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BUNDESTAG/8854: Heute im Bundestag Nr. 999 - 11.09.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 999
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. September 2019, Redaktionsschluss: 14.58 Uhr

1. Grundgesetzänderung als sinnvoll erachtet
2. Haushaltsvermerk zur Restitution
3. AfD fragt nach Korrekturbitten des BMVg


1. Grundgesetzänderung als sinnvoll erachtet

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die von der Bundesregierung geplante grundgesetzliche Öffnungsklausel für die Bundesländer im Rahmen der Grundsteuerreform ist von der Mehrheit der Sachverständigen als notwendig bezeichnet worden. Entsprechend äußerte sich auch Professorin Johanna Hey vom Institut für Steuerrecht der Universität zu Köln in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Mittwoch. Hey begrüßte es zugleich, dass den Ländern eine umfassende Kompetenz zur eigenen Grundsteuergesetzgebung eingeräumt wird. Als nicht zufriedenstellend gelöst bezeichnete sie die vorgesehenen Regelungen für die Zwecke des Länderfinanzausgleichs. Die kommunalen Spitzenverbände warnten vor einem Scheitern der Reform. Die Rückzahlung von 14,8 Milliarden Euro Grundsteuer "wäre eine Katastrophe". Städte und Gemeinden könnten auf diese Einnahmen nicht verzichten.

Grundlage der Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Grundgesetz-Artikel 72, 105 und 125b (19/11084). Darin heißt es, da die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in der Wissenschaft nicht einheitlich beurteilt werde, solle diese unzweifelhaft abgesichert werden. Dazu soll der Bund mit einer Grundgesetzänderung uneingeschränkt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer erhalten.

Zugleich wird den Ländern über eine Ergänzung in Artikel 72 Absatz 3 des Grundgesetzes eine umfassende abweichende Regelungskompetenz eröffnet. Wie es im Entwurf weiter heißt, bestehen dafür gute Gründe mit Blick auf das Ziel einer bundesgesetzlichen Grundlage. Zugleich biete sich gerade die Grundsteuer aufgrund der Immobilität des Steuerobjekts und des bereits in der Verfassung vorhandenen kommunalen Hebesatzrechts dafür an, die Steuerautonomie der Länder zu stärken.

Joachim Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer erklärte, der Bund könne sich nicht auf die Erforderlichkeit seiner Regelung zur Wahrung von Rechts- und Wirtschaftseinheit oder gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet berufen und gleichzeitig in demselben Gesetz den Weg zu einer uneinheitlichen Regelung eröffnen. "Die geplante Reform setzt demnach eine Verfassungsänderung voraus", erklärte Wieland in seiner Stellungnahme. Auch Professor Henning Tappe von der Universität Trier sagte, gerade weil eine weitreichende Öffnungsklausel für die Länder die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung einerseits entfallen lasse, sollte also andererseits die Bundeskompetenz verfassungsrechtlich abgesichert werden. Nach Ansicht von Professor Thorsten Ingo Schmidt von der Universität Potsdam ist eine Gesetzgebungskompetenz Bundes erst mit Inkrafttreten einer Grundgesetzänderung gegeben. Würde es nicht zu einer Grundgesetzänderung, wohl aber zum Inkrafttreten des Grundsteuerreformgesetzes kommen, würde diesem Reformgesetz die Gesetzgebungskompetenz fehlen, und es wäre in weiten Bereichen formell grundgesetzwidrig, so Schmidt in seiner Stellungnahme. Professor Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg sagte, ihm sei "ein Stein vom Herzen gefallen", als er von der geplanten Grundgesetzänderung erfahren habe. Er empfahl, ein Abweichungsrecht der Länder nur zuzulassen, wenn die Regelung einfacher anzuwenden sei als das Bundesrecht. Professor Wolfram Scheffler (Universität Erlangen -Nürnberg) erklärte, wenn das Grundgesetz nicht geändert werde, sei das Grundsteuergesetz verfassungswidrig.

Anders argumentierte Professor Lorenz Jarass. Den Ländern könne auch ohne Grundgesetzänderung die gewünschte länderspezifische Grundsteuergesetzgebung ermöglicht werden. "Zwingend erforderlich" sei aber eine gesetzliche Festlegung möglichst auch im Grundgesetz, damit durch eine länderspezifische Grundsteuergesetzgebung die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich unverändert bleiben würden.

Mit dem Länderfinanzausgleich befassten sich mehrere Sachverständige. So erklärte Professorin Hey, damit die Länder die Abweichungsklausel tatsächlich nutzen könnten, bedürfe es einer begleitenden Regelung im Länderfinanzausgleich, die ohne Schattenrechnung auf der Grundlage des Bundesgesetzes auskomme. Eines der Hauptargumente für eine wertunabhängige, rein flächenbasierte Grundsteuer oder eine Grundsteuer, die allein auf Bodenrichtwerte abstelle, aber ohne Bewertung der darauf stehenden Gebäude auskomme, liege in der Vereinfachung. Die Abweichungsbefugnis würde leerlaufen, wenn für Zwecke des Länderfinanzausgleichs doch wieder eine umfassende Bewertung durchgeführt werden müsste, erklärte Hey in ihrer Stellungnahme.

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2. Haushaltsvermerk zur Restitution

Kultur und Medien/Antwort

Berlin: (hib/AW) Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters (CDU), hat sich im Rahmen der Aufstellung des Bundeshaushaltes 2020 mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf einen Haushaltsvermerk geeinigt, der ausdrücklich die unentgeltliche Herausgabe von Kulturgütern, die ihren Eigentümern erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, ermöglicht. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/12872) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/12399) mit. Damit solle auf Bundesebene klargestellt werden, dass es für Museen und andere Kulturgut bewahrende Einrichtungen, die Mittel aus dem Bundeshaushalt erhalten und für die die Bundeshaushaltsordnung gilt, keine haushaltsrechtlichen Gründe gibt, die der Restitution NS-verfolgungbedingt entzogenem Kulturgut entgegenstehen. Der Haushaltsvermerk stehe noch unter dem Vorbehalt der parlamentarischen Beratungen und der Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2020.

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3. AfD fragt nach Korrekturbitten des BMVg

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die AfD-Fraktion möchte erfahren, aus welchen Anlässen das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) im Mai 2019 bei Medien unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe um Korrekturen von Berichterstattungen hat ersuchen lassen. Auch erkundigt sie sich in der entsprechenden Kleinen Anfrage (19/12905) danach, aus welchen Anlässen das Ministerium bei Medien ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe um Korrekturen von Berichterstattungen hat ersuchen lassen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 999 - 11. September 2019 - 14.58 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2019

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