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PRESSEKONFERENZ/1577: Regierungspressekonferenz vom 11. Dezember 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 11. Dezember 2017
Regierungspressekonferenz vom 11. Dezember 2017

Themen: antisemitische Vorkommnisse bei Demonstrationen gegen Israel in Deutschland, Flugverbot der Fluggesellschaft Kuwait Airways für Israelis, Teilabzug russischer Truppen aus Syrien, blaue Plakette, Projekt Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz, Brief des italienischen Justizministers an seinen deutschen Amtskollegen wegen Vollstreckung von in Italien verhängten Urteilen gegen zwei Manager von Thyssenkrupp, Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem designierten tschechischen Ministerpräsidenten

Sprecher: StS Seibert, Breul (AA), Kall (BMJV), Neymanns (BMI), Fähnrich (BMVg), Friedrich (BMVI), Kolberg (BMF), Wettern (BMUB)


Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich möchte für die Bundesregierung etwas zu Vorkommnissen bei Demonstrationen gegen den Staat Israel sagen, die wir hier in Berlin, in München und in anderen Städten erleben mussten. Auslöser dieser Demonstrationen war die Entscheidung des US-Präsidenten bezüglich Jerusalems als Hauptstadt Israels. Sie wissen, dass die Bundesregierung mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist und sie kritisiert hat.

Nun wurden bei einzelnen Kundgebungen am Wochenende Parolen skandiert, israelische Fahnen verbrannt, Beleidigungen gegen den Staat Israel und Juden insgesamt verbreitet, die schändlich sind. Man muss sich schämen, wenn auf den Straßen deutscher Städte so offen Judenhass zur Schau gestellt wird. Deutschland ist dem Staat Israel und allen Menschen jüdischen Glaubens in besonderer Weise eng verbunden. Unsere Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gewährt jedermann das Recht zum friedlichen Protest. Diese Freiheit ist allerdings kein Freibrief für antisemitische Entgleisungen, für Hetze und für Gewalt. Es ist wichtig, dass wir alle dem immer wieder entschlossen entgegentreten.

Frage: Herr Seibert, was sagt die Bundesregierung zu den Äußerungen von Herrn Erdogan, der Israel als Terrorstaat, als terroristischen Staat attackiert, der - Zitat - Kinder tötet?

StS Seibert: Ich will keine einzelnen Äußerungen kommentieren. Grundsätzlich sehen wir es natürlich als völlig falsch, als inakzeptabel und unzutreffend an, wenn man Israel mit solchen Bezeichnungen belegt.

Zusatz: Es wundert mich nur, dass Sie die Demonstrationen hier in Deutschland verurteilen, aber Entgleisungen anderer, befreundeter Staatschefs nicht.

StS Seibert: Sie haben meine Äußerungen gehört. Wir haben hier in Deutschland aus vielen Gründen eine ganz besondere Verpflichtung, jeder Spur von Antisemitismus entgegenzutreten. Das ist, denke ich, Konsens aller demokratischen Kräfte und ganz sicherlich Konsens auf dieser Regierungsbank. Deswegen habe ich mich für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung jetzt so geäußert. Es gibt ähnlich lautende, sehr richtige Äußerungen auch vom Justizminister vom Wochenende und vom Innenminister. Das ist Konsens bei uns, und dabei werden wir uns auch nicht auseinanderdividieren lassen.

Frage: Zu diesem komplizierten Themenkomplex möchte ich gern einen anderen Ansatz als Sprungschanze zu meiner Frage nehmen, nämlich die Rede von Außenminister Sigmar Gabriel. Es geht um seine Rede beim Berlin Foreign Policy Forum der Körber Stiftung vergangene Woche. Er hat darin vor allen Dingen die Außenpolitik besprochen und gesagt, die globale Dominanz der USA sei langsam Geschichte beziehungsweise dass sich die USA in ihrer Rolle als verlässlicher Garant der westlich geprägten multilateralen Ordnung zurückgezogen hätten.

Es ist sehr interessant: Die Gabriel-Rede war vergangene Woche, und auch die Verkündung von US-Präsident Donald Trump war vergangene Woche.

