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BUNDESTAG/9555: Heute im Bundestag Nr. 246 - 04.03.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 246
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 4. März 2020, Redaktionsschluss: 13.37 Uhr

1. Zwei Anhörungen beschlossen
2. Technikfolgenabschätzung immer wichtiger
3. Gebäude-Energetik umstritten
4. Digitale Vertragsabschlüsse
5. Preisangaben bei Verbraucherverträgen
6. FDP will Strafrecht reformieren


1. Zwei Anhörungen beschlossen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch die Durchführung von zwei öffentlichen Anhörungen beschlossen. Am Mittwoch, dem 25. März, soll es um einen bisher noch nicht überwiesenen Antrag der FDP-Fraktion zum Thema "Basel III" gehen. Eine weitere Anhörung wird am Mittwoch, dem 22. April, zum Thema Cum-Ex stattfinden. Grundlage ist ein Antrag der Fraktion Die Linke (19/16836) mit dem Titel "Steuerskandale wie Cum/Ex zukünftig verhindern" und ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/5765) mit dem Titel "Cum-Ex-Steuerskandal unverzüglich beenden".

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2. Technikfolgenabschätzung immer wichtiger

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Um die Vorstellung der Arbeit des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) ging es am Mittwoch vor dem Ausschuss für Bildung und Forschung. Professor Armin Grunwald, Leiter des TAB und zugleich Direktor des Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) sowie Professor für Technikphilosophie am Institut für Philosophie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), sagte: "Das Tab dient vor allem der Verbesserung der Informationsgrundlagen für die parlamentarischen Beratungen zu wissenschaftlichen und technikbezogenen Themen." Das TAB, das vom KIT, ITAS und seit 2013 auch von den Konsortialpartnern IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung und dem VDI/VDE Innovation + Technik betrieben wird, beobachtet und analysiert wichtige wissenschaftlich und technische Entwicklungen, vor allem in frühen Entwicklungsstadien und fertigt zu diesen technischen und wissenschaftlichen Fragen, die stets der Bundestag in Auftrag gibt, wissenschaftliche Studien an. "Wir bearbeiten die Themen nach besten Wissen und Gewissen, wissenschaftlich streng unabhängig", betonte Grunwald. Dabei sei das Konsensprinzip wichtig, die Studien seien nicht einseitig politisch motiviert, die Bearbeitung erfolge transparent und könnte jederzeit auf der Homepage eingesehen und nachvollzogen werden. Bei vielen TAB-Berichten würden mehrere Alternativen, Szenarien, Lösungen und Folgeabschätzungen vorgestellt.

Als Beispiele für die mehr als 200 Themen, die das TAB in den vergangen 30 Jahren bearbeitet hat, nannte Grunwald die Blackout Studie zur Stromversorgung, die Bilanz zur Sommerzeit oder die Pränataldiagnostik. Berichte, die sich gerade in der Abnahme befinden, beschäftigen sich unter anderem mit den Themen Lichtverschmutzung, Autonomen Waffensystemen, der Nachhaltigkeitsbewertung landwirtschaftlicher Systeme und dem Genome Editing am Menschen. Grunwald unterstrich, dass die Technikfolgenabschätzung insgesamt an Wertschätzung gewonnen habe und das dem TAB mit seinen Analysen immer wieder ein Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs über Wissenschaft, Technik und Fortschritt gelinge, der auch öffentlich auf Resonanz stoßen würde.

