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BAYERN/3283: Landtags-SPD will regionale Werbung in nationalen TV-Sendern verhindern (SPD)


Pressemitteilung der SPD-Landtagsfraktion vom 01.02.2013

Landtags-SPD will regionale Werbung in nationalen TV-Sendern verhindern

Fraktionschef Markus Rinderspacher warnt vor Versuch von ProSiebenSAT.1, in Bayern regionale Werbung zu schalten



Der Medienkonzern ProSieben/Sat1 verfolgt den Plan, Werbung in digitalen Kabelnetzen regional auseinander zu schalten. Ziel ist die Partizipation an den regionalen Werbemärkten. Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (Kommission für Zulassung und Aufsicht - ZAK) hat im September 2012 dem Medienkonzern das Werbesplitting im Rahmen seiner nationalen Sendelizenzen untersagt. Dagegen klagt ProSieben/Sat1 beim Verwaltungsgericht in Berlin. Parallel dazu hat der Konzern bei den Landesmedienanstalten landesweite Lizenzen beantragt. Auch der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien muss im Frühjahr 2013 darüber entscheiden. Die SPD-Landtagsfraktion erwartet, so Fraktionschef Markus Rinderspacher am Freitag vor der Presse im Landtag, dass die Medienräte der BLM zugunsten der Medienvielfalt den Absichten von ProSieben/Sat1 eine Absage erteilen.

Werbespots von Möbelmärkten draußen am Stadtrand, aktuelle Clips über die Sonderangebote der Discounter aus der Region - das sieht und hört man tagtäglich in den Werbezeiten des lokalen und regionalen Rundfunks in Bayern oder man findet die Inserate in der Heimatzeitung. Noch. Doch wenn Pro Sieben und Sat1 ihre Pläne durchsetzen, sollen den Zuschauern in Bayern übers digitale Kabelnetz künftig andere Werbeeinblendungen serviert werden als den Zuschauern in Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein. Das ist nur der Einstieg. Mit Macht drängt der nationale TV-Konzern darauf, die Ausstrahlung von Werbung regional zu splitten und in Werbemärkte einzudringen, die regionale und lokale Rundfunksender zur Refinanzierung ihrer Berichterstattung brauchen. Und: Vor allem die Anzeigenerlöse der Tageszeitungen drohen ausgezehrt zu werden. Denn werbeaktive Unternehmen geben ihr Budget nur einmal aus.

Einer Studie der Bayerischen Landesanstalt für Neue Medien (BLM) zufolge müssen die Printmedien bundesweit Erlöseinbußen von bis zu 115 Mio. Euro jährlich befürchten, wenn Pro7/Sat1 die Werbung in zunächst fünf Regionen auseinander schaltet. Sollten die anderen nationalen Privatsender dem Beispiel folgen und alle Verbreitungswege ausschöpfen, kann sich die Umschichtung der Werbegelder zu Lasten der Zeitungen und Zeitschriften auf bis zu 549 Mio. Euro brutto belaufen. Das ist auch für die noch starke Zeitungslandschaft in Bayern eine ruinöse Wettbewerbssituation. Für die Privatradios in Bayern errechnet die BLM Erlösrückgänge von bis zu 24 Mio. Euro im Jahr. Die betroffenen Sender gehen allerdings von deutlich höheren Verlusten aus. Allein Antenne Bayern rechnet mit Umsatzeinbußen zwischen 3,9 und 9,7 Mio. Euro. Die Lokalfernsehstationen, die ohnehin einen schweren Stand im Werbemarkt haben, dürften bis zu bis 1,3 Mio. Euro jährlich verlieren.

Das derzeitige Medienrecht sieht den Einbruch der Großen in die Märkte der Kleinen nicht vor. Es schützt aber auch nicht davor. Deshalb müssen die Regelungen präzisiert werden: Denn regionale Medien müssen die Möglichkeit haben, sich aus regionalen Werbemärkten zu refinanzieren. Dementsprechend ist im Bayerischen Mediengesetz und in der Fortschreibung des Rundfunkstaatsvertrags zu verankern,

- dass redaktionelles Programm und Werbung eine untrennbare Einheit bilden und an Berichts- und Verbreitungsgebiet eines Mediums gekoppelt werden: national, regional und lokal.

- dass regional verbreitete Werbung in reichweitenstarken national verbreiteten Programmen rundfunkrechtlich unzulässig ist.

Die Bayerische Staatsregierung ist deshalb aufgefordert, in Verhandlungen mit den anderen Bundesländern auf eine rundfunkstaatsvertragliche Regulierung hinzuwirken, die dafür sorgt, dass die technischen Möglichkeiten nationaler und landesweiter Rundfunkanbieter, Fernseh- und Hörfunkwerbung regional zu diversifizieren, nicht dazu genutzt werden dürfen, um lokalen und regionalen Programmanbietern und Presseunternehmen den Werbemarkt abzugraben. Es steht auch in der Verantwortung der Staatsregierung für die gesamte Bayerische Presse- und Medienwirtschaft, sinnvolle Rahmenbedingungen für alle über das Gewinnstreben eines starken nationalen TV-Anbieters zu stellen, auch wenn in dessen Interesse der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Stoiber eine aktive Rolle spielt: als Vorsitzender des Unternehmensbeirats und bei "wichtigen gesellschafts- und medienpolitischen Fragen".

Informations-, Medien- und Meinungsvielfalt zu fördern und zu sichern, ist zentrale Aufgabe der Medienpolitik. Dazu gehört erst recht, dafür zu sorgen, dass die Menschen zuverlässig und kontinuierlich über Ereignisse und Debatten vor Ort informiert werden können: natürlich von Zeitungs-, Hörfunk- und TV-Redaktionen, die sich in der Region auskennen. Es ist nicht im Interesse der Zuschauer, wenn in ausgedünnten regionalen Presse- und Medienlandschaften zwischen "Schlag den Raab" und "Stirb langsam Teil II" als einzige Beiträge mit Regionalbezug die aktuellen Kampagnen von Handelsketten oder Autohäusern ablaufen.

Nur gut informiert können die Menschen am Meinungsstreit und an der Vorbereitung von Entscheidungen, die ihr tägliches Leben betreffen, teilhaben. Deshalb ist Berichterstattung lokaler und regionaler Medien essenziell und die Sicherung ihrer Finanzierungsquellen gesellschafts- und medienpolitisch geboten.

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Quelle:
Pressestelle der BayernSPD-Landtagsfraktion
Bayerischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2013