Vorsitzende Welty: Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Ich denke, das wissen wir alle.

Zusatz: Genau. Ein bisschen Kontext brauche ich, aber ich war damit eigentlich auch schon zu Ende.

Meine Frage bezieht sich auf den Artikel der Bundesregierung auf ihrer Website, und zwar geht es darin darum, dass Frau Merkel gesagt habe, die Belebung des Friedensprozesses sei wünschenswert. Ich möchte als Pressevertreter fragen, wann genau dieser Friedensprozess wiederbelebt worden ist: nach der Aussage von US-Präsident Donald Trump oder schon vorher, beziehungsweise warten wir noch auf die Belebung des Friedensprozesses?

StS Seibert: Das war jetzt sehr viel. Ich versuche, herauszudestillieren, was Sie jetzt eigentlich von mir hören wollen.

Also: Die Bundeskanzlerin hat gesagt, die Belebung des Friedensprozesses wäre wünschenswert. Wir sagen hier schon immer, dass eine dauerhafte friedliche Lösung nur Ergebnis einer zwischen den Konfliktparteien, zwischen Israel und den Palästinensern, ausgehandelten Zwei-Staaten-Lösung sein kann. Das heißt, wir wünschen uns einen diplomatischen Prozess, einen Dialogprozess, der zu solch einer Zwei-Staaten-Lösung führen kann.

Wer die letzten Jahre verfolgt hat, wird nicht sagen können, dass dieser Prozess im Gange sei. Deswegen wäre seine Belebung ja wünschenswert. Deutschland wird sicherlich tun, was es unterstützend tun kann, um dazu beizutragen, wissend, dass dabei vielleicht weder Deutschland noch Europa die entscheidende Rolle spielen können. Wir sind jedenfalls gewiss, dass einseitige Maßnahmen der Konfliktparteien nicht hilfreich sein werden, um diesen Prozess in Gang zu bringen. Das ist sozusagen der Kontext der Äußerung der Bundeskanzlerin.

Zusatzfrage: Dazu eine Nachfrage: Jerusalem ist ja wirklich ein großes Symbol für das, was Sie gesagt haben, dass es dort nämlich zwei Völker gibt, die essenzielles Interesse an dieser Stadt haben. Wenn wir noch 50 Jahre zurückgehen, dann sehen wir, dass Jerusalem nicht nur einfach monolithisch Jerusalem ist, sondern es besteht aus mehreren Teilen. Ein Teil, der östliche Teil, Ostjerusalem, ist seit 50 Jahren okkupiert. Der palästinensische Staat ist nach wie vor noch nicht manifestiert. Um eine Manifestierung eines souveränen Staates zu gewährleisten, ist in den meisten Fällen natürlich eine Hauptstadt vonnöten. Die offizielle palästinensische Position - nur um sie jetzt noch einmal zu erwähnen - ist, dass Ostjerusalem in der Zukunft die Hauptstadt eines palästinensischen souveränen Staates sein soll. Nicht die gesamtisraelische Position, aber die Position des israelischen Staatschefs ist zurzeit aber, dass der Friedensprozess nur unter der Bedingung beginnen kann, dass die Palästinenser akzeptieren, dass ganz Jerusalem die Hauptstadt Israels ist. Das heißt, wir sehen hier eine diplomatische Klemme.

Meine Frage ist: Wenn die Israelis Ostjerusalem seit 50 Jahren als einen legitimen Teil von ganz Jerusalem sehen, wie können die Bundesrepublik Deutschland und vor allen Dingen natürlich auch Sigmar Gabriel, der bereits erste Schritte in die Richtung macht, die Außenpolitik zu überdenken, eine Rolle spielen, um diesen Konflikt zu schlichten?

Breul: Ich kann, wenn ich kurz einspringen darf, Herr Seibert, nur noch einmal das anders formulieren, was Herr Seibert gerade schon gesagt hat. Der endgültige Status Jerusalems kann nur in Endstatusverhandlungen von den Parteien selbst vereinbart werden. Es muss also eine Vereinbarung zwischen den beiden Parteien geben, welchen Status Jerusalem bekommt.

