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NORDRHEIN-WESTFALEN/2349: Abgeordnete debattieren über geplanten Haushalt 2019 (Li)


Landtag intern 8/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Streit um Höhe des Schuldenabbaus
Abgeordnete debattieren über geplanten Haushalt 2019

von Thomas Becker


19. September 2018 - Der Landtag hat in erster Lesung über den Haushalt für das kommende Jahr beraten. Nach Angaben der Landesregierung sehen die Planungen erstmals seit 1973 einen Überschuss in Höhe von 30 Millionen Euro vor. Die Opposition kritisierte, dass mehr Schulden abgebaut werden müssten.


Grundlage der Plenardebatte waren das von der Landesregierung eingebrachte "Gesetz über die Gestaltung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2019" (Drs. 17/3300) sowie die "Finanzplanung 2018 bis 2022" (Drs. 17/3301).

Bei der Einbringung des Haushalts sagte Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU), Nordrhein-Westfalen sei aufgrund des geplanten Überschusses von 30 Millionen Euro auf dem Weg vom Schulden- zum Aufsteigerland. Nach 45 Jahren Schuldenpolitik habe die Landesregierung die "Haushaltswende" eingeleitet. "Wir haben das Lenkrad gedreht, wir haben die Hebel richtig angelegt und wir haben die Kurve bekommen", sagte Lienenkämper. Leitend sei der im Koalitionsvertrag formulierte finanzpolitische Dreiklang "Konsolidieren, Modernisieren und Investieren". Nun gehe es "aufwärts in Nordrhein-Westfalen". Der Haushalt sei Ausdruck einer "Verantwortungskultur im besten Sinne".

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty kritisierte, der Haushalt bleibe weit hinter den Möglichkeiten zurück. 2019 stünden vermutlich rund 1,8 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen zur Verfügung als im Vorjahr. Es sei deutlich zu wenig, nur 30 Millionen Euro an Schulden zu tilgen. Einem Bundesland wie Berlin gelinge es aktuell, 30 Mal mehr einzusparen. Kutschaty betonte zudem, dass es der rot-grünen Vorgängerregierung in Nordrhein-Westfalen bereits 2016 gelungen sei, einen Überschuss im Haushalt zu erzielen: von 217 Millionen Euro. Und das, obwohl damals rund sechs Milliarden Euro weniger an Einnahmen bereitgestanden hätten als für 2019.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen wies darauf hin, dass der "stetige Anstieg der Neuverschuldung" erst jetzt - nach 45 Jahren - erstmals ein Ende finde. Gerade die Sozialdemokraten hätten durch die Finanzpolitik in ihrer Regierungsverantwortung eine "Erblast" an Schulden hinterlassen; sie beliefen sich aktuell auf rund 170 Milliarden Euro für das Land NRW. Unter dieses "finanzpolitische Desaster" werde nun ein Schlussstrich gezogen: Dass die Landesregierung den richtigen Weg eingeschlagen habe, zeige sich u. a. daran, dass im Haushalt zusätzlich rund 27.200 Kitaplätze und 1.500 Stellen für Personal im offenen Ganztag an Grundschulen finanziert würden.

"Selbstbedienungsmentalität"

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Monika Düker kritisierte, die Landesregierung müsse deutlich mehr in die Energiewende, den Ausstieg aus der Braunkohle sowie in Bildung und Integration investieren. Angesichts der milliardenschweren Mehreinnahmen, die für 2019 zu erwarten seien, wirke der im Haushalt vorgesehene Überschuss von 30 Millionen Euro "lächerlich" und wie "ein blanker Hohn". Der Landesrechnungshof habe zuletzt deutlich mehr Einsparungen angemahnt. Allein in der Ministerialbürokratie, sagte Düker, seien 452 Stellen neu geschaffen worden, seitdem die aktuelle Landesregierung angetreten sei - der Ausdruck einer "Selbstbedienungsmentalität".

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christof Rasche bemerkte, die Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschten sich gute Bildungschancen, zukunftsfähige Arbeitsplätze, Wohlstand für ihre Familien, Sicherheit sowie ein "ökonomisch und ökologisch intaktes Land". Der geplante Haushalt bilde genau diese Schwerpunkte ab. Die Landesregierung habe zudem einen "glasklaren sozialen Kompass" und in der Bildungs- und Familienpolitik sei sie "weit, weit besser aufgestellt, als es die Vorgängerregierung jemals war". Zuletzt habe sie dafür gesorgt, dass 70 Prozent der Kosten für die schulische Ausbildung in Gesundheitsberufen vom Land in Zukunft übernommen würden.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Markus Wagner bemängelte, dass Einsparungen bereits im Haushalt 2018 unzureichend gewesen seien. Mit Blick auf den Gesamtetat hätten sie lediglich 0,18 Prozent betragen. "Herr Finanzminister, wenn das Ihr großer haushaltspolitischer Wurf ist, dann ist das lachhaft", sagte Wagner. Die Landesregierung habe Ratschläge des Landesrechnungshofes ignoriert - für Wagner "eine Masche" und Ausdruck "der Arroganz der Macht". In "trauter Altparteieneintracht" hätten NRW-Landesregierungen über Jahrzehnte hinweg einen Schuldenberg in Milliardenhöhe angehäuft, den "unsere Kinder, Enkel und Urenkel" abtragen müssten.

Das Haushaltsgesetz 2019 wurde zur weiteren Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss (federführend) überwiesen.


Haushaltsentwurf 2019

Der Etat hat ein Gesamtvolumen von rund 77,1 Milliarden Euro. Vorgesehen sind laut Angaben der Landesregierung im Haushalt zusätzlich 127 Millionen Euro für Digitalisierungsprojekte, 335 Millionen Euro für Personal- und Sachmittel an NRW-Hochschulen und 151 Millionen Euro für die Ausrüstung und für mehr Personal (600 Stellen) bei der Polizei. Unikliniken sollen 87 Millionen Euro mehr für Sanierung, Modernisierung und Digitalisierung erhalten, Krankenhäuser zusätzlich 101,5 Millionen. Für den Straßenbau will die Landesregierung 29 Millionen Euro mehr bereitstellen. 82 Millionen Euro stünden für Elektromobilität sowie Energieeffizienz und Energieforschung zur Verfügung; davon 20 Millionen Euro für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zudem sollen 3.700 Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich eingestellt werden, davon 1.000 Lehrkräfte für Inklusion und Talentschulen.

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Quelle:
Landtag intern 8 - 49. Jahrgang, 25.09.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2018

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