nach Fortsetzung des Dialogs und weiteren Initiativen in Parlamenten und Räten sowie nach mehr Öffentlichkeitarbeit nachvollziehen. Lemke schilderte, Schmitt antwortend, ihre umfangreichen Kontakte in der Sache Cattenom sowie die parlamentarischen Vorstöße der grünen Bundestagsfraktion.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 46/2012,
Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2012