Das ist unsere Position seit vielen Jahrzehnten. Das ist die Position der internationalen Gemeinschaft. Daran hat sich auch in der vergangenen Woche nichts geändert.

Zuruf: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Vorsitzende Welty: Entschuldigung! Sie sind nicht mehr dran. Sie hatten eine Frage und eine Nachfrage. - Herr Seibert, möchten Sie ergänzen?

StS Seibert: Nein, danke.

Frage: Eine Frage an das Justizministerium, was das Verbrennen der israelischen Fahne angeht: Wie sieht es mit den strafrechtlichen Konsequenzen aus, mit der Bandbreite der Verfolgung? Vielleicht könnten Sie das ein bisschen erläutern.

Kall: Danke schön für Ihre Frage. Als Erstes kann ich kurz sagen, dass auch der Justizminister Heiko Maas gestern dieses Verbrennen der Flagge in aller Form verurteilt und gesagt hat, dass jede Form von Antisemitismus ein Angriff auf uns alle ist und nicht wieder einen Platz haben darf, nirgendwo und schon gar nicht vor dem Brandenburger Tor.

Was die Strafbarkeit der Verbrennung der Flaggen am Freitag und gestern hier in Berlin angeht, so hat diese Sache natürlich die Berliner Staatsanwaltschaft zu beurteilen. Hinweisen kann ich lediglich darauf, dass es eine Vorschrift im Strafgesetzbuch gibt: Das ist 104, Verletzung von Flaggen- und Hoheitszeichen ausländischer Staaten. Aber zu beurteilen, inwiefern sich dort Personen strafbar gemacht haben, ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden.

Frage: Es geht auch um die enge Verbindung zu Israel: Warum duldet die Bundesregierung es weiterhin, dass Kuwait Airways israelische Staatsbürger per Gesetz vom Transport ausschließt?

Hält die Bundeskanzlerin, die Israels Zukunft 2008 immerhin zur Staatsräson erhoben hat, es für ausreichend, dieses Thema wie geschehen dem Fachressort zu überlassen?

Dritte Frage: Wurden wenigstens diplomatische Schritte unternommen, um das Treiben Kuwaits und die damit verbundene Diskriminierung von israelischen Staatsbürgern zu unterbinden? Wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

StS Seibert: Wir kommen mit Ihrer Frage auf das zurück, was wir hier ziemlich ausführlich vor, ich würde sagen, zwei oder drei Wochen schon besprochen haben, als dieses Thema zum ersten Mal hochkam. Natürlich haben wir kein Verständnis für solche Maßnahmen und haben deswegen auch den deutschen Botschafter angewiesen, in Kuwait unsere Haltung vorzubringen. Darüber kann Ihnen der Sprecher des Auswärtigen Amtes mehr sagen.

Zusatzfrage: Wieso glauben Sie, dass es reicht, das dem Fachressort Außenministerium zu überlassen? Wieso kann diese Airline überhaupt noch in Deutschland starten oder landen?

StS Seibert: Es ist natürlich das Fachressort Außenministerium, aber es wird außenpolitisch für die Bundesregierung tätig. Der Weg, wie man so etwas macht, ist im direkten Kontakt mit dem Land, und dafür haben wir ausländische Vertretungen, dafür haben wir Botschaften.

Zusatzfrage: Das klärt aber sicherlich nicht die Frage, warum diese - -

Vorsitzende Welty: Entschuldigung, vielleicht lassen Sie allen die Gelegenheit, zu antworten.

StS Seibert: Genau, vielleicht lassen Sie den Kollegen vom AA erst einmal etwas sagen.

Breul: Ich muss Ihnen gestehen: Ich habe jetzt keine genauen Informationen darüber, wann unsere Botschaft wie mit der Regierung in Kuwait gesprochen hat. Das kann aber natürlich auch nur ein Strang sein. Letztlich betrifft diese Frage ja - da müsste ich an meine zuständige Kollegin verweisen - die Beziehungen zwischen einem Privatunternehmen und den Behörden beziehungsweise den Institutionen, die bei uns Landerechte vergeben. Insofern: Das Diplomatische ist das eine, und natürlich suchen wir das Gespräch - ich glaube, wir haben uns hier schon mehrfach dazu geäußert -; das andere ist die rechtliche Frage "Kuwait Airways in Deutschland".

