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HAMBURG/2609: Ein Jahr Neupack-Streik - Koalition in Berlin muss Streikrecht schützen


Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 30. Oktober 2013

Ein Jahr Neupack-Streik: LINKE richtet Appell an Scholz - Koalition in Berlin muss Streikrecht schützen



Am 1. November jährt sich der Beginn des achtmonatigen Streiks beim Stellinger Verpackungsmittelhersteller Neupack. Aus diesem Anlass hat die gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, Kersten Artus, einen dringenden Appell an Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gerichtet.

In einem Brief fordert sie Scholz auf, bei den Berliner Koalitionsverhandlungen die Streikrechtsinitiative der Bürgerschaft, die auf Antrag der Linksfraktion initiiert worden war, einzubringen und durchzusetzen. Außerdem fordert sie ihn auf, Vorstöße zur gesetzlichen Reglementierung des Arbeitskampfrechts zu unterlassen. Scholz hatte auf einer Konferenz des DGB Hamburg am 22.10. angekündigt, die Tarifeinheit gesetzlich fixieren lassen zu wollen. Damit aber würde das in Artikel 9 Grundgesetz abgesicherte Arbeitskampfrecht eingeschränkt. Die Tarifeinheit besagt, dass in einem Betrieb, in dem ein Tarifvertrag existiert, kein weiterer Tarifvertrag abgeschlossen werden kann.

In dem Brief an Bürgermeister Scholz schreibt Kersten Artus unter anderem: "Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll so geändert wird, dass es nicht mehr möglich ist, Leiharbeitskräfte in bestreikten Betrieben einzusetzen. Ebenso sollen auch keine befristetet Eingestellten auf bestreikten Arbeitsplätzen tätig sein dürfen, wie auch keine Vermittlung von Arbeitskräften durch die Agentur für Arbeit auf bestreikte Arbeitsplätze erfolgen darf. Die Bürgerschaft hat den Senat außerdem aufgefordert, zu prüfen, inwieweit das Betriebsverfassungsgesetz so geändert werden kann, dass ein Betriebsrat während eines Streiks weiterhin volle Rechte hat. Zudem beschloss die Bürgerschaft, dass der Senat auf Bundesebene ein Untersagungsrecht für Gewerkschaften prüfen lassen möge, falls Unternehmer gegen die vorgenannten Verbote verstoßen."

Dies hatte die Bürgerschaft im März 2013 mit den Stimmen von SPD, Grünen und LINKEN beschlossen. Zur Gefahr einer Tarifeinheit erläutert Artus: "Gerne wird von den Befürworterinnen und Befürwortern einer gesetzlich fixierten Tarifeinheit angeführt, dass es vornehmlich Ärztinnen/Ärzte oder auch Pilotinnen/Piloten sind, die ihre berufsständischen Interessen abgesichert wissen wollen. Das stimmt aber nicht. Vor allem in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, in der sich unter anderem die streikerfahrenen Kolleginnen und Kollegen der Medien-, Papier- und Druckindustrie organisieren, sind die Mitglieder gegen die Initiative von DGB und BDA 'Sturm gelaufen'. Und auch in der Leiharbeitsbranche gab es große Bedenken gegen eine Tarifeinheit, da sich dort so genannte gelbe Gewerkschaften aufgemacht hatten, Dumping-Tarifverträge abzuschließen, um DGB-Gewerkschaften auszuhebeln. Sehr geehrter Herr Scholz, eine gesetzlich fixierte Tarifeinheit sichert die Tarifautonomie nicht, sie pervertiert sie. Die Tarifautonomie musste in den letzten Jahren auch immer wieder dafür herhalten, den gesetzlichen Mindestlohn zu verhindern."

Artus: "Ich möchte als Gewerkschafterin mein Grundrecht auf Streik nicht davon abhängig wissen, welche politischen Mehrheiten es gerade einmal im Bundestag gibt. Daher müssen auch die Streikrecht einschränkenden Gesetze umgehend wieder verändert und verbessert werden. Niemand darf den Menschen die Möglichkeit nehmen, sich für die Verbesserung ihre Arbeitsbedingungen einzusetzen. Dies darf keine CDU/CSU und erst Recht keine sozialdemokratische Partei."

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Quelle:
Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 30. Oktober 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2013