Die Berichterstatter der verschiedenen Fraktionen lobten die Arbeit des TAB überwiegend, da die wissenschaftliche Genauigkeit den Abgeordneten bei Entscheidungsfindungen gerade in neuen Themenfeldern unterstützen würde. Gleichwohl kritisierte der Vertreter der CDU/CSU wie auch der FDP, dass häufiger die Risiken von neuen Entwicklungen und Innovationen betont würden und weniger die Chancen. Der Vertreter der FDP sagte: "Wir wünschen uns mehr Technikchancenabschätzung", und regte zugleich an, die Analysen moderner und interaktiver im Internet oder durch eine App darzubieten. Der Vertreter der CDU regte an, dass das TAB ein Projekt zur Evaluation des TAB machen sollte, was auch der Vertreter der AfD unterstützte. Der Vertreter der CDU kritisierte zudem, dass die Berichte des TAB oft erst zu einem Thema veröffentlicht werden würden, wenn die gesellschaftliche Diskussion schon weiter vorangeschritten sei. Die Vertreter der SPD, der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen nahmen die Arbeit des TAB ausdrücklich in Schutz. Der Vertreter der SPD sagte: "Die Arbeit des TAB ist ein Schatz." Mit den Analysen hätte man als Bundestagsabgeordneter einen Zugang zu wissenschaftlich unabhängigen Erkenntnissen, die weit über die schnelle Suche im Internet hinausginge. Der Vertreter der Linken lobte zudem die Kurzzusammenfassungen, die es jedem ermögliche, sich einen schnellen aber trotzdem fundierten Einblick zu einem Thema zu verschaffen. Die Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen hob den interdisziplinären Charakter der Arbeit des TAB lobend hervor.

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3. Gebäude-Energetik umstritten

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/FLA) Einhellig haben es die Sachverständigen begrüßt, dass die Bundesregierung die Vorgaben für Gebäude-Energetik in einem Gesetz bündeln will. Der Entwurf (19/16716) für das neue Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude (GEG) stößt allerdings auf zahlreiche Einwände. Dies zeigte sich bei einer Experten-Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter der Leitung von Klaus Ernst (Die Linke). Das GEG soll das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammenführen.

Maria Hill vom Zentralen Immobilien Ausschuss plädierte dafür, hinsichtlich der energetischen Anforderungen an Neubau und Bestand keine Änderung am Gesetzentwurf vorzunehmen. Dies gelte auch für den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots trage wesentlich dazu bei, die Akzeptanz der Energie- und Wärmewende in der Bevölkerung zu erhalten und zu stärken. Um die Wende sozialverträglich im Gebäudebestand zu ermöglichen, bedürfe es zusätzlicher Fördermittel. Diese sollten einen relevanten Anteil der energiebedingten Kostenanteile an den Gebäuden ausüben.

Michel Durieux kritisierte namens des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, dass der verfolgte Zweck, das Ordnungsrecht zu entbürokratisieren und zu vereinfachen, mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht werde. So enthalte er deutlich mehr Paragraphen als die Summe der zusammengefassten Einzelregelungen. Nur ein verständliches Gesetz könne dem, der das Gesetz anwenden muss, angemessen in Schulungsangeboten vermittelt werden. Eine Vereinfachung müsse bei der weiteren Überarbeitung oberstes Ziel sein.

Sandra Rostek vom Bundesverband Bioenergie monierte, dass für Biogas ein Primärenergiefaktor von 1,1 vorgesehen sei. Dies bedeute, bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes oder Wärmenetzes werde die Wärme aus Biogas gleichgesetzt mit der Wärme aus Erdgas, Flüssiggas, Heizöl und Steinkohle und läge nur leicht unter der Wärme aus Braunkohle. Dies widerspreche allen wissenschaftlichen Studien. Biogas werde künstlich schlecht gerechnet. Der Faktor müsse je nach Technologie und Einsatzstoff zwischen 0,1 und 0,3 liegen.

Der Verband kommunaler Unternehmen sieht insbesondere durch die Nutzung von Wärmenetzinfrastrukturen große Potenziale für den Klimaschutz im Gebäudebereich, machte Michael Wübbels klar. Durch Wärmenetze ließen sich sowohl Bestands- als auch Neubaubereiche miteinander verzahnen und erneuerbare Energien und Abwärme zunehmend in die Wärmeversorgung integrieren. Es müsse vermieden werden, dass die Verknüpfung zwischen Bestandsgebäuden und der Nutzung von Wärmenetzen vorschnell abgeschnitten wird.