Zusatzfrage: Die Kanzlerin ist raus?

StS Seibert: Das ist, ehrlich gesagt, ein Grundfehlverständnis von der Arbeit in einer Bundesregierung. Wenn wir mit ausländischen Staaten Dinge zu klären haben - und hier gibt es dringend etwas zu klären -, dann tun wir das, indem das Auswärtige Amt oder der deutsche Botschafter in diesem Staat vorstellig wird. Genau das ist bereits Mitte November in die Wege geleitet worden. Dieser Praxis von Kuwait Airways liegt ein Gesetz aus den 60er-Jahren zugrunde, und für uns ist völlig klar, dass ein Gesetz, das den Ausschluss israelischer Staatsbürger von der Beförderung vorsieht, nicht hinnehmbar und unverständlich ist. So etwas trägt dazu bei, die Spannungen im Nahen Osten weiterhin zu verschärfen. Wir missbilligen das, und genau mit dieser Haltung sollte der deutsche Botschafter in Kuwait bei der dortigen Regierung vorstellig werden. Das ist damit eine Stellungnahme für die Bundesregierung.

Frage: Herr Neymanns, noch einmal konkret zurück zu den Vorfällen vom Wochenende: Werden antisemitische Straftaten im Kontext der Versammlungsfreiheit in irgendeiner Form separat erfasst? Falls ja: Haben Sie irgendwelche Zahlen dazu, wie sich das Ganze entwickelt hat?

Neymanns: Ich müsste, wenn ich wieder im Büro bin, nachgucken, inwieweit die Zahlen in der PMK-Statistik differenziert werden. Wenn wir dazu Zahlen haben, dann kann ich die gerne zur Verfügung stellen; hier habe ich sie jetzt leider nicht dabei.

Frage: Herr Seibert, Sie sagten, dass sich die Bundesregierung jeglichen Spuren von Antisemitismus entgegenstellt und das kritisiert und verurteilt. Sie erkennen also bei den gestrigen Äußerungen von Herrn Erdogan, der Israel einen Terrorstaat nennt, keine Spuren von Antisemitismus, korrekt?

StS Seibert: Ich sprach darüber, welche Verantwortung wir hier in Deutschland haben, im gesamten gesellschaftlichen Leben Antisemitismus zu bekämpfen und ihm klar entgegenzutreten. Das ist Konsens der demokratischen Parteien und Konsens hier in der Bundesregierung. Dafür tun wir viel; dafür habe ich mich auch heute für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung zu den Vorkommnissen vom Wochenende geäußert. Das ist das, was für uns hier zählt. Sie haben mich nach einer Äußerung gefragt und ich habe Ihnen gesagt, dass eine solche Bezeichnung Israels mit solchen Worten für uns vollkommen falsch, unzutreffend und nicht akzeptabel ist.

Frage: Der russische Präsident Putin hat heute angekündigt, dass die russischen Militärkräfte aus Syrien ausziehen. Es bleiben aber zwei Militärstützpunkte in Hamaimim und Tartus. Vorige Woche hatte Putin auch von einem vollständigen Sieg in Syrien gesprochen. Wie kommentiert das Auswärtige Amt das?

Breul: Wenn ich darf, würde ich noch einmal ganz kurz auf die vorherige Frage zurückkommen, da mir meine Kollegen in der Zentrale geholfen haben: Das Gespräch mit der kuwaitischen Regierung durch den Botschafter hat stattgefunden, und zwar am 28. November. Bei dieser Gelegenheit hat der Botschafter auch einen Brief übergeben und da noch einmal deutlich das Unverständnis der Bundesregierung über diese Politik deutlich gemacht.

Zuruf: (akustisch unverständlich)

Vorsitzende Welty: Sie müssten schon abwarten, bis Sie ein Mikrofon haben, beziehungsweise müssten sich dann noch einmal melden.

