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RHEINLAND-PFALZ/2724: Wohnen im Alter weiterfördern (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 41/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 5. November 2012

Wohnen im Alter weiterfördern



Eine Durchführungsverordnung zum neuen Landes-, Wohn- und Teilhabegesetzes (LWTG), die zurzeit noch im Sozialministerium erarbeitet wird, stand im Fokus eines Antrags der CDU-Fraktion. Der Landtag lehnte die Ausschussüberweisung mehrheitlich ab, ebenso das Papier selbst.

Die Durchführungsverordnung werde "sehr wichtige Auswirkungen haben", erläuterte Hedi Thelen (CDU) den Hintergrund des Antrags ihrer Fraktion. Mit dem 2010 in Kraft getretenen Landes-, Wohn- und Teilhabegesetzes sei die Landesregierung ganz neue Wege gegangen. "Man ist von Einrichtungsbegriffen weggegangen und hat sich an dem Betreuungsbedarf der Menschen orientiert und daran bestimmte Aufsichtspflichten geknüpft", erläuterte Thelen. Bereits im Jahr 2011 habe man mit vielen Arbeitsgruppen Eckpunkte für die Durchführungsverordnung erarbeitet. Abgeordnete seien von betroffenen Verbänden und Heimträgern darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich hier für sie "gegebenenfalls eine sehr schwierige Entwicklung abzeichnet". Gerade in der schwierigen Frage, welche Bauanforderungen an Heime gerichtet werden, hätten sie den erarbeiteten Konsens in dem dann vorgelegten Entwurf der Durchführungsverordnung nicht wiedergefunden. "Das sollte im Ministerium noch einmal bedacht und ein Stück weit geändert werden", empfahl Thelen. So erhöhe die Durchführungsverordnung die Raumgrößen für Einzel- und Doppelzimmer ohne Übergangsfristen und ohne Bestandsschutz. "Das würde im Zweifel bedeuten, dass etwa Dreiviertel der Einrichtungen in Rheinland-Pfalz den neuen Maßstäben der Durchführungsverordnung nicht entsprechen würden", erläuterte Thelen. Für Ausnahmegenehmigungen gebe es in der Durchführungsverordnung "keinerlei Kriterien".

Das alte Heimgesetz bildete laut Peter Wilhelm Dröscher (SPD) "die Wünsche und auch die Möglichkeiten eines auch unter Einschränkungen und Behinderungen leb- und erlebbaren Höchstmaßes an Selbstbestimmung und Teilhabe nicht mehr ab". Die im Juli angelaufene Evaluation des Landeswohnformen- und Teilhabegesetzes werde Hinweise geben, "an welcher Stelle wir das Gesetz noch weiterentwickeln müssen". Eingebunden in diese Evaluation sei auch die Durchführungsverordnung. Sie befinde sich zurzeit in der Abstimmung im Ministerium und solle möglichst Ende des Jahres in Kraft treten. Die CDU habe sich nun aus den Rückmeldungen die Punkte herausgezogen, "von denen sie sich im Besonderen einen Aufmerksamkeitswert versprach". Mitten in einem Prozess der Beteiligung und Abstimmung liege ein Antrag vor, "der Ängste schürt und der im Kern die Lebenschancen der betroffenen Menschen hinter vordergründige Interessen zurückstellt". Selbst der Bundesverband privater Altenheime werte die DVEO als grundsätzlich richtig und zeitgemäß, "und natürlich nehmen wir die Fragen der Übergangszeiten und des Bestandsschutzes ernst", sagte Dröscher. Neue Einrichtungen erfüllten meist schon die Regelungen der Durchführungsverordnung. Für viele Einrichtungen stünden ohnehin grundlegende Sanierungen in den nächsten zehn Jahren an. "Deshalb halte ich es für eher unerheblich, ob wir die Übergangsfristen noch verlängern oder ob wir den Bestandsschutz für alte Einrichtungen garantieren", erläuterte Dröscher.

Im Prozess einer Anhörung sei es wichtig, "auch die verschiedenen Schritte des weiteren Ablaufs einzuhalten und nicht in diesen Prozess mit einem Antrag hineinzugrätschen", sagte Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen). Sie glaube, dass es bisher sehr gut gelungen sei, die Standards in einem gemeinsam entwickelten Prozess weiterzuentwickeln, "sich dabei aber auch stärker als bisher am tatsächlichen Betreuungsbedarf zu orientieren". So halte sie Drei- bis Vier-Bett-Zimmer nicht mehr für zeitgemäß. "Das ist ein Standard, der weiterentwickelt gehört." Weil es in einer alternden Gesellschaft immer mehr mobilitätseingeschränkte Personen geben wird, müssten die Rahmenbedingungen für die Betroffenen verbessert werden. "Auch da ist das Landesgesetz vorangegangen", betonte Spiegel. Gemeinschaftliche Wohnformen sollten besser gefördert und unterstützt werden, etwa durch Mehrgenerationenhäuser und genossenschaftliche Wohnformen. Die Teilhabe der Menschen, die in den Einrichtungen leben, gelte es zudem zu verbessern und weiterzuentwickeln. "Ich glaube, dass wir damit auf einem guten Weg sind und wirklich die weiteren Schritte im Prozess nach der Anhörung einhalten sollten", lehnte sie den Antrag der CDU ab.

Die Durchführungsverordnung des LWTG steht laut Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) im Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner von heute und den Bedürfnissen der Einrichtungen. "Was können die Einrichtungen eigentlich mitgeben, um diese Standards eben auch zu erfüllen?", sei die Frage. Sie habe das Verfahren wie immer in ihrem Haus "sehr breit unter einen Beteiligungsprozess gestellt". Dabei seien durchaus unterschiedliche Standpunkte gewünscht und auch kontroverse Diskussionen geführt worden. "Natürlich nehme ich die Bedenken auch der Trägervertreter, bezogen auf ihre bestehenden Einrichtungen, sehr ernst", betonte Dreyer. Sie beschwere sich auch nicht darüber, dass sich die Opposition dazu eine Meinung bilde. Die Pressekonferenz der CDU dazu sei aus ihrer Sicht allerdings "ziemlich schräg" gewesen. "Im Rahmen eines Verfahrens, das absolut transparent und offen gestaltet ist, wirklich auch mit solchen Keulen aufzufahren, finde ich nicht gut." Das LWTG habe die gemeinschaftlichen Wohnformen im Fokus, weil dies von vielen Trägern eingebracht worden sei. Die Landesregierung sei bereit in der Verordnung mit aufzunehmen, dass die Quadratmeterzahl der Einzelzimmer nicht stoisch eingehalten werden müsse, wenn diese dann den größeren Gemeinschaftsflächen zugeschlagen werden. "Dieselbe Regelung soll nicht nur in den alternativen gemeinschaftlichen Wohnformen gelten, sondern explizit eben auch in stationären Einrichtungen", betonte die Ministerin.

Fortsetzung nächste Ausgabe
LAD/STE/RR

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 41/2012, Seite 3 + 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012