Professor Lamia Messari-Becker (Universität Siegen) machte klar, dass sich das Ziel der Klimaneutralität im Gebäudebereich durch den Dreiklang von Energieeinsparung, effizienter Technik und den Einsatz erneuerbarer Energien erreichen lässt. Die Zusammenlegung der bestehenden Instrumente in den drei bestehenden Gesetzen könne einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Energieeffizienz mit dem Ausbau erneuerbarer Energien zu verbinden. Sie stellte fest, dass der Gesetzentwurf hinter den Zielen der Bundesregierung zurückbleibe. Dies gelte unter anderem für die zugrunde gelegten Energiestandards sowie die Weiterentwicklung und Verschärfung von energetischen Standards. Klimaneutralität sei so nicht zu erreichen. Der Niedrigstenergiestandard sei nicht Stand der Forschung.

Professor Dirk Müller (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen) meinte, der Gesetzentwurf bleibe hinter seinen Möglichkeiten zurück. Er lenkte den Blick darauf, dass moderne Gebäude über ein Energiemanagementsystem verfügen, mit dem der Betrieb aller Anlagen und die Nutzung lokaler regenerativer Energien optimiert werden kann. Auch Funktionen für einen netzdienlichen Betrieb könnten hier integriert werden, was bei einem zunehmenden Ausbau der Photovoltaik und der Elektromobilität an Bedeutung gewinne. Dieser Bereich solle im GEG berücksichtigt werden. Der energetische Nachweis für Kühlverfahren sollte analog zur Heiztechnik bilanziert werden.

Veit Bürger vom Öko-Institut meinte, die EU-Vorgabe, einen Niedrigstenergiegebäudestandard festzulegen, müsse ambitioniert umgesetzt werden. Ein wenig ambitionierter Standard würde zwar dazu führen, dass die Investitionskosten etwas niedriger ausfallen. Diesem Einmaleffekt stünden jedoch jahrzehntelange höhere Nebenkosten (Heizung und Warmwasser) gegenüber, die gerade Haushalte mit geringem Einkommen besonders belasteten. Dies gelte insbesondere auch mit Blick auf die CO2-Bepreisung, die 2021 ihre Wirkung entfalte. Gebäude müssten "in die Sanierung getrieben werden".

Henning Ellermann (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz) kam zu dem Befund, dass der Gesetzentwurf keinen Mehrwert für Klimaschutz biete. Der Entwurf enthalte sogar einige deutliche Aufweichungen im Vergleich mit den bestehenden Anforderungen. Die Überprüfung des Anforderungsniveaus müsse von 2023, wie jetzt geplant, auf 2021 vorgezogen werden. Absehbar sei, dass die EU-Kommission den vorgesehenen Neubaustandard nicht als Niedrigstenergiegebäude akzeptieren werde. Zudem würden weitere Vorschriften und Fristen verletzt.

Tim Bagner von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte an, sowohl der Neubau als auch energetisch sanierter bestehender Wohnraum müsse bezahlbar bleiben. Der Mangel an angemessenem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung dürfe durch erweiterte Anforderungen des GEG nicht verschärft werden. Zum anderen sollten neben der energetischen Verbesserung der Gebäude die Potenziale der Energieversorgung und -nutzung sowie der intelligenten Vernetzung von Geräte- und Netzinfrastruktur einbezogen werden. Diese Ziele erfülle der Entwurf nicht.