Breul: Das ist ein Brief, den der Botschafter im Namen der Bundesregierung übergeben hat, genau. Das Ganze war am 28. November, und die Antwort der kuwaitischen Seite darauf steht noch aus.

Jetzt zu Syrien: Die Meldungen habe ich auch über die Ticker laufen sehen, aber ehrlich gesagt auch nicht mehr als das; von daher würde ich mich mit Blick auf eine Bewertung gerne zurückhalten, bis man sieht, was genau Herr Putin da gesagt hat und was für Konsequenzen das gegebenenfalls vor Ort haben wird.

Was war noch einmal Ihre zweite Frage?

Zusatzfrage: Putin hat letzte Woche auch über den Sieg auf beiden Ufern des Euphrat gesprochen. In diesem Zusammenhang kann ich mir vorstellen, dass die heutige Erklärung damit verbunden ist.

Breul: Da müsste ich mir dann, ehrlich gesagt, die Erläuterungen von Herrn Putin noch einmal genau anschauen. Es fällt mir schwer, dazu jetzt so abstrakt Stellung zu beziehen.

Zusatzfrage: Welche Konsequenzen könnte ein solcher Rückzug jetzt haben?

Breul: Auch dazu müsste ich erst genau sehen, was Herr Putin gesagt hat und was genau das in der Konsequenz beinhaltet. Erst dann können wir das bewerten und möglicherweise Konsequenzen erkennen.

Frage: Herr Breul, die irakische Regierung hat am Wochenende ja verkündet, dass der IS militärisch besiegt sei; Syrien hat davon auch schon eine ganze Zeit lang gesprochen. Ist es auch die Sicht der Bundesregierung, dass der IS militärisch besiegt ist?

Breul: Die Äußerungen von Herrn Abadi haben wir natürlich über das Wochenende wahrgenommen. Die Terrororganisation IS wurde im Irak in der Fläche besiegt. Das stellt einen großen Erfolg der irakischen Regierung, der irakischen Sicherheitskräfte - inklusive der Peschmerga, wenn ich das hinzufügen darf - und der internationalen Anti-IS-Koalition dar. Innerhalb einer vergleichsweise kurzen Zeitperiode ist es uns gemeinsam gelungen, die IS-Terrorherrschaft im Irak aus der Fläche zu verdrängen. Das ist eine sehr gute Nachricht. Dennoch ist klar: Der IS stellt weiterhin eine signifikante asymmetrische Gefahr im Land dar. Der dauerhafte Sieg gegen den IS - wir sprachen dabei im Kontext von Rakka auch über Syrien - ist also noch nicht erreicht. Hierfür müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern nachhaltig engagiert bleiben.

Zusatzfrage: Was bedeutet das jetzt für die deutsche Beteiligung am Anti-IS-Einsatz? Das ist ja ein militärischer Einsatz. Wenn der IS jetzt militärisch besiegt ist, endet dann damit bald diese deutsche Beteiligung, Herr Fähnrich oder vielleicht Herr Seibert?

Breul: Ich kann auch gerne noch einmal anfangen, weil Sie ja sozusagen auf meine Äußerungen rekurrierten. Ich möchte das sehr gerne wiederholen: Der IS wurde in der Fläche besiegt, aber stellt weiterhin eine große asymmetrische Bedrohung dar. Die Bitte des Irak um Unterstützung gegen den IS besteht weiterhin und ist Grundlage für die von Ihnen erwähnte militärische Unterstützung.

Fähnrich: Um daran anzuknüpfen: Es ist ja auch gerade wichtig, dass wir die gewonnene Stabilität nicht nur stärken, sondern sie auch erhalten. Gerade deswegen setzen wir uns jetzt mit den Partnern hin und vereinbaren, wie unser künftiges Engagement aussieht. Aber sowohl die Aufklärungsflüge als auch die Ausbildung sind weiterhin essenzielle Bestandteile.

