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BUNDESTAG/9130: Heute im Bundestag Nr. 1277 - 14.11.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1277
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 14. November 2019, Redaktionsschluss: 09.54 Uhr

1. Prävention von Folter und Misshandlung
2. Scheuer: Schub für nachhaltige Mobilität
3. Abschaffung von Hartz-IV-Sanktionen
4. FDP gegen Share Deals-Missbrauch
5. FDP für freien Schnittstellen-Zugang


1. Prävention von Folter und Misshandlung

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/SAS) Die Jahresberichte 2017 (19/2929) und 2018 (19/10305) der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter sind am Mittwochnachmittag Thema im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe gewesen. In diesen Berichten hat sich die unabhängige nationale Einrichtung zur Prävention von Folter und Misshandlung 2017 schwerpunktmäßig mit dem Freiheitsentzug durch die Polizei beschäftigt, im Jahresbericht 2018 standen freiheitsentziehende Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen sowie bei Abschiebungen im Fokus.

Darin haben die Mitarbeiter unter anderem die "mitunter häufig angewendete Maßnahme" der Fixierung von Personen im Polizeigewahrsam kritisch angemerkt. Die Praxis sei in einigen Bundesländern zwar erlaubt, stelle jedoch einen schweren Eingriff in die Freiheitsrechte dar. Missstände entdeckte die Nationale Stelle aber auch bei begleiteten Abschiebeflügen. Als unzureichend bewertete ein Vertreter der Einrichtung im Rahmen der Unterrichtung des Ausschusses so etwa die Koordination zwischen Bundes- und Landespolizei. Oft seien Mitarbeiter beider Polizeien an Abholung und Transport der abzuschiebenden Menschen beteiligt. In der Praxis führe deren mangelnde Abstimmung jedoch nicht selten dazu, dass die Abzuschiebenden nicht ausreichend mit Essen oder Trinken versorgt würden.

Im Ausschuss betonte der Vertreter den präventiven Charakter der Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Die insgesamt zehn Mitarbeiter der aus einer Länderkommission und einer Bundesstelle bestehenden Einrichtung besuchten "Orte der Freiheitsentziehung" - darunter Justizvollzugsanstalten, Polizeidienststellen, geschlossene Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe sowie Alten- und Pflegeheime - um auf Missstände aufmerksam zu machen und Verbesserungsvorschläge zur Wahrung der Menschenwürde zu unterbreiten.

Die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit sei jedoch trotz des zehnjährigen Bestehens der Nationalen Stelle noch immer begrenzt, monierte der Vertreter. Immer wieder gebe es Fälle, in denen Mitarbeitern der Zutritt zu einem Ort der Freiheitsentziehung verwehrt werde. Auch bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Zutritt mangele es bisweilen an der nötigen Unterstützung durch die zuständigen Ministerien. Außerdem erweise es sich als nachteilig, dass nur die Namen von Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft veröffentlicht werden dürften. Um die "Nachhaltigkeit" der Arbeit zu verbessern, brauche es eine Rechtsgrundlage, um künftig auch die Namen der besuchten Einrichtungen in privater Trägerschaft veröffentlichen zu können, so die Forderung der Nationalen Stelle.

Besorgt äußerte sich ihr Vertreter zudem über die gegenwärtige finanzielle Ausstattung der Anti-Folter-Stelle. Es drohe akut die Gefahr, dass sie ihre Arbeit im nächsten Jahr nicht wie bisher aufrechterhalten könne. Schon in der Vergangenheit seien Besuche überhaupt nur möglich gewesen, weil sich die ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeiter bereit erklärt hätten, ihre Fahrtkosten vorzustrecken, so der Vertreter. In der anschließenden Diskussion signalisierten Abgeordnete aller Fraktionen grundsätzlich Anerkennung und Unterstützung für die Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Deren finanzielle Lage sei "beschämend", so ein Vertreter der SPD. Bündnis 90/Die Grünen plädierten vor dem Hintergrund der laufenden Haushaltsberatungen für eine Aufstockung der Mittel für das kommende Jahr. Auch die Union mahnte mittels eines Entschließungsantrags eine "angemessene Ausstattung" der Nationale Stelle an.

In Bezug auf die vorliegenden Jahresberichte merkten Vertreter von Union und AfD allerdings an, dass aus ihrer Sicht die Verwendung von Begriffen wie "Folter" und "Ort der Freiheitsentziehung" im Zusammenhang mit Pflegeheimen im Rechtsstaat Deutschland doch kritisch zu sehen sei. Die meisten Pflegekräfte dort leisteten einen "guten Dienst". Die FDP betonte wiederum die Wichtigkeit von Kontrollen: Es gebe unter den Pflegeheimträgern "schwarze Schafe", denen alte oder pflegebedürftige Menschen wehrlos ausgeliefert seien. Vertreter von SPD, Die Bündnis 90/ Die Grünen unterstützten den verwendeten Folterbegriff und erinnerten daran, dass die Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter auf dem Zusatzprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe beruhe.

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2. Scheuer: Schub für nachhaltige Mobilität

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will keine Wende in der Verkehrspolitik. "Wende heißt Umkehr. Ich will aber eine Fortentwicklung", sagte er am Mittwochabend bei einer Sitzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung. Es gelte, die Mobilität von morgen den Bedürfnissen der Bürger entsprechend zu gestalten. Mit dieser modernen Mobilität, die klimafreundlich, effizient und sauber sei, müssten die Exportprodukte entwickelt werden, "die wir für unseren Wohlstand brauchen", sagte Scheuer.

Die nachhaltige Mobilität, so der Minister, habe durch das Klimaprogramm der Bundesregierung einen ordentlichen Schub bekommen. Eine Milliarde Euro jährliche Kapitalerhöhung bei der Bahn sowie die Mehrwertsteuersenkung im Fernverkehr seien Folgen des Klimaprogramms. Der klare Gewinner des Klimaprogramms sei damit die Schiene, befand er. Am Vormittag habe zudem der Verkehrsausschuss der Dritten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn (LuFV III) zugestimmt, "dem größten Modernisierungsprogramm, das die Schiene je erlebt hat". Dazu komme noch der Aufwuchs der Regionalisierungsmittel, mit denen der Bund den Nahverkehr in den Ländern unterstütze. Gemessen an der Verkehrsleistung gebe es derzeit mehr Investitionsmittel für die Schiene als für die Straße

Problematisch sei aber der stockende Mittelabfluss, sagte der Verkehrsminister. Die Länder müssten mehr durchführungsfähige Projekte vorlegen, verlangte er. Ein ähnliches Problem gebe es beim Bau von Radwegen. Zusätzliche 900 Millionen Euro seien beim Klimagipfel für den Radverkehr bereitgestellt worden. Weil es aber nicht genügend umsetzungsfähige Projekte gebe, würden vorhandene Gelder nicht abgerufen. "Wir brauchen eine Planungsbeschleunigung für alle Schienen-, Wasserstraßen- und Radverkehrsprojekte", sagte Scheuer.

Der Verkehrsminister sprach sich auch für die Technologieoffenheit bei den Antrieben aus. Gefördert werde die Elektromobilität ebenso wie die Wasserstofftechnologie, E-Fuels und auch Brückentechnologien wie LNG und CNG. Mit Blick auf die synthetischen Kraftstoffe (E-Fuels) müsse auch über Beimischungsquoten geredet werden, forderte Scheuer.

Schon jetzt gebe es in Deutschland junge Startups, die synthetische Kraftstoffe für Flugzeuge entwickeln würden. Der Preis liege aber beim Vierfachen des normalen Kerosins. "Also braucht es eine Anschubförderung", sagte der Minister. Er sei im Übrigen auch mit den Mineralölkonzernen im Gespräch über Forschungsinitiativen zu synthetischen Kraftstoffen für Pkw und Lkw.

Dass E-Fuels in der EU-Flottenregulierung für die Pkw-Hersteller auf die CO2-Ziele nicht anrechenbar sind, bezeichnete Scheuer während der Sitzung als Fehler. Er werde sich auf europäischer Ebene für die Anrechenbarkeit einsetzen, kündigte er an.

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3. Abschaffung von Hartz-IV-Sanktionen

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern in einem gemeinsamen Antrag (19/15078) die Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II. Sie beziehen sich zur Begründung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Sanktionspraxis eingeschränkt hatte. Linke und Grüne gehen in dem Antrag allerdings darüber hinaus und fordern eine generelle Abschaffung von Sanktionen. Ferner sollen die Jobcenter bedarfsdeckend mit Personal und Mitteln zur Eingliederung und für die Verwaltung ausgestattet werden. Auch soll das Fallmanagement verbessert werden, damit Arbeitssuchende passgenaue Hilfen und garantierte Angebote zur Weiterbildung erhalten.