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4. Digitale Vertragsabschlüsse

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Weitere Verbesserungen für Verbraucher im elektronischen Geschäftsverkehr will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erreichen. Die Abgeordneten haben einen Antrag (19/17449) vorgelegt, nach dem der Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Pflicht zum Vorsehen eines einfach auffindbaren, barrierefreien und verständlich beschriebenen Kündigungsbuttons bestimmt, soweit der Abschluss des Vertrags im Zusammenhang mit einem Bestell- beziehungsweise Vertragsabschlussbutton erfolgt. Unternehmen, die einen Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr anbieten und ermöglichen, sollen verpflichtet werden, eine E-Mail-Adresse klar und verständlich als Empfangsvorrichtung für alle rechtserheblichen Erklärungen (zum Beispiel Kündigung oder Widerruf) im Zusammenhang mit dem bestehenden Vertragsverhältnis ausweisen. Dafür solle sich die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene einsetzen.

Wie es in dem Antrag heißt, zeigen Befragungen, dass Schwierigkeiten bei der Kündigung ein relevantes Verbraucherproblem sind. Dementsprechend reiche die Ankündigung der Bundesregierung, die Laufzeiten beziehungsweise die Verlängerungszeiträume zu verkürzen, nicht aus. Notwendig sei darüber hinaus eine Vereinfachung der digitalen Kündigungsmöglichkeiten. Durch einen Klick sei der Abschluss eines Vertrages im digitalen Geschäftsverkehr möglich. Eine Kündigung sollte daher für Verbraucher ebenso einfach möglich sein.

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5. Preisangaben bei Verbraucherverträgen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Für die Einführung von Durchschnittspreisangaben bei Langzeitverträgen mit Verbrauchern wirbt die FDP-Fraktion in einem Antrag (19/17451). Danach soll die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorlegen, der gewerblichen Anbietern bei der Werbung und im Rahmen der Vertragsanbahnung bei Preisangaben die zusätzliche Angabe eines monatlichen Durchschnittspreises vorschreibt, und sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass solch eine Regelung spätestens anlässlich einer Überarbeitung der EG-Grundpreis-Richtlinie Eingang in europäisches Recht findet.

Wie es in dem Antrag heißt, verlangen manche Anbieter, um potenzielle Kunden trotz der teilweise hohen Kosten nicht vom Abschluss des Vertrages abzuschrecken, in den ersten Monaten des Vertrages nur niedrige monatliche Zahlungen und bewerben diesen Umstand gezielt. In späteren Monaten oder erst im zweiten Vertragsjahr stiegen die monatlich zu zahlenden Beträge dann sprunghaft an. So würden beispielsweise bei Verträgen über Internetanschlüsse aus 10 Euro pro Monat am Anfang des Vertrages schnell 30 Euro pro Monat und mitunter 50 Euro pro Monat im zweiten Vertragsjahr. Solch eine ansteigende Staffelung der monatlichen Kostenbelastung erschwere es Verbrauchern, sich die Gesamtkosten des Vertrages vor Augen zu führen.

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6. FDP will Strafrecht reformieren

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Auf die Straffung und Modernisierung des Strafrechts zielt ein Antrag der FDP-Fraktion (19/17485). Darin heißt es, seinen Aufgaben könne das Strafrecht nur dann gerecht werden, wenn es ein Verhalten sanktioniert, das das gesellschaftliche Zusammenleben und individuelle Rechte nachhaltig beeinträchtigt. Als Auftrag an den Gesetzgeber ergebe sich hieraus, Strafrechtspolitik fakten- und evidenzbasiert zu gestalten und laufend einer Überprüfung hinsichtlich der Wirkung strafrechtlicher Normen zu unterziehen. Eine solche Überprüfung habe in der Vergangenheit nicht ausreichend stattgefunden.

Der Bundestag solle die Bundesregierung daher auffordern, eine Expertengruppe im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel einzusetzen, die sich mit der Frage der Reform des Strafgesetzbuchs auseinandersetzt. Im Mittelpunkt der Erörterung stehe dabei eine Überprüfung von Normen im Hinblick auf Praktikabilität, Bedeutung und auch Wertungswidersprüche innerhalb des Systems verschiedener Sanktionen im Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 246 - 4. März 2020 - 13.37 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2020

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