Neymanns: Meine Kollegin hat es schnell herübergeschickt: Straftaten wie jetzt beispielsweise die im Demonstrationsgeschehen werden im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes für politisch motivierte Kriminalität von den Ländern an das BKA gemeldet. Das sind Zahlen, die mit dem Stichtag 31. Januar des Folgejahres geliefert werden. Insofern habe ich leider keine aktuellen vorliegen. In den letzten beiden Jahren wurden die PMK-Zahlen zusammen mit der Polizeilichen Kriminalstatistik jeweils im Frühjahr gemeldet. Insofern habe ich Aktuelles leider nicht vorliegen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium. Ihr Haus gehörte ja bisher immer zu den Befürwortern des steuerlichen Dieselprivilegs und zu den Kritikern oder Ablehnenden der blauen Plakette für die Innenstädte, unter anderem mit Verweis auf die deutsche Autoindustrie, ihre Stärke beim Diesel usw. Nun hat sich der größte deutsche Autokonzern per Interview heute für eine Abschaffung des Dieselprivilegs und für die blaue Plakette ausgesprochen. Ich wollte einmal hören, ob das in Ihrem Hause irgendwie auf Verwunderung stößt, ob Sie enttäuscht sind, dass die Autoindustrie Ihnen jetzt in den Rücken fällt, ob das zu einem Umdenken führt oder ob das irgendetwas bei Ihnen im Haus bewegt.

Friedrich: Ich kann Ihnen - die Position des BMVI ist ja bekannt, was die blaue Plakette und auch die Dieselbesteuerung angeht, aber ich wiederhole das gerne noch einmal - grundsätzlich sagen: Das ist nach wie vor so, wie es ist. Das heißt, wir lehnen die blaue Plakette ab. Wir brauchen mehr Mobilität bei weniger Emissionen. Bund, Länder und Kommunen haben bereits ein schlagkräftiges Sofortprogramm in Milliardenhöhe gegen Fahrverbote und für saubere Luft beschlossen. Dazu gehört auch, dass wir die Elektromobilität intensiv fördern.

Zur Dieselbesteuerung ist die Haltung des BMVI, wie gesagt, auch bekannt. Der Diesel stößt deutlich weniger CO2 als Benziner aus. Deshalb brauchen wir ihn nach wie vor als Übergangstechnologie. Das BMVI sieht keinen Grund, an der Besteuerung etwas zu ändern.

Zusatzfrage: Gut, diese Positionen kannte ich ja alle, auch wortwörtlich und genau so. Deshalb danke ich für die Wiederholung. Aber meine Frage war ja nun, ob sich bei Ihnen durch die Neupositionierung des größten deutschen Autokonzerns möglicherweise etwas an dieser Haltung ändert und wie Sie diese Einschätzung von Volkswagen beurteilen. Ich würde also gerne etwas Neues hören, wenn es etwas gibt.

Friedrich: Das kann ich Ihnen an dieser Stelle leider nicht anbieten, denn die Haltung ist bekannt und bleibt auch so. Dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

Frage: Frau Friedrich, haben Sie uns denn aktuelle Zahlen zu dem Erfolg der Elektromobilitätsförderung mitgebracht? Wie schaut es denn aktuell aus? Wie viel von den Förderprogrammen ist denn inzwischen abgerufen worden?

Friedrich: Die Zahlen sind mir im Moment nicht präsent, was die Ladeinfrastruktur angeht. Das müsste ich nachreichen.

Darüber hinaus liegt die E-Prämie ja bei einem anderen Fachressort.

Zusatz: Das sich dann auch gerne dazu äußern darf, wenn es das kann, nämlich das BMWi, glaube ich!

Jornitz: Vielen Dank. Ich müsste jetzt gerade auch noch einmal kurz schauen, was die Zahlen angeht. Im Monat November haben wir auf die schriftliche Frage Nr. 321 dazu Stellung genommen. Mit Stand vom 30. November 2017 wurden 42 Anträge gestellt, davon 24 für reine Batterie-Elektrofahrzeuge, 17 für Plug-in-Hybride und 4 für Brennstoffzellenfahrzeuge.

Zusatzfrage: Stellt Sie das zufrieden?

Jornitz: Das zeigt schon, dass der Umweltbonus ja durchaus seine Wirkung zeigt. Natürlich stehen wir am Anfang, was den Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland angeht, aber wir gehen schon davon aus, dass da noch einiges kommen wird.

Frage: Wenn es um die Steuervorteile für Dieselkraftstoff geht, muss man ja auch das BMF fragen. Herr Kolberg, hat das Finanzministerium eine Haltung zu dem Vorschlag von Herrn Müller, wie ich das einmal nenne?

Herr Seibert, die Kanzlerin ist ja auch eng mit Herrn Müller. Hat Sie ihre Haltung jetzt vielleicht überdacht?

Kolberg: Das BMVI hat sich ja eben schon ausführlich zu diesem Punkt geäußert, und das ist die Haltung der Bundesregierung. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.

StS Seibert: Die Bundesregierung hat gegenwärtig keine Pläne, an der Dieselbesteuerung etwas zu ändern.

Frage: Dann wüsste ich doch noch einmal gerne vom Umweltministerium, ob das die Haltung der ganzen Bundesregierung ist.

Wettern: Bundesministerin Hendricks hatte dazu unlängst gegenüber unter anderem der "Rheinischen Post" gesagt, dass der Diesel eine steuerliche Bevorzugung nur dann verdient hätte, wenn er auch einen Umweltvorteil hätte oder sein Umweltversprechen einhalten würde. Danach sieht es aber nun einmal im Moment immer noch nicht aus. Sie hat das allerdings auch eingebettet in einen etwas größeren Entwurf der ökologischen Lenkungswirkung insbesondere von Verbrauchsteuern gesagt. Sie möchte also gerne das Steuersystem insgesamt ökologischer und sozialer gestalten. Es ergibt nämlich überhaupt keinen Sinn, dabei nur isoliert einzelne Steuern und Abgaben zu betrachten oder darüber zu sprechen. Das geht nur in einem Paket, das am Ende gut für die Umwelt ist, aber eben auch kleinere Einkommen entlastet.

Frage: Ich wollte zum Thema Südkreuz kommen. Herr Neymanns, können Sie uns einmal sagen, wie nach ein paar Monaten des Testlaufs die ersten Ergebnisse sind? Liegen Ihnen welche vor? Haben Sie den Testlauf vielleicht schon eingestellt? Wann endet der?

Neymanns: Der Testlauf läuft noch. Es wird in dieser Woche noch einen Termin am Südkreuz geben, bei dem dann auch sicherlich über den Zwischenstand berichtet werden wird. Darüber müssten wir, denke ich, heute Nachmittag sprechen. Ich habe meine Kollegen schon einmal kurz angefunkt, aber noch keine aktuelle Meldung bekommen. Ich gehe davon aus, dass heute Nachmittag die Einladung dazu erfolgen wird.

Zusatzfrage: Da wird der Minister auftauchen und Ergebnisse verkünden. Kann man davon ausgehen?

Neymanns: Der Minister wird auftauchen und sich sicherlich intensiv zum Projekt Südkreuz äußern. Ich warte noch und werde Ihnen ein paar Dinge gerne noch detailliert nachliefern. Ansonsten können wir das gerne auch noch einmal am Mittwoch aufrufen. Jetzt, aus dem Ärmel heraus, würde ich ungerne improvisieren.

Zusatzfrage: Was Sie ja schon seit Monaten detailliert nachreichen wollten, ist das Datenschutzkonzept dieses Experiments. Wird der Herr Minister das vielleicht auch mitbringen? Haben Sie das vorliegen? Können Sie uns das geben?

Neymanns: Ich habe hier kein Datenschutzkonzept. Sie wissen, dass das Projekt Südkreuz im Vorfeld mit den Datenschutzbeauftragten abgestimmt wurde und die Datenschutzbeauftragten auch der Projektdurchführung, wie sie dann tatsächlich geplant und durchgeführt wird, zugestimmt haben. Insofern, glaube ich, ist für diese Pilotphase dem Datenschutzkonzept und dem Datenschutz genug Rechnung getragen.

Was der Minister am Freitag mitnehmen wird, das werden Sie am Freitag sehen.

