Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/9720: Heute im Bundestag Nr. 413 - 22.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 413
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2020, Redaktionsschluss: 15.49 Uhr

1. Karliczek: Maßnahmen gegen Corona
2. Linke fordert Hilfen für Journalisten
3. AfD gegen EU-gesteuerte Corona-Hilfen
4. FDP fordert mehr europäische Solidarität
5. Linke plädiert für Corona-Anleihen
6. Grüne fordern Wiederaufbau-Fonds


1. Karliczek: Maßnahmen gegen Corona

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek (CDU), hat zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Stellung bezogen. "Die Pandemie ist ein absoluter Langstreckenlauf", sagte Karliczek am Mittwoch im Ausschuss für Bildung und Forschung. An erster Stelle sei es wichtig, die Patienten zu therapieren und die Pandemie zu bekämpfen. Außerdem sei es von immenser Bedeutung, dass die Menschen weiterhin Vertrauen in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik hätten.

Karliczek zählte verschiedene Maßnahmen auf, die die Bundesregierung im Kampf gegen Covid 19 beschlossen hat. Dazu zähle, dass die Regierung 150 Millionen Euro in die Gesundheitsforschung für den Aufbau einer Forschungsnetzwerkes investiert habe, das von der Charité koordiniert werde. So soll die deutsche Universitätsmedizin zu Covid 19 gebündelt werden und das Wissen der deutschen Universitätskliniken genutzt werden. Der Erkenntnisstand im Land, der generiert werde, soll möglichst schnell in die Fläche gebracht werden.

Karliczek machte deutlich, dass es kein wirkliches Ende der Pandemie geben werde, bevor ein Impfstoff gefunden sei. Maßnahmen wie in Neuseeland, wo versucht werde, das Virus durch Schließung der Grenzen und harte Quarantänemaßnehmen auszurotten, könnten nur auf einer Insel gelingen, und seien auch dort nur sporadisch möglich - eben so lange keine erneute Öffnung stattfinde.

Auch deshalb habe sich die Bundesregierung dazu entschlossen, die internationale Impfstoffinitiative "Coalition for Epidemic Preparedness Innovations" (CEPI) stärker zu unterstützen. CEPI sei aus der Einsicht gegründet worden, dass weltweite Epidemien nur durch weltweite Lösungen bekämpft werden können. An diesem Netzwerk seien verschiedene Länder wie auch Stiftungen beteiligt. Normalerweise würde für die Erforschung und Zulassung eines Impfstoffes zehn Jahre gebraucht. "Wenn wir das jetzt binnen eines Jahres schaffen, dann ist das sensationell", sagte Karliczek. Auch habe das Bundesforschungsministerium einen Förderaufruf mit 15 Millionen Euro gestartet, um Organisationen und Unternehmen zu unterstützen, die bereits an dem Thema forschen.

Auch beteilige sich das BMBF an der "Solidarity Studie" der Weltgesundheitsorganisation (WHO), da man für gute Forschung ausreichend große Kohorten brauche, um belastbares Zahlenmaterial zu generieren. Die "Solidarity Studie" sei in mehr als 70 Ländern mit mehr als 10.000 Patienten angelegt. Das sei eine Größenordnung, die helfe, bereits bekannte Medikamente auf ihre Wirkung bezüglich Covid 19 zu überprüfen.

Ferner informierte Karliczek über die Maßnahmen im Wissenschaftsbereich. Sie betonte unter anderem, dass die Höchstbefristungen an der Universitäten um sechs Monate verlängert worden seien und bei Bedarf noch weiter verlängert würden. Außerdem unterstrich sie, dass das BAföG weiter gezahlt werde, egal ob Universitäten oder Schulen geöffnet hätten oder nicht. Für ausländische Studenten oder Studenten in einem Zweitstudium werde erwogen, ein zinsloses Darlehn bereit zu stellen. Im Schulbereich machte sie auf die neue Schulcloud HPI aufmerksam, die den komplexen Datenschutzanforderungen genügen werde. Bei der Beruflichen Bildung hob sie die flexiblen Prüfungsregelungen hervor.

*

2. Linke fordert Hilfen für Journalisten

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die Linksfraktion spricht sich angesichts der Covid-19-Pandemie für ein Paket von Maßnahmen zur Unterstützung von Journalisten und Medienschaffenden aus. In einem Antrag (19/18691) fordert sie die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern ein Konzept zu entwickeln, um Journalisten, Film- und Medienschaffende als "systemrelevante" Berufstätige abzusichern. Dazu gehöre der Zugang zu den bereits eingeführten Soforthilfen auch für Solo-Selbständige ohne relevante Betriebskosten sowie eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent. Zudem soll ein Soforthilfefonds "Systemrelevanter Journalismus" zum Erhalt vor allem lokaler und regionaler Radio-, TV- und Presseangebote aufgelegt werden und die bereits beschlossene und derzeit noch zurückgestellte temporäre Zustellförderung für Tageszeitungen und Anzeigenblätter in Höhe von 40 Millionen Euro als Teil der Nothilfe freigegeben werden. Gegenüber der Rundfunkkommission der Länder soll sich die Bundesregierung nach dem Willen der Linksfraktion dafür einsetzen, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ihren festen freien Mitarbeitern ein Auftragsvolumen garantieren, das mindestens 90 Prozent des Vorjahres-Nettoverdienstes entspricht. Zudem soll der Bundeszuschuss zur Künstlersozialkasse und die Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 200 Euro erhöht werden.

Zur Unterstützung des Film- und Fernsehbereichs sollen nach dem Willen der Linken die Hilfsmaßnahmen zur Überbrückung krisenbedingter Einnahmeausfälle aufgestockt werden und auf eine Rückforderung bereits ausgezahlter Fördermittel für Filmprojekte, die pandemiebedingt verschoben werden müssen, verzichtet werden.

