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RHEINLAND-PFALZ/2614: Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 3/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 30. Januar 2012

Gesundheit der Bevölkerung hat Vorrang


In einer Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion befasste sich der Landtag mit der Haltung der Landesregierung zu Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung. Die regierungstragenden Fraktionen kritisierten das Bundesumweltministerium und warnten vor den Gefahren von Antibiotika in diesem Kontext. Die CDU-Fraktion hielt dem entgegen, dass die Forderungen von SPD und Grünen bereits auf Bundesebene umgesetzt seien.

Als Verbraucher sei man aufgrund vieler Lebensmittelskandale schon abgestumpft, erklärte Anke Simon (SPD), dies sei jedoch gefährlich. Die Behandlung einer Krankheit könne durch Antibiotikaresistenz "erheblich erschwert" werden. Dadurch würden Lebensmittel zu einem Gesundheitsrisiko. "Verbraucherschutz beginnt bereits in den Produktionsstätten", forderte die Abgeordnete. Betriebe, die die Gesundheit der Tiere förderten, bräuchten auch keine Antibiotika zur Wachstumssteigerung einzusetzen. Auch der Pharmaindustrie müsse an der zurückhaltenden Anwendung von Antibiotika gelegen sein, so die Abgeordnete. Simon kritisierte, dass die Bundesregierung erst auf Medienberichte hin entsprechende Gesetzentwürfe eingebracht hätte. Die Gesundheit der Bevölkerung müsse Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben, so Simon.

Billige Massenfleischerzeugung sei eine Gesundheitsgefährdung durch die Bevölkerung, erklärte Nicole Müller-Orth (Bündnis 90/Die Grünen). Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika sei zwar verboten, jedoch würden diese trotzdem auch gesunden Tieren verabreicht. In der Humanmedizin stünden nicht genügend Reserve-Antibiotika zur Verfügung. Vor allem in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft seien Antibiotika gar nicht nötig, so Müller-Orth. Eine bundesweite Überprüfung der Anwendungen sei notwendig, die Bundesregierung nehme jedoch "nur kosmetische Änderungen" vor, kritisierte die Abgeordnete. Die Verschreibung von Antibiotika müsse "lückenlos aufgezeichnet werden", die Transparenz müsse erhöht werden.

Einige Sachverhalte müssten differenziert betrachtet werden, forderte Dorothea Schäfer (CDU). Es gebe bereits eine Regelung, die Umsetzung und Sanktionierung von Überschreitungen liege jedoch bei den Ländern. Viele Kritikpunkte von SPD und Grünen seien im Maßnahmenpaket von Bundesgesundheitsministerin Aigner bereits enthalten, betonte Schäfer. Sie wolle die Anwendung von Antibiotika auf Tierkrankheiten minimieren und die Kontrolle verbessern. Schäfer kritisierte, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung keine konstruktiven Verbesserungsvorschläge vorlege, die über die bereits beschlossenen Maßnahmen hinausgingen. Die Abgeordnete monierte außerdem, dass im Kabinett die Ernährung nicht mehr im Rahmen des Verbraucherschutzes behandelt werde.

Immer mehr Massentierhaltungsbetriebe würden entstehen, auch aufgrund der Politik der Bundesregierung, sagte Umweltministerin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen). Rheinland-pfälzische Verbraucher litten ebenso unter der Situation wie die landwirtschaftlichen Betriebe im Land. Die Landesregierung habe sich für eine verstärkte Transparenz bei der Verabreichung von Antibiotika eingesetzt. Es gebe noch Lücken im Bundesgesetz, die eine Kontrollmöglichkeit erschwere. Höfken forderte eine Zusammenführung der Datenbanken über den Einsatz von Antibiotika. "Jeglicher Missbrauch muss wirksam verhindert werden", forderte die Ministerin.


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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 3/2012, Seite 4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2012