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4. FDP gegen Share Deals-Missbrauch

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Den Gestaltungsmissbrauch durch sogenannte Share Deals will die FDP-Fraktion verhindern. In einem Antrag (19/15053) wirft sie der Bundesregierung vor, mit ihrem Regierungsentwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes keine effektive Bekämpfung von Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Share Deals erreichen zu können.

In dem Antrag der FDP-Fraktion heißt es, gerade die Gestaltungen, bei denen Grundstücke gezielt in Gesellschaften übertragen werden, um sie unter Einsatz eines sogenannten RETT-Blockers steuerfrei verkehrsfähig zu machen, würden mit dem Entwurf der Regierung weiterhin möglich bleiben. Statt einer Minderheitsbeteiligung von fünf Prozent werde für solche Gestaltungen künftig eine von zehn Prozent gewählt werden, um den vorgaben der Regierung zu entsprechen. Zudem werde der Mehrheitsgesellschafter diese Minderheitsbeteiligung künftig nicht bereits nach fünf Jahren, sondern erst nach zehn Jahren erwerben. Der Regierungsentwurf verfehle das eigentliche Ziel der Neuregelung, unterwerfe aber zugleich eine Vielzahl von alltäglichen wirtschaftlichen Vorgängen einer Grunderwerbsteuerpflicht, ohne dass ein missbräuchliches Verhalten eines Beteiligten erkennbar wäre. Genannt werden von der FDP-Fraktion etwa der Handel von Aktien an der Börse, konzerninterne Umstrukturierungen oder die Platzierung von Anteilen eines Immobilienfonds an eine Vielzahl von Kleinanlegern.

Die FDP-Fraktion fordert, dass eine Steuerpflicht beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen nur dann entstehen soll, wenn eine Gesellschaft erworben wird, die nicht operativ tätig ist und deren Vermögen überwiegend (mindestens 50 Prozent) aus dem Eigentum an Grundstücken besteht. Grunderwerbsteuer solle anfallen, sobald ein Erwerber mindestens eine Beteiligung von 50 Prozent plus einem Gesellschaftsanteil an einer grundbesitzenden Gesellschaft erwerbe. Interner Umstrukturierungen von Gesellschaftsanteilen sollen nach Ansicht der FDP von der Grunderwerbsteuer befreit sein.

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5. FDP für freien Schnittstellen-Zugang

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll für Fair Play im digitalen Wettbewerb sorgen. Dazu sei Gegenseitigkeit beim Zugang zu IT-Schnittstellen im Bereich der Zahlungsdienstleistungen erforderlich, heißt es in einem Antrag der FDP-Fraktion (19/15057). Wie die Abgeordneten vor dem Hintergrund des starken Anstiegs des Mobile Payment erläutern, sind Kreditinstitute aufgrund der EU-Zahlungsdiensterichtlinie verpflichtet, Bank-Schnittstellen für Drittdienste zum Beispiel von Digitalunternehmen wie Apple, Google, Amazon und andere kostenfrei zu öffnen. Umgekehrt sei es Banken und anderen Zahlungsdienstleistern dagegen nicht möglich, kostenfrei auf IT-Strukturen der großen, oft in ihrem Umfeld marktbeherrschenden Digitalunternehmen zuzugreifen.

Die Bundesregierung soll in Europa umgehend und ohne Abstriche für das Prinzip der Gegenseitigkeit bei der Öffnung von Schnittstellen beziehungsweise Infrastruktur eintreten, fordert die FDP-Fraktion. Zudem soll sie bereits heute im nationalen Recht Wege finden, dass nicht nur Banken und andere Zahlungsdienstleister ihre IT-Schnittstellen für sogenannte FinTechs und BigTechs öffnen, sondern dass vor allem auch BigTechs wiederum ihre IT-Infrastruktur für Banken und andere Zahlungsdienstleister in gleicher Weise und zu gleichen Konditionen öffnen müssen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1277 - 14. November 2019 - 09.54 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2019

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