Die Linke begründet ihre Forderungen mit der besonderen Bedeutung, die der journalistischen Arbeit in der Corona-Krise zukäme. Allerdings seien gerade freie Journalisten und Medienschaffende, lokale Sender und kleinere Print-Medien aufgrund stornierter Aufträge und sinkender Werbeeinnahmen wirtschaftlich besonders stark betroffen und in ihrer Existenz bedroht.

*

3. AfD gegen EU-gesteuerte Corona-Hilfen

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung soll nach dem Willen der AfD-Fraktion auf europäischer Ebene verhindern, dass im Zuge der Corona-Krise weitere Kreditlinien durch den Europäischen Rettungsschirm ESM bewilligt und Bürgschaften und Zahlungen der Mitgliedstaaten für einen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank (EIB) geleistet werden. Auch eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Mitgliedstaaten lehnt die AfD in einem Antrag (19/18725) ab. Über ihn debattiert der Bundestag am Donnerstag erstmals zusammen mit weiteren Anträgen der Opposition zur Corona-Krise.

Die AfD spricht sich darin auch dagegen aus, dass die EU-Kommission durch Anleiheemissionen mittelbar eine gemeinsame Schuldenaufnahme vornimmt. In der Begründung heißt es, alle EU-Mitgliedstaaten seien wirtschaftlich in sehr ähnlicher Form von der Corona-Epidemie betroffen, da sich diese Betroffenheit am Ausmaß des "Lockdowns" bemesse. Der Ansatz eines europäischen Lastenausgleichs zur Bewältigung der Krise sei daher verfehlt. "Statt einer Lastenteilung würden EU-weit gesteuerte Corona-Hilfen zu unnötiger Bürokratie durch nationale und EU-veranlasste Doppelstrukturen führen", warnen die Abgeordneten. In dieser Notsituation müssten sich die nationalen Förderinstrumente und Sicherungssysteme bewähren.

*

4. FDP fordert mehr europäische Solidarität

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der FDP-Fraktion auf EU-Ebene für eine koordinierte, effektive Beschaffung und Verteilung von medizinischer Schutzausrüstung, Medizintechnik und Impfstoffen einsetzen. National seien Vorkehrungen zu treffen, um im Rahmen freier Kapazitäten möglichst viele Corona-Patienten aus besonders betroffenen Regionen der EU aufzunehmen und medizinisch zu betreuen, fordern die Liberalen in einem Antrag (19/18695), über den der Bundestag am Donnerstag zusammen mit Anträgen von Grünen und Linken erstmals berät.

Deutschland soll außerdem gemeinsam mit seinen europäischen Partnern kurzfristig helfen, die durch die Aussetzung der Beitragszahlungen der USA an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entstandene Finanzierungslücke zu überbrücken. Die Handlungsfähigkeit der WHO während der Corona-Krise müsse erhalten bleiben, schreibt die FDP, besonders in den Ländern des globalen Südens, "denen der schwerste Teil der Pandemie noch bevorsteht".

*

5. Linke plädiert für Corona-Anleihen

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung auf, die am meisten von der Corona-Pandemie und ihren wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Folgen betroffenen Ländern zu unterstützen und die direkte Finanzierung von öffentlichen Investitionen durch die Europäische Zentralbank (EZB) zu ermöglichen. Kurzfristig solle der Bund außerdem den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Pandemie durch "Corona-Anleihen" der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit langen Laufzeiten unterstützen, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/18687), über den der Bundestag am Donnerstag zusammen mit Anträgen von FDP und Grünen erstmals berät.

Eine weitere Forderung betrifft das Heranziehen von "Superreichen". Nach Auffassung der Linken müsse jetzt EU-weit eine Besteuerung der Vermögen von Multimillionären und Milliardären koordiniert werden, um Krisenlasten fair zu verteilen und die Ungleichheit der Vermögen reduzieren. Nach Ansicht der Fraktion bedeutet die Corona-Krise "eine existentielle Bedrohung für die EU, wenn sie keine solidarischen Antworten auf die Herausforderungen findet". Alle Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft müssten daher in ein Konzept zum "sozial-ökologischen Umbau" eingebettet sein, das weit über den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grünen Deal hinausgehe.

*

6. Grüne fordern Wiederaufbau-Fonds

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen plädiert für die Schaffung eines "Fonds für den Wiederaufbau" ("Recovery Fund"), der zusätzliche Mittel in Höhe von einer Billion Euro zur Verfügung stellt und die finanzielle Last der Corona-Krise gemeinsam und auf demokratische Weise schultert. Darüber hinaus solle die Bundesregierung ihren Beitrag für den mehrjährigen EU-Haushalt (MFR) ab 2021 erhöhen und sich für einen insgesamt höheren und regelmäßig zu überprüfenden europäischen Haushalt einsetzen, schreiben die Grünen in einem Antrag (19/18713), über den der Bundestag am Donnerstag zusammen mit Anträgen von FDP und Linken erstmals berät.

Der neue MFR müsse die EU "mit ausreichenden Mitteln für die langfristige Bewältigung der gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und die Bewältigung der Klimakrise ausstatten", aber auch Solidarität, Wirtschaft und digitalen Fortschritt in Europa stärken. Die EU-Kommission gelte es in ihrer Funktion als "Hüterin der Verträge" darin zu unterstützen, die jeweiligen Covid 19-Eindämmungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten auf ihre Verhältnismäßigkeit und Vereinbarkeit mit den europäischen Grundwerten zu prüfen. Gegebenenfalls müsse sie Korrekturen über Vertragsverletzungsverfahren erwirken und eine freie Medienberichterstattung einfordern.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 413 - 22. April 2020 - 15.49 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang