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HAMBURG/1881: Schweinske-Cup - Rechtswidriger Einsatz von Polizeihunden gegen St. Pauli-Fans (Die Linke)


Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 25. Januar 2012

Schweinske-Cup: Rechtswidriger Einsatz von Polizeihunden gegen St. Pauli-Fans


Die Fraktion DIE LINKE kritisiert den Einsatz von Polizeihunden ohne Maulkorb und Leine beim Fußballturnier Schweinske-Cup am Abend des 6. Januar 2012. Bei den Auseinandersetzungen zwischen rechten Hooligans des VfB Lübeck und Fans des FC St. Pauli hat der Polizeiführer Kuno Lehmann polizeiliche "Diensthunde" ohne Maulkorb und Leine gezielt gegen Personengruppen eingesetzt, die massive Verletzungen erlitten haben. Dies bestätigt der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drs. 20/2790, siehe Anhang) von Christiane Schneider, innenpolitischer Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Christiane Schneider erklärt dazu: "Der Einsatz von Polizeihunden ohne Maulkorb und Leine gegen Personengruppen ist offensichtlich rechtswidrig erfolgt. In der Polizeidienstvorschrift ist ausdrücklich geregelt, dass Diensthunde gegen eine Menschenmenge grundsätzlich nur als defensives Einsatzmittel verwendet werden dürfen. Dies gebietet auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beim Einsatz von Polizeigewalt gegen Personen.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Dienststelle Interne Ermittlungen der Polizei sind jetzt aufgefordert, eigenständig zu untersuchen, ob und in wie vielen Fällen der Straftatbestand der Körperverletzung im Amt erfüllt ist."

Auf Anordnung des Polizeiführers wurden insgesamt sieben Hundeführer mit ihren Diensthunden eingesetzt. Mehrere Diensthundeführer haben ihre Hunde ohne Maulkorb und Leine auf Personengruppen gehetzt. Dabei wurden mindestens vier Personen durch Hundebisse verletzt. Eine Person musste zur Notfallversorgung mit einem Rettungswagen in das AK St. Georg gebracht werden. Ein St. Pauli-Fan wurde in den Bauch, eine Person in das Gesäß und eine andere Person ins Bein gebissen. Eine weitere Person wurde von einem Polizeihund verfolgt, um eine Ingewahrsamnahme durchzusetzen. Wörtlich heißt es in der Antwort des Senats: "Eine Person versuchte sich der Ingewahrsamnahme zu entziehen. Aufforderungen, stehen zu bleiben und die Androhung des Diensthundeeinsatzes wurden ignoriert. Daraufhin wurde der Diensthund ohne Beißkorb eingesetzt. Der Diensthund brachte die Person durch Zufassen im Bereich des Gesäßes zu Fall und erfasste dann die am Boden liegende Person. Die Person wehrte sich mit Tritten und Schlägen. Der Hund wurde durch die Diensthundeführerin zurückgezogen. Die Person wurde mit einem Rettungswagen in das AK St. Georg verbracht."

In der Polizeidienstvorschrift 350 heißt im Gegensatz dazu wörtlich: "Bei Maßnahmen aus besonderem Anlass dürfen Diensthunde gegen eine Menschenmenge grundsätzlich nur als defensives Einsatzmittel verwendet werden (z.B. Objektschutz, Verstärkung von Absperrungen, Eigensicherung)." Daraus folgt, dass der Einsatz der Diensthunde ohne Maulkorb und Leine offensichtlich rechtswidrig erfolgt ist.

Aufschlussreich heißt es auch im Hamburger Polizei-Journal unter der Überschrift: "Was ist bei dem Einsatz eines Diensthundes zu beachten? 1. Diensthunde können nicht zwischen Täter und Kollegen unterscheiden, deswegen sollte man nie die eigene Sicherung vergessen." (Hamburger Polizei-Journal, Nr. 1, Januar 2010)

Wenn Polizeihunde "nicht zwischen Täter und Kollegen unterscheiden können", sondern auf Befehl des Hundeführers willkürlich eine Person aus einer Personengruppe durch Bisse verletzen und zu Boden reißen, stellt sich die dringende Frage, ob der Einsatz von Polizeihunden im Zusammenhang mit Fußballspielen und Demonstrationen überhaupt verhältnismäßig sein kann. Deshalb sind wir der Auffassung, dass Polizeihunde grundsätzlich nicht gegen Personengruppen - weder bei Fußballspielen, noch bei Demonstrationen - eingesetzt werden dürfen.

DIE LINKE fordert darüber hinaus seit Jahren eine unabhängige Polizeikommission, die Fälle rechtswidriger Polizeigewalt untersucht.


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Quelle:
Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 25. Januar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2012