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AUSSEN/1792: Historischer Tag mahnt zu Besonnenheit und Vernunft


FDP-Pressemitteilung vom 9. November 2016

LINDNER: Historischer Tag mahnt zu Besonnenheit und Vernunft


Berlin. Zum Ausgang der US-Präsidentschaftswahl erklärt der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER:

"Viele von uns hätten sich ein anderes Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahl gewünscht - auch ich selbst. Es war ein Wahlkampf, der die politische Kultur in den Vereinigten Staaten dauerhaft verändern wird, der tiefe Wunden geschlagen hat und der die Vereinigten Staaten gespalten zurücklässt. Eine solche politische Kultur wollen wir in Europa nicht.

Es gibt jetzt einen neuen, demokratisch gewählten Präsidenten. Mit dieser Realität müssen wir umgehen. Deshalb empfehlen sich jetzt Besonnenheit, Vernunft und einander zuzuhören. Wir sollten prüfen, ob sich der Präsident Trump vom Kandidaten Trump unterscheiden wird.

Liberale Werte sind weltweit in der Defensive. Etwa der Freihandel, die innere Liberalität der Gesellschaft, die Rechtsstaatlichkeit und die Freiheit der Presse. Für uns Freie Demokraten ist das in besonderer Weise eine Aufforderung für diese Werte einzutreten. Und es sollte auch eine Aufforderung an alle vernünftigen und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürger sein, jetzt nicht teilnahmslos zu sein, sondern sich gerade jetzt in die politischen Debatten einzuschalten und Farbe für diese Werte zu bekennen.

Donald Trump hat seinen Wahlkampf mit Lügen und Herabwürdigung seiner Gegnerin gewonnen. Die Wähler haben diesen Umgang akzeptiert und auch die Widersprüche in seinem Programm hingenommen. Die Wahl Trumps ist ein Ausdruck des Protests und der Empörung über das Establishment. Es ist ein Signal, das wir in Europa hören und verstehen sollten.

Auch in Deutschland gibt es eine breite Mittelschicht, die ökonomische Zukunftsängste hat und die sich kulturell im eigenen Land nicht mehr beheimatet fühlt. Diese Menschen wollen die Modernisierungsprozesse nicht mehr mitgehen, weil sie das Gefühl haben, dass die Diskurse, die die Eliten und Medien und die etablierte Politik führen, mit ihrer Lebenswirklichkeit nichts mehr zu tun haben. Diese Menschen haben in den USA für Trump votiert. In Deutschland sind diese Menschen noch stabil verankert und nicht für falsche Versprechungen und eine solche Proteststimmung so anfällig. Aber das ist keine Versicherung für die Zukunft. Diese Signale sind heute umso ernster zu nehmen.

Es gibt in unserem Land nicht nur die Bedürftigen, die sich auch weiterhin unserer Solidarität sicher sein sollen, und auf der anderen Seite die Superreichen. Sondern es gibt Millionen Menschen dazwischen. Sie haben gerade in diesen Zeiten Schwierigkeiten, ihre Lebensziele zu erreichen, etwa ein kleines Wohneigentum. Sie haben das Gefühl, dass wenn sie fleißig sind und nach den Regeln spielen, sie keinen Schritt im Leben mehr richtig vorankommen. Sie haben die Sorge, was aus ihrem Leben wird, auch weil sie merken, dass der Staat etwa im Bereich Sicherheit, Bildung oder der Infrastruktur seinen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Wir sollten das ernst nehmen und die Traktion der Politik in Deutschland verbessern.

Donald Trump hat heute Morgen versöhnlichere Töne angeschlagen. Zugleich aber hat er unterstrichen, dass für weiter "America first" gelte. Diese Haltung verändert sicherlich die Zusammenarbeit in der westlichen Wertegemeinschaft. Unsere Antwort darauf muss sein, dass Europa stärker zusammenfindet. Wir brauchen einen europäischen Gipfel in der allernächsten Zeit, um die sicherheits- und wirtschaftspolitischen Konsequenzen aus der amerikanischen Präsidentschaftswahl zu ziehen. Und um auch gemeinsam als Europäer einen Schritt auf die USA zuzugehen und den Dialog mit der neuen und uns unbekannten Administration aufzunehmen. Wer geglaubt hat, das Europa ein Konzept der Vergangenheit ist, der ist eines besseren belehrt worden. Gerade jetzt brauchen wir Europa, um unsere Werte und unsere Interessen gemeinsam in der Welt zu vertreten.

Wir erleben heute einen historischen Tag, der uns weit über den Tag hinaus vor große Herausforderungen stellt. Der heutige Tag veranlasst uns umso mehr, auf Besonnenheit und eine vernünftige Position des Hinhörens zu setzen. Aktionismus, Panik und Ängstlichkeit - das bringt jetzt nichts. Versichern wir uns unserer Werte. Stärken wir die europäische Zusammenarbeit. Und halten wir trotz alledem am transatlantischen Verhältnis fest."

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2016

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