Zusatzfrage: Es ist davon auszugehen, dass die Öffentlichkeit, die an diesem Projekt auch beteiligt ist, niemals dieses Datenschutzkonzept, das Sie angeblich haben, sehen kann, sehen wird?

Neymanns: Meine Ausführungen zum Datenschutz gerade sind, wie sie sind. Das Konzept für das Pilotprojekt ist mit den Datenschützern abgestimmt worden, die Datenschützer haben dem Pilotprojekt in der Form zugestimmt. Mehr braucht man zum derzeitigen Zeitpunkt nicht.

Zusatzfrage: Ich habe eine Frage an das BMJV. Es gibt diesen Fall in Italien in Sachen Manager von ThyssenKrupp. Es gab vor zehn Jahren einen Brand im Turiner Thyssenkrupp-Stahlwerk. Nach zehn Jahren wurden in diesem Jahr zwei deutsche Thyssenkrupp-Manager nach einer Gerichtsentscheidung endgültig zu mehrjährigen Haftstrafen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Problem ist, dass Deutschland dieses Urteil nicht umsetzt. Diese beiden Manager sind immer noch hier in Deutschland auf freiem Fuß, sie arbeiten sogar immer noch bei Thyssenkrupp. Der italienische Justizminister Orlando hat Herrn Maas schon ein Schreiben zukommen lassen, in dem er diese Praxis Deutschlands missbilligt und kritisiert.

Erstens. Haben Sie auf das Schreiben schon geantwortet?

Zweitens. Wann kann Italien damit rechnen, dass diese beiden Manager verhaftet werden und das Urteil hier vollstreckt wird?

Kall: Dabei geht es um die Frage der sogenannten Übernahme der Strafvollstreckung von in Italien verhängten Urteilen und die Frage, ob die hier vollstreckt werden. Das ist eine Frage, die in der alleinigen Zuständigkeit der Länder liegt. Das ist Nordrhein-Westfalen und deswegen müssten Sie in Nordrhein-Westfalen nachfragen.

Zusatzfrage: Herr Orlando, der italienische Justizminister, hat sich an Herrn Maas gewandt. Hat Herr Maas denn schon geantwortet oder war die Antwort einfach "Danke für das Schreiben, das ist NRW-Sache"?

Kall: Bundesjustizminister Maas hat gegenüber Nordrhein-Westfalen angeboten, in der Kommunikation zwischen Italien und Nordrhein-Westfalen - in dem Fall den dort zuständige Behörden - zu helfen, wenn das nötig sein sollte. Wenn es Kommunikationsprobleme gibt, die im Rahmen der exzellenten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Italien leicht ausgeräumt werden könnten, hat er Unterstützung angeboten. Das ist, wie gesagt, ein alleiniges Thema für Nordrhein-Westfalen.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert. Die Bundeskanzlerin hat am Freitag mit dem designierten tschechischen Ministerpräsidenten telefoniert und ihm angeblich zum Wahlsieg gratuliert. Können Sie uns konkret etwas über die Inhalte dieses Gesprächs sagen?

StS Seibert: Nein, das kann ich tatsächlich nicht, außer, dass sie völlig recht haben. Sie hat am Freitag mit dem ernannten Ministerpräsidenten Andrej Babis telefoniert. Wie Sie ja wissen, dauert die Regierungsbildung in Tschechien noch an. Er will seine Regierung, glaube ich, in dieser Woche vorstellen. Ich kann Ihnen über das Telefongespräch mehr erst einmal nicht sagen. Das ist aber auch nicht unüblich.

Zusatzfrage: Sie haben also nicht über konkrete Themen wie Flüchtlingsquoten, Russland-Sanktionen, Europäischer Rat usw. gesprochen?

StS Seibert: Ich gebe, wie üblich, über dieses vertrauliche Gespräch keine weitere Auskunft. Herr Babis nimmt am Donnerstag und Freitag wahrscheinlich zum ersten Mal an einem Europäischen Rat teil. Das wird für ihn wie für seine neuen europäischen Partner die Gelegenheit sein, das Gespräch zu vertiefen.

Montag, 11. Dezember 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 11. Dezember 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/12/2017-12-11-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2017

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