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RHEINLAND-PFALZ/2715: Bedauern über Schließung der "Warenkorb"-Kaufhäuser (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 39/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 22. Oktober 2012

Bedauern über Schließung der "Warenkorb"-Kaufhäuser



Auf Antrag der SPD-Fraktion kam in einer Aktuellen Stunde die Kürzung der Fördermittel zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen durch die Bundesregierung zur Sprache. In diesem Zusammenhang drückten alle Landtagsfraktionen ihr Bedauern bezüglich der Schließung von "Warenkorb-Kaufhäusern" in Rheinland-Pfalz aus. Die CDU-Fraktion stellte infrage, ob Förderung in diesem Bereich nur mit Hilfe dieser Fördermittel gewährleistet werden kann.

Friederike Ebli (SPD) stellte fest, wie wertvoll die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen für deren Wiedereinstieg in das Berufsleben sei. Die Koalition habe schon lange auf die Relevanz der Fördermittel hingewiesen und davor gewarnt, diese einzustellen. Die derzeit sieben Warenkorbkaufhäuser in Rheinland-Pfalz böten ein hervorragendes niedrigschwelliges Lernangebot für Menschen mit negativen Bildungserfahrungen. Dort würden günstige Waren angeboten und gleichzeitig Ausbildungserfahrungen ermöglicht, die ohne große Hemmnisse Arbeit für diejenigen ermögliche, die anderweitig nur schwer integriert werden könnten. Dadurch seien vor allem Migranten hervorragend an ein Berufsleben in Deutschland herangeführt worden. Dass diese Menschen nun ausgeschlossen würden, falle in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Die Kürzung der Mittel sei Ausdruck der Arbeitsmarktpolitik der schwarz-gelben Koalition, bei der Integration im Hintergrund stehe.

Äußerst bedauerlich sei die Schließung einiger Kaufhäuser, so auch Hedi Thelen (CDU). Dass aber alles an einer Förderung aus Bundesmitteln hänge, stelle aber eine Vereinfachung der Sachlage dar. Die Beispiele der Sozialkaufhäuser in Andernach, Mayen und Ahrweiler zeige recht deutlich, dass das Modell auch ohne eine entsprechende Zuwendung funktioniere. Zu beobachten bleibe die ungleichmäßige Verteilung von Geldmitteln zwischen Nord- und Südteil von Rheinland-Pfalz. Thelen lenkte den Fokus auf die Koordination von Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose. Der Wildwuchs im Sozialbereich führe nicht zuletzt dazu, dass Mittel falsch eingesetzt würden. Es sei nicht förderlich, wenn Arbeitslose mehrfach dieselben Maßnahmen absolvierten, die noch dazu meist keinen Qualifizierungsanteil beinhalteten. Die Entscheidung, eine Person mehrfach in ein und denselben Lehrgang zum Schreiben einer Bewerbung zu schicken, sei nur schwer zu rechtfertigen. Der Schlüssel zu einer effektiven Förderung müsse eine kluge Reform zur konkreten Lenkung der Gelder sein. Es gelte dabei, gerade Maßnahmen vor Ort zu unterstützen.

Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen) monierte die fortschreitende Kürzung der Bundesmittel. Seien im letzten Jahr die Mittel für die Arbeitsagentur um 25 Prozent gekürzt worden, so stünde in diesem Jahr ein weiterer Schnitt von 17 Prozent an. Dies sei ein erneutes Beispiel für den Weg der Bundesregierung. Es gehe dieser vornehmlich darum, Vermögen zu schonen, sozialen Aufstieg zu bremsen und sogar zu verhindern. Die Sozialkaufhäuser seien Orte konkreter Hilfe für Arbeitslose und Armutsbedrohte. Sie leisteten entscheidende Arbeit bei der Armutsbekämpfung, da sie Waren zu erschwinglichen Preisen anböten. Sie ermöglichten den Abgehängten, nicht immer weiter abgehängt zu werden, sondern sich weiterzubilden und einen aktiven Arbeitsbeitrag zu leisten.

Arbeitsministerin Malu Dreyer (SPD) sprach von einer völlig fehlgesteuerten Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Es sei bezeichnend, dass in Zukunft keine Qualifizierung der Arbeitslosen innerhalb dieser Maßnahmen stattfinden solle, so Dreyer. Dabei sei doch gerade dies ein entscheidender Faktor. Es gehe darum, keine künstlichen Umfelder zu schaffen, sondern den Menschen "etwas Sinnvolles zu tun" zu geben, sie etwas Reales leisten zu lassen. Wenn nun ab 2014 die Förderung wegfalle, würden Arbeitslose fortan beschäftigt, aber nicht mehr gefördert. Dreyer sprach sich deshalb dafür aus, zuerst Möglichkeiten zur Qualifizierung zu schaffen, bevor man etwas von den Menschen fordere.

Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) wandte sich an alle Fraktionen und forderte diese auf, sich konstruktiv mit der Problematik auseinanderzusetzen. Vor Ort hätte die Schließung der Kaufhäuser wahre Proteststürme verursacht. Dadurch würde vor allem Migranten eine wichtige und sinnvolle Perspektive entzogen.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 39/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2012